Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
Als sie Mikki sahen, eilten sie sofort zu ihr.
»Empousa, es ist schrecklich«, flüsterte Aeras.
»Was ist nur los mit ihnen, Empousa?«, fragte Nera mit leiser Stimme.
»Ich weiß es nicht. Noch nicht. Macht mir ein bisschen Platz, damit ist sie untersuchen kann.« Mikki fühlte den Druck der Angst ihrer Dienerinnen fast so sehr wie die Krankheit der Rosen. »Bitte sagt den Frauen, sie sollen sich zurückziehen.«
Alle Elementare außer Gii eilten davon, um mit den wartenden Frauen zu sprechen.
»Schickt mich bitte nicht auch weg«, bat Gii leise. »Ihr seht aus, als könntet Ihr jeden Moment ohnmächtig werden. Ich möchte bei Euch bleiben, damit ich mich um Euch kümmern kann, solltet Ihr die Besinnung verlieren.«
»Und ich auch«, schaltete sich Asterius ein.
»Die Traumdiebe?«, fragte Mikki.
Er schüttelte den Kopf. »Keine Spur von ihnen. Nicht im Reich und nicht im Wald, soweit ich in ihn sehen und ihn fühlen kann.« Er schaute sich zu den Rosen um. »Aber allem Anschein nach müssen sie nicht anwesend sein, um Schaden anzurichten.«
Mikki holte tief Luft. »Okay, dann sehen wir mal, was ich tun kann, um alles wieder in Ordnung zu bringen.«
Gii und der Wächter folgten ihr, während sie langsam von Beet zu Beet ging und eine Rose nach der anderen untersuchte. Schon bald jedoch vergaß Mikki ihre Begleiter, denn die Rosen sahen aus, als wären sie befallen von einer Kombination aus Grau- und Braunfäule und von innen nach außen verbrannt. Die Blätter waren runzlig und von einem schmutzig aussehenden Pilz bedeckt, der sich jedoch anders anfühlte als alles, was Mikki bisher an Pilzerkrankungen gesehen hatte – klebrig und mit einem Geruch wie faules Fleisch. Die Stöcke waren schwarz, mit geschwollenen Stellen, die aussahen wie arthritische Fingergelenke. Die Knospen waren ebenfalls verschrumpelt und tiefviolett, als wären sie verletzt.
Nachdem Mikki den nächsten kranken Rosenbusch inspiziert hatte, richtete sie sich auf und blickte in die Gärten hinaus. Sie sah, dass sich die Krankheit wie eine giftige Woge ausbreitete, und eine große Angst überfiel sie. Dieser Pilzbefall war nicht natürlich, sondern von den Traumdieben eingeschleppt worden. Mikkis Intuition sagte ihr, dass die Krankheit in der öligen Wolke gewesen war, in die diese üblen Kreaturen sich aufgelöst hatten. Sie waren nicht wirklich tot gewesen. Wahrscheinlich konnte man solche Kreaturen ja auch niemals wirklich töten – Hass, Neid, Angst und Selbstsucht waren Gefühle, die sich immer in den Randbereichen der Menschheit herumtreiben würden, wo sie auf ihre Chance warteten, zuzuschlagen und Träume zu zerstören.
Es stimmte, dass sie aus dem Reich vertrieben worden waren, aber offenbar nicht früh genug. Und Mikki hatte keine Ahnung, wie sie etwas bekämpfen sollte, das diese Albtraumkreaturen über ihre Rosen gebracht hatten.
»Empousa«, fragte Gii schüchtern, »was sollen wir tun, wie können wir die Rosen retten?«
Mikki blickte von der Dienerin der Erde zu ihrem Geliebten. Beide sahen sie mit besorgtem, aber auch hoffnungsvollem Gesicht an. Offensichtlich hatten sie Vertrauen zu ihr.
»Ich … ich muss nachdenken. Bleibt ihr hier und lasst mich einen Augenblick allein.« Abrupt entfernte Mikki sich von ihnen und den sterbenden Beeten und ging den breiten Marmorweg hinunter, der zum Rosentor führte. Sie hatte vor, sich unter die alte Eiche zu setzen und dort in Ruhe einen Plan zu entwickeln – irgendeinen Plan.
Auf einmal bemerkte sie aus dem Augenwinkel einen Farbfleck, und sie blieb stehen und starrte ihn an. An zwei Büschen, die zwischen befallenen und sterbenden Pflanzen wuchsen, prangten volle, gesunde rosa Blüten. Sofort eilte sie zu ihnen, atmete den süßen Duft tief ein und streichelte das kräftige Grün, als wären sie verlorene Kinder, die endlich zurückgekehrt waren. Salet-Rosen – leicht zu erkennen an ihren Doppelblüten. Im Frühsommer blühte diese Rose am üppigsten, trieb aber bis in den Spätherbst neue Knospen und war eine von Mikkis liebsten Moosrosen. Warum hatte die Krankheit ausgerechnet sie verschont?
Suchend blickte Mikki umher, ob es irgendwo in dem Meer von Verfall und Krankheit noch weitere gesunde Stellen gab. Tatsächlich entdeckte sie einen roten Farbklecks in dem Beet, das am nächsten beim Rosentor lag, und eilte rasch dorthin. Am Rand des Beets standen drei Büsche in voller Blüte. Ihre Farbe und der intensive Duft gaben die Rose als eine Chrysler Imperial zu
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