Mythor - 075 - Der Tod der Lumenia
gebührend heraus – meist sehr zu Mythors Mißvergnügen. Sie hielt große Stücke auf ihn, prahlte mit seinem Können – und bot ihm ihren Schutz. Das war für ihn als Mann in einer Welt, die ausschließlich von Frauen regiert wurde, von hohem Wert. Nach außen hin befahl sie, wie es die Sitte war, innerlich schien sie ihn aber längst als Führer akzeptiert zu haben. Das Schicksal hatte ihr eine Tochter verwehrt, ihr nicht einmal einen Sohn geschenkt, und so hatte sie sich einfach einen genommen.
Irgendwie mußte sie erkannt haben, daß Mythor, der als Tau-Held Honga, der Wiedergeborene, auftrat, etwas Besonderes war, und sie hatte ihn unter ihre Fittiche genommen. Und bei ihrer Zusammenarbeit waren sie beide Gewinner.
Er lächelte. »Ich bekam es mit der zu tun, die deine Maske trug«, sagte er. »Ich wurde mißtrauisch, als ein paar Hexenschülerinnen sehr eindeutige Bemerkungen darüber machten, mich in ihre Kemenaten locken zu wollen, und es kam kein aufbrausendes Gekeife meiner großen Beschützerin.«
»Dämlicher Hund«, knurrte die Amazone. Den Spott in seinen Worten erkannte sie sehr wohl, versuchte die doch stets, jede mögliche fleischliche Versuchung von ihm fernzuhalten und ihn auf den rechten Weg zu lenken – vielleicht aus Angst, er würde sie doch verlassen.
Und insbesondere Zambes Amazone Kalisse machte sich ihr stilles Vergnügen damit, Mythor mit derartigen Anspielungen zu bedenken und dadurch Scida zu Zornausbrüchen zu reizen, ein Spiel, auf das Scida immer noch hereinfiel, während Mythor selbst längst dazu übergegangen war, entsprechende Erwiderungen auf Lager zu haben, die Kalisses Biß entschärften.
»Und?« fragte Scida fordernd. »Was geschah?«
»Sie war eine Stümperin«, sagte er. »Lankohr war bei mir. Er nutzte ihre Dummheit, warf sich hinter ihr zu Boden, und sie fiel über ihn. Ich nahm ihr die Besinnung und die Ehre.«
Scida lächelte still. Von einem Mann besiegt zu werden, war in der Tat eine der größten Unehren, derer man teilhaftig werden konnte.
Mythor berichtete weiter, was sich abgespielt hatte. Scida lauschte und zeigte sich erregt, als er von der Zaubermutter erzählte und davon, daß sie Lankohr mit sich genommen hatte.
»Eigenartig«, murmelte sie. »Ausgerechnet den Aasen… was mag sie mit ihm vorhaben? Und wohin fliegt sie? Zum Hexenstern? Dann wäre es besser gewesen, wenn sie dich mitgenommen hätte.«
Er grinste. »Ich war ihr wohl zu unverschämt.«
»Das verstehe ich gut. Auch ich möchte dir zuweilen in aller Freundschaft eines vors Maul hauen.«
»Danke«, schmunzelte er und leerte seinen gläsernen Weinbecher. »Wo warst du eigentlich den ganzen Tag über? Ich hatte bereits gefürchtet, daß du tot seist.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bekam einen Schlag auf den Hinterkopf, kurz nachdem ich die magische Werkstatt verlassen hatte. Kurz danach erwachte ich wieder und wunderte mich, weil man mich nicht ausgeraubt und nicht eingesperrt hatte, aber als ich dann zufällig in einen Spiegel sah, wußte ich, was geschehen war. Ich trug eine Dämonenmaske mit einem starken Horn auf der Stirn, irgendwie ähnlich unserem gemeinsamen Freund Yacub und doch anders, es war also nicht Gerreks Maske, sondern die einer Fremden. Da wußte ich, was geschehen war.«
Mythor nickte und erzählte, woher die Häscherinnen der Niez erfahren hatten, wer sich hinter welcher Maske verbarg.
»So ähnlich habe ich es mir gedacht«, nickte die Amazone. »Schenk mir noch einmal ein.«
Mythor füllte nach. »Warum hast du dich nicht bemerkbar gemacht?«
»Ich hatte Angst«, bekannte die Amazone. »Ich nahm an, daß auch einige von euch überfallen und vertauscht worden seien, und ich wollte auch keine falsche Person ansprechen. Ich wagte es nicht einmal, den Tausch zu melden, denn wie hätte ich beweisen sollen, daß ich die Überfallene war? Die anderen hätten behauptet, daß im Gegenteil ich sie überfallen hätte… und sie waren mindestens zu dritt, mußte ich annehmen.«
»Und Maskentausch ist ein entsetzliches Verbrechen«, nickte Mythor. »Man hätte dich über Bord geworfen.«
»Und dies beabsichtigte ich zu vermeiden«, bekräftigte Scida.
»Es war gut«, sagte der Gorganer. »Wir sollten gemeinsam einen neuen Plan fassen. Jetzt, bei Nacht, sind wir unmaskiert und können uns daher nicht verwechseln, die Zeit ist also günstig. Laß uns die anderen zusammenrufen und ihnen berichten. Wir müssen eine Möglichkeit finden, uns gegen diesen Maskentausch zu
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