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Mythor - 135 - Die Unberührbaren

Mythor - 135 - Die Unberührbaren

Titel: Mythor - 135 - Die Unberührbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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Schlinggewächs – Necron und seine Gefährten hatten die Spuren solch seltsamer Mißgeschicke entdeckt.
    In Volcars Palast stapelten sich noch die Kostbarkeiten, es gab dort versiegelte Amphoren mit den köstlichsten Weinen, dazu Krüge mit sorgsam verwahrtem Getreide. Für die zurückgekehrten Steinleute gab es Nahrung genug, und so hoch war der Stand der nykerischen Gärtner gewesen, daß ein Jahrzehnt der Verwilderung nicht ausgereicht hatte, die prachtvollen Obstgärten restlos zur Wildnis werden zu lassen.
    Und selbst in diesen Tagen des Fluches waren viele Wälder noch voll des jagdbaren Wildes, dazu kamen verwilderte Haustiere – es gab genug zu essen und zu trinken, und wer wollte, konnte sich aus Volcars Magazinen die federprallen Daunenkissen mit den reinseidenen Bezügen holen.
    Selten nur hatten die fünf von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Es war ihnen frevelhaft erschienen, im Überfluß zu schwelgen, wenn ringsum die Zeichen der Not und des Grauens so deutlich waren.
    Allerdings dachten die fünf auch nicht daran, sich das Gemüt völlig niederdrücken zu lassen. Als Aeda jetzt die ersten Scheiben von dem üppigen Braten schnitt, griffen sie hungrig zu und taten ihr Bestes, um das Schwein binnen kurzer Zeit in einen Haufen abgenagter Knochen zu verwandeln.
    Einmal stellte Gaphyr bei dieser Gelegenheit fest, daß Mescal einen Appetit entwickelte, der dem zwar hochgewachsenen, aber schlanken jungen Mann recht seltsam zu Gesicht stand. Bei den Mengen, die er in sich hineinzustopfen vermochte, hätte Mescal in den letzten Wochen rundbäuchig werden müssen wie das Schiff, an dessen Fertigstellung die fünf gearbeitet hatten.
    »Liegt alles bereit?«
    Mescal beantwortete Necrons Frage mit einem Nicken.
    »Das Tauwerk ist an Bord, aufgeschossen, wie es sich gehört. Das Segeltuch ist verstaut, wir müssen nur noch die Vorräte an Bord schaffen, dann können wir aufbrechen.«
    Necron nickte zufrieden.
    »Dann brechen wir morgen auf«, bestimmte er. »Für den Stapellauf brauchen wir noch eine halbe Stunde. Den Morgen werden wir damit verbringen, die letzten Vorräte und Odam samt seinen Kriegern an Bord zu schaffen, und wenn die Sonne die Mittagshöhe erreicht hat, werden wir die Anker lichten und den Hafen von Nykor verlassen.«
    »Und wohin soll die Fahrt gehen?« wollte Jente wissen.
    Necron dachte einen Augenblick lang nach.
    »Ich werde die nykerischen Portulanen zu Rate ziehen«, sagte er. »Diese uralten Hafenhandbücher müssen irgendwo in Volcars Palast zu finden sein. Nach dem Essen werde ich sie holen.«
    »So sei es«, murmelte Gaphyr. »Ich werde dich begleiten.«
*
    Necron und Gaphyr schritten schweigend die Stufen hinauf. Vor mehr als einem Jahrzehnt waren sie diesen Weg schon einmal gegangen, jetzt mit einem großen Gefühl der Verbitterung. Jeder einzelne der verbliebenen Steinmänner hatte sich gemüht, das Versprechen zu erfüllen, das das Ende des Fluches verhieß. Vergeblich – obwohl Catrox getötet war, blieben die Nykerier versteinert.
    »Wir werden es nicht erleben«, murmelte Gaphyr.
    »Was?«
    »Daß über diese Straßen wieder Menschen gehen, die lachen können, Kinder herumtollen, Marktleute ihre Waren anpreisen. Nykor ist eine Stadt des Todes und wird es bleiben bis ans Ende.«
    »Geh nicht unter die Propheten«, sagte Necron gelassen. »Nachsinnen hilft uns nicht weiter, nur Handeln.«
    »Ich sehe eine Möglichkeit«, sagte Gaphyr. Das Tor des Palasts war bald erreicht.
    »Und die wäre?«
    »Wir dürfen keine Nachkommen hinterlassen, denen wir das Erbe unseres Fluches auf die Schultern bürden. Wenn der letzte von uns lebenden Nykeriern ohne Nachfahren gestorben ist – dann vielleicht wird der Fluch von unserem Land genommen.«
    »Ich werde es mir überlegen«, sagte Necron; als Gefährte der einzigen noch lebenden nykerischen Frau war er der Hauptbetroffene dieses Vorschlags.
    Das Tor zum Palast stand offen. Im Schilderhäuschen lagen die beiden Wachen auf dem Boden; die Versteinerung hatte sie im Schlaf erwischt.
    Eine Schar Fledertiere huschte aus den Öffnungen des dunklen Palastes, als Gaphyr und Necron eintraten. Necron stöberte Kienfackeln auf und steckte zwei davon an.
    »Ich gehe voran«, sagte er.
    Nicht alle Könige Nykeriens waren vom Schlage Volcars gewesen – schlaff, genußsüchtig, hemmungslos und träge. Frühere Herrscher hatten das Wohl des Volkes gefördert, Kunsthandwerker in Nykor ansässig gemacht, Künstlern den Lebensunterhalt bestritten.

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