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Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Sie“, sagte Pérez, „ich habe nie geraucht. Das tue ich erst seit meiner Rückkehr. Was wir da erlebt haben, war furchtbar. Unglaublich. Ich träume noch immer davon, wie Tanriverdi gestorben ist. Wenn ich es Ihnen erzählen würde, Sie würden es nicht glauben. Nicht glauben wollen. Genauso wenig, wie Sie an die Existenz eines 15 Millionen Jahre alten Fossils glauben wollten, in dem eine Pfeilspitze steckt.“
    Er betrachtete die Glut an der Spitze der Zigarette in seiner Hand. „Dabei könnte ich Ihnen jetzt eine vernünftige Erklärung für diesen Pfeil geben. Eine, die sich mit der Evolutionstheorie vereinbaren lässt. Darwin hatte recht, trotz allem.“
    Revilla stolperte zurück zu seinem Schreibtisch. Auf seiner Wange waren deutlich die Abdrücke von Pérez’ Hand zu sehen.
    „Ich hatte Tanriverdi gesagt, wenn es jemandem gelingen würde, die Evolution ernsthaft infrage zu stellen, der würde den Nobelpreis gewinnen. Und da standen wir vor diesem sensationellen Fund. Dieses Fossil, das Sie zerstört haben, war eine wissenschaftliche Herausforderung.“
    Er breitete die Arme aus. „Und Sie waren zu feige, sich der Herausforderung zu stellen. Sie haben die Prüfung im Gegensatz zur Evolutionstheorie nicht bestanden. Tanriverdi dagegen war zwar ein Idiot, aber am Ende hatte ich eine Menge Respekt vor ihm. Wie er in den Tod gegangen ist, wie er diese Prüfung seines Glaubens auf sich genommen hat, während ich mir vor Angst in die Hose gemacht habe …“
    Der Professor wedelte mit einem Umschlag. „Es ist doch sinnlos, dass wir dieses Gespräch fortsetzen“, sagte er leise. „Aber um die ganze Sache endgültig zum Abschluss zu bringen …“
    Er öffnete den Umschlag und zog einige Blätter heraus. „Sie haben zwei Federn, die Sie im Dschungel gefunden haben, an meine Kollegin Betty Icochea vom Departamento de Ornitología geschickt und in meinem Namen um eine Bestimmung der Art gebeten.“
    Revilla legte die Papiere auf den Schreibtisch, nahm die Brille ab und rieb umständlich mit einem Tuch daran herum. „Icochea hat bei mir nachgefragt, ob das seine Richtigkeit hat, und ich habe sie gebetede e sie gn, Ihren Auftrag auszuführen.“
    Er setzte sich die Brille wieder auf. „Das war ich Ihnen wohl schuldig. Aber …“ Revilla rieb sich die Wange. „Icochea hat sich nun bei mir beschwert, weil sie denkt, wir wollten sie hereinlegen.“
    „Was?“ Pérez fuhr vom Stuhl hoch. „Ich habe langsam die Schnauze voll davon, dass alle denken, ich wollte sie hereinlegen. Sie, Tanriverdi und jetzt auch noch Icochea? Wie, zum Teufel, kommt die Frau auf diese Idee?“
    „Sie hat Gewebeproben von den Federkielen genommen, die Sie ihr geschickt haben“, erklärte Revilla und warf einen Blick auf die Papiere vor ihm. „Aus der Federspule. Und sie meint, jemand muss die Federn manipuliert haben.“
    „Ich habe überhaupt nichts …“, rief Pérez. Asche fiel von seiner Zigarette auf den Schreibtisch.
    Revilla hob beschwichtigend die Hand. „Vielleicht ist es ja auch eine Verunreinigung, für die Sie nichts können.“
    Der Student warf ihm einen finsteren Blick zu. „Was genau hat sie geschrieben?“
    „Sie hat DNA-Sequenzen identifiziert, die von einem Vogel stammen. Aber es gibt auch Sequenzen, die auf ein Reptil hindeuten. Sie fragt deshalb hier mit ziemlich deutlicher Ironie, ob wir versuchen wollen, die Existenz des Gottes Quetzalcoatl nachzuweisen.“
    Pérez setzte sich wieder hin. Das war großartig. Quetzalcoatl, das wusste er, bedeutete gefiederte Schlange. Es war eine Gottheit der Azteken und Tolteken in Mexiko gewesen. Bei den Maya hatte der Gott den Namen Kukulcán besessen. Aber das spielte jetzt keine Rolle. Wichtiger war, dass Icochea tatsächlich nachgewiesen hatte, dass das Erbgut einem Tier gehörte, das eine Mischung aus Reptil und Vogel war. Wie ein Dinosaurier.
    „Professor Icochea hat schon vermutet, wir hätten ihr Material von einem Schnabeltier untergeschoben. Dessen Erbgut ist ja tatsächlich eine Mischung aus Reptil, Vogel und Säugetier“, sagte Revilla.
    Auf die Idee, die DNA als Dinosauriererbgut zu betrachten, ist die Frau natürlich nicht gekommen, dachte Pérez. Aber jetzt hatte er wenigstens etwas in der Hand. Wenn Icochea skeptisch war, dann sollte vielleicht jemand anderes die Feder genau untersuchen und …
    „Sie hat deshalb alles zusammen mit einem Kollegen vom Departamento de Herpetología ein zweites Mal geprüft und auch auf Verunreinigungen getestet. Jetzt
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