Na endlich Liebling
Nachricht von dem Unfall weitererzählen, vor allem nicht an Mrs. Neal. Elaine hörte sich alles an, stellte aber keine
Fragen. Dann ging sie in die Küche und kochte Tee für die Rettungsmannschaft.
Justin sah zu, wie sie schnell und sicher hantierte; er bemerkte, wie leicht
sie alles fand, ohne Percy behelligen zu müssen. Er bedachte, wie
außerordentlich schnell sie sich in dieses sonderbare Leben eingefügt hatte.
Wie natürlich sie sich verhielt! Sie sprach mit ihm so freundlich wie immer — über
die Verlobung von Miß McLean und daß Sally hoffentlich recht froh darüber sei.
Sie war nicht im mindesten verlegen, erwähnte auch nicht ihre gemeinsame
Unterhaltung am Vorabend.
Sie könnte genausogut meine Schwester oder meine Cousine sein, dachte er leicht gereizt, oder sogar
meine Tante!
Er stand am Telefon und
versuchte den Rettungswagen zu erreichen, da kam sie ins Büro. Als sie einige
Papiere zusammensuchte, sah er zum erstenmal ihre
Hände und rief unwillig: »Deine schönen Hände! Elaine, sie sind ja ganz rot und
rissig!« Es klang schmerzlich, aber sie lachte nur. Sie spreizte die Finger und
besah sie. »Das wird schnell wieder gut. Sie waren sehr nützlich, ich bin sehr
mit ihnen zufrieden.«
Der Gedanke an diese Hände
irritierte Justin besonders, da sie ihn jetzt nichts mehr angingen.
Vor dem peinlichen
Zusammentreffen mit Clive hatte er ein wenig Angst gehabt; aber als die Männer
ankamen, war gar keine Zeit für persönliche Probleme. Elaine schenkte den Tee
ein, den sie im Laden gleich im Stehen tranken.
»Nehmt euch wenigstens fünf
Minuten Zeit«, rief sie und verteilte riesige Käsebrote. »Das wird sicher eine
große Strapaze, und ihr bekommt vielleicht den ganzen Tag nichts mehr zu
essen.«
Noch ehe die fünf Minuten um
waren, fuhren sie ab, dicht gedrängt in Lamberts starkem Wagen, der für die
Wege über die Höhen und durch den Busch gut geeignet war. Zehn Meilen weit ging
die Fahrt über eine schlechte Straße, aber Lambert war ein guter Fahrer, der
die Schlaglöcher vorsichtig umging und die guten Strecken rasch durchfuhr. Am
Ende der Straße fanden sie das Lager der Waldarbeiter. Außer der jungen Frau
eines Maori, die für die Leute kochte, war niemand da. Sie gab Auskunft.
»Sie sind schon eine Weile
unterwegs. Es sind nur sechs Leute zum Tragen. Sie meinten, sie würden
vielleicht zwei Meilen in der Stunde vorwärtskommen, vielleicht auch weniger.«
Nach etwa vier Meilen
erreichten sie die anderen. Sie quälten sich bergauf; zwei Mann gingen mit
Buschmessern und Äxten voraus, um den Weg zu verbreitern, die anderen vier
trugen die Bahre mit dem Verunglückten. Als Percy mit seinen Männern näher kam,
setzten die Träger vorsichtig ab. Alle sahen erschöpft aus und waren sehr
erleichtert, daß Hilfe da war. Jetzt waren sie zu zwölft und konnten die Träger
häufiger wechseln.
Trotzdem wurden die nächsten
Stunden für Justin zur Qual. Er mußte alle Kraft und Energie zusammennehmen, um
durchzuhalten. Für ihn war die Anstrengung noch größer als für die anderen.
Seine Schuhe waren für solche Unternehmungen nicht geeignet, und er war schwere
körperliche Anstrengung nicht gewohnt. Aber er war fest entschlossen, sich
nichts von seiner Erschöpfung und Müdigkeit anmerken zu lassen.
Obwohl der Verletzte große
Schmerzen haben mußte, gab er kaum einen Laut von sich. Er war ein großer
hagerer Mann, älter, als Justin nach Percys Bezeichnung ein Neuer erwartet hatte. Er mochte etwa vierzig Jahre oder
mehr sein, sein Gesicht war von tiefen Falten durchfurcht. Das Gesicht eines
Menschen, der ein schweres Leben gehabt hat. Bei einer Zwischenrast bemerkte
Justin, daß Percy das Gesicht des Bewußtlosen sehr
genau prüfte, dann einen Vorarbeiter zu sich rief und leise mit ihm sprach. Er
wunderte sich über Percys Interesse, vergaß es aber gleich wieder; er mußte
jeden Augenblick der Rast dazu verwenden, neue Kraft zu schöpfen.
Endlich war das Ziel erreicht,
und sie tauchten aus dem tiefen Dickicht in das heiße Sonnenlicht. Jetzt waren
die Waldarbeiter an der Reihe, die Bahre zu der Stelle zu tragen, wo sie der
Krankenwagen erwartete. Justin sank erschöpft zu Boden und blickte dankerfüllt
zum klaren Himmel. Nach diesem Erlebnis haßte er den Busch. Wie die meisten
Neuseeländer hatte er sein Leben lang geglaubt, die romantischen, kühlen Wälder
zu lieben. Heute hatte er sie anders gesehen — grausam, rachsüchtig, ein
Menschenleben fordernd für die Verwüstungen, die
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