Nachrichten aus einem unbekannten Universum
hochschnellen oder absacken, ein Phänomen, das Ende 2004 zum Tsunami in Südostasien führte.
In unserem Beispiel wird das amerikanische Festland, genauer gesagt, die Platte, auf der es liegt, gen Westen geschoben und kollidiert dort, im Pazifik, mit einer anderen Platte, die nach Osten will. Speziell dieses Kräftemessen sorgt in Amerika für einiges Kopfzerbrechen. Nicht von ungefähr warten die Bewohner der Westküste auf »The Big One«, das Beben aller Beben, unter dessen Wucht Städte wie San Francisco, Los Angeles oder Vancouver kollabieren dürften, um von der anschließenden Riesenwelle weggespült zu werden. Praktisch der komplette Pazifik ist durch aktive Kontinentalränder begrenzt, sämtliche angrenzenden Landstriche gelten als Erdbebengebiete.
Insgesamt sieben große und eine Vielzahl kleiner Platten kennen wir. In graphischer Darstellung geben sie der Erde das Aussehen einer zersprungenen Weihnachtskugel. Angesichts dessen gruselte sich unlängst eine große Zeitung über der Frage, ob es die Erde wohl bald auseinander reißen mag. Überzogen von einem Craquele tektonischer Ränder prangte sie auf der Titelseite und sah tatsächlich aus, als wolle sie beim nächsten seismischen Schluckauf in Stücke gehen. Seien Sie beruhigt: Es sind eben diese Risse, die relative Ruhe gewährleisten. Dass es bebt, wenn Platten aneinander rempeln, ist das kleinere Übel, sozusagen geologischer Alltag. Andernfalls wäre unser Planet längst geplatzt.
Übrigens ist das tektonische Recycling auch der Schönheit zuträglich. Es führt dazu, dass sich Xenolithe, Gesteine aus einstmals 200 Kilometer Tiefe, in den Hälsen kontinentaler Vulkane ablagern, und Marylin Monroe hat Xenolith geliebt! Nicht, dass sie je davon gehört hätte. Dafür wusste sie umso besser, was man daraus machen kann, und hat es ausgiebig besungen. Xenolithe sind die Hauptquelle für Diamanten.
Natürlich fügen sich nicht nur Kontinente via Tektonik zu immer neuen Konstellationen, auch Meere entstehen und vergehen im Zuge der Erdkrustenbewegung. Am Grund der Ozeane driften die riesigen
Platten auseinander, wuchern Gebirgsrücken entlang der Spreizungsachsen in bis zu 3.000 Meter Höhe, insgesamt 60.000 Kilometer lang, das größte Gebirge der Welt. Mit jedem der geologischen Umbauten ändern sich die Meeresströmungen und damit die Bedingungen für das Leben im Wasser und zu Lande. Denn auch auf das Klima hat das Meer erheblichen Einfluss. Später gehen wir näher darauf ein.
Jetzt aber dürfen Sie der Evolution in die Handtasche schauen.
Sie ist voller Leben!
Die Handtasche der Evolution
An Theorien, wie sich das Leben entwickelte, nachdem Einzeller die Meereshoheit erlangt hatten, herrscht kein Mangel. Evolutionsbiologen und Molekulargenetiker können plausibel ableiten, warum Vielzeller entstanden, warum sich Organismen zu Beginn des Paläozoikums Zähne, Zangen und Panzerplatten zulegten und warum jeder Mensch im Fotoalbum eigentlich ein Bild von Haiko- uella haben sollte, einem Vorläufer der Wirbeltiere, der einst durch kambrische Untiefen wuselte und ein bisschen anmutet wie der Urahn aller Weißwürste.
Schwieriger wird es, wenn die Frage nach der Henne und dem Ei aufkommt. Sprich, was war zuerst da, Stoffwechsel oder Zelle? Wie konnten Zellen überhaupt entstehen ohne Stoffwechsel? Wie fand Stoffwechsel ohne Zelle statt? Wo genau lag der Punkt, jenseits dessen aus anorganischer organische und aus organischer belebte Materie wurde? Ab wann galt: Jetzt ist es Leben?
Gab es überhaupt eine eindeutige Zäsur?
Unzählige Religionen geben darauf dieselbe Antwort: Höhere Wesen haben tote Materie belebt, indem sie eine Art Software einspeisten, Seele genannt, woraufhin sich das Geschöpf reckte und streckte und fortan den Herrn pries. In der Tat mutet die Vorstellung einer solchen Schöpfung erfreulich an. Wer will schon ernsthaft aus Bakterien hervorgegangen sein oder aus einem frühzeitlichen Wurstfisch? Die Sache hat nur einen Haken: Wenn die Evolution fließend geschah, also keine Kapitelüberschriften kennt, gibt es auch zwischen Mensch und Tier nicht so signifikante Unterschiede, wie wir es gerne hätten. Menschen wären demzufolge kein Endprodukt der Schöpfung, sondern allenfalls ein Zwischenstadium, eine von zig Varianten im Katalog des Lebens. Ausgestattet zwar mit stupenden kognitiven Fähigkeiten, genetisch jedoch nur vorläufiges Ende einer Kette, die vier Milliarden Jahre in die Vergangenheit reicht und sich in eine
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