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Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)

Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)

Titel: Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Fizek
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genau wissen wir alle nicht, was mit Ihnen geschehen ist. Aber man erzählt sich, dass ein unbekannter Mann Sie gebracht habe. Er war wohl etwas besser gebaut." Hier machte die Krankenschwester eine kleine dramatische Pause. "Ich habe ihn leider nicht gesehen. Aber meine Freundin, die Nachtschicht gehabt hat, meinte, dass er sehr muskulös gewesen sei und unglaublich gut aussehend. Sie dachte zuerst, es sei Ihr Freund. Sie waren beide voller Blut. Und …" Die Pause, die nun folgte, war keineswegs dramatisch. Das Mädchen starrte Geraldine an, mit großen Augen und offenem Mund.
    "Was?", fragte Geraldine.
    "Aber Sie müssen doch eigentlich schwer verletzt sein. Der leitende Arzt hatte für Sie eine Operation angesetzt. Sie sollten heute noch unters Messer, wegen den Frakturen."
    Die Krankenschwester griff nach Geraldines rechtem Arm und bewegte ihn vorsichtig. "Der ist komplett heil. Es sieht so aus, als seien Sie völlig gesund." Und ihre Verblüffung machte sich durch ein leises Pfeifen Luft. "Ich werde sofort den Arzt benachrichtigen."
    Sie drehte sich um. Geraldine lag noch eine Frage auf der Zunge. Sie war neugierig, ob dieser Mann, der sie gebracht hatte, ihr bekannt wäre. Dann aber beschloss sie, dass sie das auch später fragen könnte.
    * * *
    Als sie wieder allein war, schloss sie die Augen und lauschte. Es war seltsam, dass sie scheinbar auch weiter entfernte Stimmen wahrnehmen konnte. Sie konnte ein Kind sprechen hören, und sie wusste, dass dieses Kind weit entfernt im Wartezimmer saß. Sie konnte die Krankenschwester vorne am Empfang mit ihrem Freund telefonieren hören und dass sie nicht mit ihm zum Baseball gehen wollte; sie hatte sich bereits mit einer Freundin für das Kino verabredet. Und Geraldine konnte hören, dass der Freund wütend wurde und ihr sagte: "Du gehörst zu mir.", worauf die Empfangsschwester den Telefonhörer auf die Gabel schmiss. Geraldine konnte auch das Herzklopfen der Menschen hören. Sie hörte schnelle und langsame Herzen, aufgeregte und ruhige, sogar eins, das unregelmäßig schlug, in einem seltsamen, beängstigenden Pubb-pubb.
    Verwirrt schüttelte Geraldine den Kopf. Das alles konnte nicht sein. Das alles geschah nicht wirklich. So gut konnte sie nicht hören. Es musste eine Folge des Unfalls sein, irgendeine posttraumatische Auswirkung.
    Auch das Licht verhielt sich nicht normal. Es flackerte auf, zu einer überhellen Aura, und zog sich dann wieder auf seine normale Helligkeit zurück.
    Geraldine würde den Arzt fragen müssen.
    Ein weiterer Gedanke kam ihr in den Sinn. Sie hoffte, dass niemand ihre Großmutter benachrichtigt hatte. Ihre Großmutter machte sich immer furchtbare Sorgen um sie, genauso wie um ihre jüngere Schwester Jaclyn. Geraldine arbeitete als Biologin und Tierärztin in den Naturschutzreservaten rund um Tallahassee. Ihre Arbeit war nicht ungefährlich. Sie hatte sich auf die fleischfressenden Säugetiere spezialisiert, vor allem auf die Bären. Mit 32 war sie die jüngste Mitarbeiterin in ihrem Team und hatte sich, wenn auch nur nach und nach, den Respekt ihrer älteren Kollegen erarbeitet. Einmal hatte sie sogar einer Bärin bei der Geburt geholfen, als diese noch gar nicht richtig sediert war. Die Nabelschnur hatte sich dem kleinen Bärenjungen um den Körper gewickelt und drohte ihn zu strangulieren. Geraldine hatte beherzt zugegriffen, sich von der Bärenmutter eine böse Fleischwunde eingefangen und den kleinen Kerl gerettet.
    Später hatte sie diese Geschichte ihrer Großmutter erzählt und natürlich hatte ihre Großmutter sie für ihr fahrlässiges Verhalten ausgeschimpft. Geraldine hätte getötet werden können. Das sagte die Großmutter. Geraldine hielt dagegen. Doch ihre Großmutter zeigte auf den dicken Verband, den der Arzt um ihre Schulter befestigt hatte und schüttelte missmutig den Kopf. "Ich wundere mich immer wieder", sagte sie, "dass ihr Mädchen geworden seid. Ihr benehmt euch beide wie Jungs." Ihre Schwester Jaclyn war Sportlehrerin und trainierte ein Rugby-Team, das aus lauter jungen Männern bestand. Sie galt als extrem tough. Nur Geraldine und ihre Großmutter wussten, dass Jaclyn auch sehr verletzlicher Seiten hatte.
    In diesem Augenblick, als sie gerade noch in Gedanken bei ihrer Großmutter auf der Veranda saß, spürte sie eine Veränderung in der Luft. Jemand war gekommen, dachte sie und wunderte sich zugleich, dass sie das dachte. Und der nächste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war noch verwunderlicher. Er

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