Nacht der Sünde
gebraucht.“
Offensichtlich eine sehr pflichtbewusste Lady. Die meisten Leute würden nicht zögern und einfach gehen. „Bitte, ganz wie Sie wollen. Aber niemand verübelt es Ihnen, wenn Sie es sich im Lauf des Tages doch noch anders überlegen.“
Beim Aufstehen sammelte sie ihr Notizblock ein. „Aber ich. “
„He“, sagte er leise. „Entspannen Sie sich. Falls Sie mich brauchen, ich bin in Bryces Apartment. Rufen Sie einfach an.“ Er nahm ihr den Notizblock aus der Hand und schrieb seine Handynummer unter ihre Notizen.
„Danke, aber das wird nicht nötig sein“, gab sie frostig zurück. „Ich komme zurecht.“
Er begegnete ihrem Blick. „Das bezweifle ich nicht. Nur für alle Fälle.“
Nachdem sie weg war, hörte Damon seine Mailbox ab und rief ein paar Leute an. Anschließend verschwand er unauffällig durch den Hinterausgang. Er schloss den luxuriösen BMW auf, den er geleast hatte, stieg ein und saß eine ganze Weile einfach nur so da und starrte vor sich hin. Im Radio sang Kylie Minogue.
„Du lieber Himmel, Bry, was hast du mir denn da jetzt wieder eingebrockt?“, brummte er und schaute auf die dunklen Wolkenbänke, die sich von Osten heraufschoben. Erst vor zwei Jahren hatte er Bry für seine Firma eine Finanzspritze im sechsstelligen Bereich geliehen. Du bekommst es ganz bestimmt zurück, hatte Bry damals beteuert. Was zum Teufel war mit dem Geld passiert?
Gestern, beim Blick in die Bücher, hatte er seinen Augen nicht getraut. Wenn er beschloss, Konkurs anzumelden, würden sechs Leute ihren Arbeitsplatz verlieren. Na und wenn schon? Wo gehobelt wird, fallen nun einmal Späne. Oder sollte er versuchen, das schwer angeschlagene Reisebüro zu retten?
Fragte sich nur, ob er Lust dazu hatte. Wollte er wirklich Zeit und Energie in etwas investieren, das in seinen Plänen nicht vorgesehen war? Und dann auch noch ausgerechnet hier? In Sydney?
In der Stadt, in der er bei seiner Großmutter ein zweites Zuhause gefunden hatte, nachdem er im zarten Alter von fünf Jahren von seinen Eltern erfahren musste, dass er seine Existenz eigentlich nur einem dummen Zufall verdankte. Das ließen sie ihn unentwegt spüren. Sie genossen ihr Leben in vollen Zügen und reisten kreuz und quer durch die USA, bis seine Großmutter Einspruch einlegte und darauf bestand, dass er bei ihr und dem jüngeren Bruder seines Vaters in einer stabilen Umgebung aufwuchs.
Seine Eltern setzten währenddessen ihr unstetes Leben fort, und irgendwann kehrten sie überhaupt nicht mehr von ihren ausgedehnten Reisen zurück. Zuletzt war Damon ihnen vor zehn Jahren bei der Beerdigung seiner Großmutter begegnet. Er wusste nicht, wo sie sich im Moment aufhielten, und es war ihm auch egal.
Bei diesem Gedanken fröstelte er, obwohl es warm war im Auto. „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich früher gekommen, Bry.“
Was stimmte, obwohl sie sich nie wirklich nahegestanden hatten.
Und jetzt hatte er von Bry ein Reisebüro geerbt, das er nicht wollte. Gleichzeitig jedoch verspürte er die Verpflichtung, mit diesem Familienerbe angemessen umzugehen. Das und eine unerwünschte Sehnsucht nach einer Frau, die ihn allem Anschein nach vehement ablehnte.
Obwohl es am Samstag ganz anders ausgesehen hatte. Da hatte sie gar nicht genug von ihm kriegen können! Oder hing ihre ablehnende Haltung vielleicht damit zusammen, dass er unmittelbar nach dem Sex einen Anruf entgegengenommen hatte statt ihr süße Liebesschwüre ins Ohr zu flüstern?
Nein, wohl eher nicht. Ihre unverhüllte Feindseligkeit schien etwas mit der Arbeitssituation zu tun zu haben. Er kam von außen und maßte sich eine Autorität an, die ihm ihrer Meinung nach nicht zustand. Womit sie zugegebenermaßen ja auch nicht ganz unrecht hatte. Da sie die Mitarbeiterin mit der längsten Erfahrung war, brauchte er ihre Unterstützung, falls er Aussie Essential behalten wollte. Irgendwie musste er Kate, die Angestellte, für sich gewinnen.
Vielleicht standen die Chancen besser, wenn er das außerhalb des Büros versuchte. Er musste ihr ein Friedensangebot unterbreiten. Essen war eine gute Idee. Ob sie Pizza mochte?
Von ihrem Büroschreibtisch aus sah Kate die Tür, und sie atmete erleichtert auf, als Damon Gillespies breite Schultern im Türrahmen des Hintereingangs auftauchten und verschwanden. Konnte es noch schlimmer kommen? Sie schloss die Augen. Ja. Wenn er erkannte, wen er da vor sich hatte.
Bryces Neffe.
Und womöglich ihr zukünftiger Chef. Ein Mann, den sie durchaus zu
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