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Nacht über Algier

Nacht über Algier

Titel: Nacht über Algier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Doch sein Chef hatte sich in ihn vernarrt - böse Zungen sprechen von Liebe auf den ersten Blick. Er schickte ihn ins Ausland zu einem Lehrgang für Führungskader, und bei seiner Rückkehr stieg Ghali zum Sekretär im Ministerium des Innern auf. Kurze Zeit später heiratete er die Tochter eines hohen Beamten und erklomm blitzartig die Karriereleiter. Hinter seiner aufgesetzten Höflichkeit verbirgt sich ein Machiavelli, heißt es. Seine engsten Mitarbeiter halten sich genau für die Dauer eines krummen Geschäfts, sobald es aufzufliegen droht, entläßt er sie. Die Frauen können ihm nicht widerstehen, die schmutzigsten Bettgeschichten von GroßAlgier gehen auf sein Konto.
    Am vierten Tag gebe ich mir trotzig einen Ruck und beschließe, den Baum zu schütteln, um mir die faule Frucht zu angeln. Nach dem Dienst klingele ich an der Tür von Soria Karadach. Ihre Putzfrau teilt mir mit, daß sie nicht vor acht zu Hause sei. Ich bitte sie, ihr auszurichten, daß ich dagewesen sei und am Abend noch mal vorbeikäme.
    Soria erwartet mich bereits, als ich gegen neun wieder bei ihr aufkreuze. Da ich die Notlage der Akademiker unseres Landes und die zunehmende Verelendung unserer Journalisten kenne, bin ich verblüfft über den Prunk, in dem es sich die Dame wohl sein läßt. Doch die Wege des Herrn sind unergründlich, der liebe Gott gibt und nimmt es den Sterblichen, wie es ihm gefällt, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
    Soria hat ein schlichtes Kleid an. Sie hat sich abgeschminkt und trägt die Haare offen, so als wolle sie zu Bett gehen. Sie empfängt mich nicht gerade überschwenglich, im Gegenteil, alles deutet darauf hin, daß sie mich auf dem schnellsten Wege wieder loswerden möchte.
    »Sie wollten mich sprechen, Kommissar?«
    Ihre Stimme läuft mir eiskalt den Rücken runter. »Störe ich?«
    »Man stört mich immer, wenn man nicht als Freund kommt.«
    »Wo sehen Sie ein Kriegsbeil?« frage ich sie und breite die Arme aus, um ihr zu zeigen, daß ich keine Waffe bei mir habe.
    »In Ihren Augen, Kommissar.«
    Sie bittet mich nicht, auf der Couch Platz zu nehmen. Wir bleiben einander gegenüber stehen, sie neben dem großen Tisch, ich auf dem Perserteppich.
    »Es war schön, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Aber das ist vorbei. Jetzt geht jeder wieder seiner Wege.«
    »Sie haben mich benutzt«, schieße ich hastig hervor.
    Sie deutet ein unbestimmtes Lächeln an. »Wir hatten eine Abmachung getroffen, Kommissar.«
    »Ihr Plan hatte einen doppelten Boden.«
    »Vielleicht, aber mein Ziel hat sich keinesfalls geändert. Wir haben unsere Mission erfolgreich beendet. Jetzt muß jeder für sich das Beste daraus machen.«
    Ihre Sicherheit irritiert mich. Man könnte meinen, sie wolle mich verhöhnen, mir einen Fußtritt versetzen.
    »Komplizin oder manipuliert?« frage ich sie.
    »Wie bitte?« Sie zieht die Augenbraue hoch, durchbohrt mich mit stechenden Blicken. Ich halte ihnen stand, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie begreift, daß ich nicht zum Kaffeeklatsch gekommen bin.
    Und auf einmal versucht sie, wieder die Historikerin von Sidi Ba zu sein, voller Energie und Anziehungskraft. Verlorene Liebesmüh. Meine Wachsamkeit treibt sie in die Enge, nagelt sie fest, läßt sie nicht los. Ein seltsamer Ausdruck huscht über ihr Gesicht. Sie ahnt, daß sie den Boden unter den Füßen verliert, und versucht sich wieder in die Gewalt zu bekommen.
    Ich helfe ihr nicht, verschränke lediglich die Arme über der Brust.
    »Man könnte meinen, daß Sie böse auf mich sind«, versucht sie einzulenken. »Habe ich irgend etwas falsch gemacht?«
    Ich weigere mich, ihr entgegenzukommen. »Wieviel haben sie Ihnen gezahlt?«
    »Na, endlich ist es raus«, sagt sie kopfschüttelnd. Die Leichtigkeit, mit der sie von heiß zu kalt wechselt, ist verblüffend.
    Sie tritt einen Schritt näher, entschlossen, die Eiterbeule aufzustechen.
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Wieviel die lockergemacht haben, um Sie zu ködern.«
    »Das war gar nicht nötig. Ich hätte meine Seele verkauft, um mit von der Partie zu sein. Die glauben, daß sie mich manipuliert haben, sollen sie doch. In Wirklichkeit habe ich mitgespielt, weil mir das Drehbuch wie auf den Leib geschrieben war.«
    »Helfen Sie mir auf die Sprünge. Ich hab das Gefühl, langsam abzusaufen.«
    »So tief ist das Wasser nicht, Brahim. Sie machen sich das Leben selber schwer. Uns ist ein Mordscoup gelungen, und wir haben allen Grund, stolz darauf zu sein.«
    »Mit Stolz tröstet man sich

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