Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin
am Sex. Nicht, dass ich mich für meine Liebhaber in roten High Heels und halterlosen Strümpfen im Bett gewälzt hätte, aber ich war selbstbewusst und machte klar, was mir gefiel. Peter! Die Gedanken an ihn machten mich erneut wütend.
Auf einmal hatte ich auch genug von der Lauferei. Es war schon früher Nachmittag, und ich wollte unbedingt vor Anbruch der Dunkelheit zu Hause sein. Also stellte ich mich an den Straßenrand und trampte. Nach einer Stunde hielt endlich ein Auto an. Der Fahrer, ein Mann Anfang Siebzig, war zum Plaudern aufgelegt. »Na, Mädel, was machst du denn bei diesem Traumwetter hier allein auf der Straße?« meinte er ungeniert, als ich mich zu ihm auf den Beifahrersitz setzte. Er hatte einen umwerfenden Alt-Herren-Charme und fragte mich mit schonungsloser, aber erfrischender Offenheit aus. Ich erzählte ihm bereitwillig, was vorgefallen war, froh darüber, mir endlich einmal alles von der Seele reden zu können.
Es war das letzte Mal, dass ich als Mensch mit einem anderen Menschen sprach. Ich hatte noch etwa acht Stunden zu leben.
Der alte Charmeur konnte mich nur bis zur Hälfte der Strecke mitnehmen. Aus Höflichkeit schlug ich seine Einladung zu einem Kaffee in einem Straßencafé nicht aus, obwohl ich bereits unruhig wurde. Die Zeit rannte mir davon. Er verabschiedete mich mit freundlichen Worten. »Wirst sehen, Ludmilla, schon bald findest du einen Kerl, der dich verdient. Wirst sehen, Ludmilla.«
Ich verließ das Café am frühen Abend und schlenderte weiter neben der Landstraße in Richtung Stadt. Es kamen kaum noch Autos vorbei. Meine Stimmung verschlechterte sich zunehmend. Ich hatte noch nicht einmal genug Geld für ein Hotel bei mir. Was eigentlich nicht weiter tragisch war, denn ich sah weit und breit keines. Das Straßencafé war anscheinend der letzte Posten der Zivilisation. Die Stadt war noch eine gute Autostunde entfernt.
»Na, das hast du ja super hingekriegt, Ludmilla«, sagte ich zu mir, als ich mich erschöpft auf einen Baumstumpf setzte. Gerade hatte ich beschlossen, zum Café zurückzukehren, als ich plötzlich ein tiefes, bedrohliches Knurren aus dem Wald hörte. Voller Panik blickte ich hinter mich und sah einen großen, verwilderten Hund aus dem Schutz der Wälder langsam auf mich zukommen. Er fletschte die Zähne und blickte mich mit blutunterlaufenen Augen an. Ich wollte wegrennen, aber ich wusste, dass das den Hund erst recht wild machen würde. Langsam stand ich auf und bewegte mich vorsichtig in Richtung Straße. Der Hund, offenbar eines dieser entlaufenen, wildernden Monster, folgte mir. Ich war einer Ohnmacht nahe. Mit hektischen Blicken suchte ich die Umgebung nach einem Stock oder irgend etwas Ähnlichem ab, mit dem ich mich verteidigen konnte. Nichts. Endlich sah ich einen faustgroßen Stein, hob ihn schnell auf und schleuderte ihn mit aller Kraft in Richtung der Bestie. Die machte einen kurzen Satz zur Seite, knurrte wütend und rannte auf mich zu. Ich lief sofort los, jeden Moment mit dem scharfen Schmerz des Bisses rechnend. In meiner Panik war ich mitten in den Wald gelaufen. Doch der Hund holte mich überraschenderweise nicht ein. Als ich es wagte, mich umzudrehen, sah ich, dass er mich zwar verfolgte, dabei aber stark hinkte. Er hatte offensichtlich ein verletztes Bein und konnte mein Tempo nicht halten. Ich fasste neuen Mut und lief in einem großen Bogen zurück in Richtung Straße. Als ich sie endlich erreichte, war die Bestie immer noch hinter mir, aber der Abstand hatte sich vergrößert. Ich lief jetzt mitten auf dem Asphalt, bereit, jedes Auto, egal aus welcher Richtung, anzuhalten. Der Hund schien rasend vor Hunger und Wut zu sein, denn er gab trotz seiner Behinderung seine Verfolgung nicht auf.
Endlich sah ich am Horizont die Silhouette eines Wagens. Er kam schnell näher. Ich winkte hektisch und lief direkt auf ihn zu. Es war ein großes, dunkles Auto mit getönten Scheiben. Der Wagen hielt am Straßenrand, aber niemand stieg aus. Offensichtlich analysierte der Fahrer erst einmal die seltsame Situation: eine hysterische Frau, allein mitten auf der Straße, verschwitzt und mit angstverzerrtem Gesicht. Ich konnte es ihm nicht verdenken. In meiner Angst rüttelte ich wild an den verschlossenen Türen und schrie. »Helfen Sie mir, ein wilder Hund verfolgt mich. Um Gottes willen, lassen Sie mich einsteigen!«
Eine Tür klappte. Irgend etwas bewegte sich neben mir. Ich spürte einen Hauch. Und im gleichen Augenblick jaulte der Hund hinter
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