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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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zuzuhören, gar beruhigend auf eine gewisse Weise ... hätte er es in dieser Nacht nicht schon ein halbes Dutzend Mal gehört! Ein alter Schwarzer, der seinen Herzschmerz aus voller Kehle herausschrie. Aber der einzige Schmerz, der in Hinchs Gehirn drang, war, dass er das Lied immer und immer wieder hören musste.
    »Sie mögen also meine Musik nicht, Mr. Hinch?« Die Stimme war tief und gleichzeitig schmalzig; sie grollte oder schnurrte, aber hatte doch nichts mit einer Katze gemein. Milans Bewegungen allerdings glichen denen einer Katze, als er sich von der Bar aus mit einem Drink, den er mit seinen langen Fingern festhielt, näherte, um durch ein offenes Fenster in die Nacht hinauszublicken.
    Aber selbst wenn es nicht schwarz angemalt wäre (dachte Hinch), bräuchte man das verdammte Ding nicht zu öffnen! Es gibt ja schließlich da draußen nichts zu sehen. Laut sagte er: »Ähm, habe ich etwas über Ihre Musik gesagt? Ich führe manchmal Selbstgespräche, während ich arbeite. Das hat nichts zu bedeuten.« Oh doch, natürlich, es bedeutet verdammt viel! Es bedeutet, dass du mir tierisch auf die Nerven gehst, du und deine ätzende Musik, das blöde Xanadu und all diese schreckliche, schwarze Farbe!
    Er stand in etwa drei Metern Höhe auf einem fahrbaren Baugerüst, von dem aus er gerade das letzte Stück einer Fensterscheibe hoch oben angemalt hatte, und schaute auf Milan hinunter. Er war fertig mit der gesamten Innenseite. Jeder Quadratmeter von Dutzenden von Quadratmetern Glas war mit Glaslack überzogen und schwarz angemalt und am Schluss noch einmal mit Polyurethanlack überzogen worden, damit die Farbe länger hielt. Doppelte Lackierarbeit!
    »Zahle ich Ihnen vielleicht nicht genug?«, fragte Milan, als Hinch seine Rolle ablegte, sich die Hände abwischte und vom Gerüst hinunterkletterte.
    »Die Bezahlung ist in Ordnung«, antwortete Hinch schlecht gelaunt. Er war fast zwei Meter groß, musste aber trotzdem seinen Kopf etwas nach oben recken, um seinen Auftraggeber anzusehen. »Und ich hätte das Geld gern jetzt, denn ich bin fertig.«
    »Wenn die Bezahlung stimmt«, sagte Milan, »dann habe ich wohl recht und es ist die Musik. Oder vielleicht ich? Finden Sie meine Anwesenheit unangenehm?«
    Während er sprach, beobachtete Hinch ihn – wieder einmal. Aristoteles Milan war die Art Mann, bei der man zweimal hinsah, schätzungsweise 40 oder 45 Jahre alt. Genauer ließ es sich schlecht sagen, denn irgendwie war sein Aussehen zeitlos. Wahrscheinlich hatte er schon die Grenze zur 60 erreicht, aber mit teuren Affenhormonen vollgepumpt oder so. Irgendetwas floss durch seine Venen, was ihn jung hielt, das war sicher. Verwöhntes, reiches Arschloch!
    Ein Ausländer. Auch wenn man seinen vielsagenden Namen nicht kannte, gab es daran keinen Zweifel: Er war Italiener und stammte auch ein klein wenig von einem Griechen ab, aber auf jeden Fall war er ein Mischling in Hinchs Augen. Milans Haar war schwarz wie die Nacht; es fiel in glänzenden Locken von einer hohen, breiten Stirn aus nach hinten auf seine Schultern. Er sah gut aus: Er hatte das südländische Äußere, das für gewöhnlich wie ein Magnet auf Frauen wirkt. Hinch schätzte, dass sein Schlafzimmer von jungen, hübschen, unanständigen Frauen nur so wimmelte.
    Seine Ohren waren fleischig – das, was von ihnen zu sehen war, denn er trug seine Koteletten breit und zurückgegelt, um den oberen Teil der Ohren zu bedecken. Seine Nase war auch etwas seltsam; sie war irgendwie abgeflacht, als wenn Mutter Natur sie ein bisschen zu sehr platt gedrückt hätte. Seine Nasenlöcher waren zu groß und weit. Und dann diese gebogenen Augenbrauen über eingesunkenen, rabenschwarzen Augen ... diese Augen waren das Merkwürdigste an Milan. Sie waren pechschwarz und doch war sich Hinch nicht sicher. Aus einem bestimmten Winkel betrachtet, schienen sie manchmal in einem wilden, goldgelben Glanz zu schimmern. Und trotz der Nase waren es doch die Augen, die Milan die Züge eines Raubvogels verliehen.
    Aber gut aussehend? Vielleicht täuschte sich Hinch da gänzlich. Es war einfach die Anziehungskraft von Milans seltsamem – fremdartigem oder ausländischem – Gesicht, seine fast außerirdischen Züge, nichts weiter. Und was das Südländische betraf: Nun, das schien auch nicht ganz zuzutreffen, denn sein Gesicht strahlte eine kalte Blässe aus und seine Lippen waren blutrot. Er war schon ziemlich seltsam, dieser Milan, das stand fest. Rätselhaft, und zwar nicht nur ein

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