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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Nase erschien plötzlich noch flacher, während seine Nasenlöcher größer wurden und die Gerüche um sich herum aufnahmen. Rotes Blut tropfte aus seinem Mundwinkel.
    Dann ließ Milan Hinchs Hand los, ballte seine eigene zu einer Faust und schlug Hinch mit einer solchen Wucht in die Rippen, dass er trotz seiner stämmigen Statur von den Füßen gerissen wurde. In dem Moment packte ihn Milan am Kragen und hielt ihn über den Abgrund. All seine Bewegungen waren aufeinander abgestimmt und hatten nur ein Ziel: ihn in die Tiefe zu stürzen.
    Während Hinch seine Angst in die Nacht hinausschrie, ließ das Ding, das wie ein Mensch aussah, ihn los.
    Hinch fiel, aber nur einen Moment. Sein Schrei erstickte in einem Stöhnen, als er bäuchlings auf der Absturzsicherung einer Malerbühne landete, die zwischen zwei Gerüsten gespannt war, und sich dabei einige Rippen brach. Oben, aus zwei bis drei Metern Höhe, hörte Hinch Milan fluchen. Mühsam kam Hinch auf der Bühne wieder auf die Füße, nur um Milans abscheuliches, wütendes Gesicht zu sehen, das auf ihn gerichtet war.
    Schnell wie der Blitz war Milan auf der Fensterbank und sprang von dort leichtfüßig auf die schaukelnde, wackelige Plattform. Seine Absichten waren unverkennbar, und als er aufkam, hob Hinch den Fuß, um seinem Gegner zwischen die Beine zu treten. Milan ergriff den Fuß und verdrehte ihn, bis der Knöchel brach. Dann streckte er seine langen Arme nach Hinchs Hals aus, hielt ihn über die Absturzsicherung – und ließ ihn fallen.
    Während Hinch fiel und vergeblich in der Luft Halt suchte, bemerkte er, dass Milan zum letzten Mal mit ihm sprach. Aber ob er tatsächlich sprach, ob das spöttische Stimmengeflüster nur in seinem Kopf existierte oder ob er sich alles nur einbildete, wusste er nicht. Ihm fehlte ohne Zweifel auch die Zeit, darüber nachzudenken.
    Vollständig bezahlt, flüsterte die irre Stimme. Für deine Beleidigungen und deine Arbeit. So sei es!
    Hinch krachte mit dem Kopf zuerst auf den Boden und war tot, bevor der Schmerz einsetzen konnte. Wie ein Ei, das auf dem Boden zerplatzt, spritzte der Inhalt seines Gehirns heraus. Die graue Masse verschwand schnell in einer dicken, pechschwarzen Pfütze, die sich um den zerschmetterten Kopf bildete.
    Von oben lachte das schreckliche Gesicht weiterhin auf ihn herab ..., nur ganz kurz, bis Aristoteles Milans Gesichtszüge wieder ihre gewohnte, ansehnlichere Form annahmen. Er zuckte achtlos mit den Schultern und grunzte noch einmal: »So sei es!«
    Dann hörte er weiter seine Musik und diesmal gab es keine fremden Gedanken, die ihn dabei störten, in der Einsamkeit eines fremden Ortes in einem fremden Land zu schwelgen ...
    Ein »bedauerlicher Unfall«, würden die Lokalzeitungen später über den Vorfall schreiben. Sie berichteten auch über Milans großzügiges Angebot, all die Ausgaben für die Beerdigung zu übernehmen, und über die sehr großzügige Geldsumme, die er Derek Hinchs Witwe zukommen ließ ...

TEIL EINS: DAS WIE

KAPITEL EINS
    BESUCHEN SIE DIE KREHATUR
    Es war heiß wie in der Hölle und Fliegen, so groß wie Jake Cutters Fingernägel, hatten sich auf einer Strecke von fast 250 Kilometern auf der Windschutzscheibe in den Selbstmord gestürzt, seit sie Wiluna und die »Zivilisation« hinter sich gelassen hatten.
    »Puh!« , sagte Jake und wischte den Schweiß von der Stirn aus dem offenen Fenster ihres besonders ausgestatteten Landrovers. Das Dach war offen und die Fenster nach unten gekurbelt. Trotzdem fühlten sie sich durch den heißen Fahrtwind, der ihre breitkrempigen australischen Hüte vom Kopf zu wehen versuchte, ihnen die Kinnriemen an den Hals drückte und ihre T-Shirts aufblähte, als ob sie schnurstracks mitten in ein brennendes Lagerfeuer hineinfuhren. Und die »Straße«, die vor ihnen lag – und kaum mehr als ein Feldweg war – flimmerte geisterhaft im hitzigen Dunst der offenbar menschenleeren, sich ewig weiter ausdehnenden Ferne.
    Hinter dem Wagen schwebte eine kilometerlange Schicht aus Staub und Abgasen knapp über den Büschen und dem Ödland.
    »Das ist jetzt schon dein fünftes ›Puh‹«, klärte ihn Liz Merrick auf. »Bist heute wohl sehr redselig!«
    »Na was soll ich denn sagen?« Er schaute sie nicht einmal an, obwohl die meisten Männer sich einfach dazu gezwungen gefühlt hätten. »Oh je, heute ist es ja vielleicht heiß? Großer Gott, es sind bestimmt über 30 Grad? ›Puh‹ ist so gut wie alles, wozu ich momentan imstande bin, denn wenn ich meinen

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