Nachtklinge: Roman (German Edition)
nicht Alexas Fertigkeiten in der Giftmischerei ebenso sehr hasste wie Graf Atilo die militärische Ausbildung des Regenten. Alles, was Prinzessin Giulietta betraf, war äußerst verwickelt.
Der Regent hatte Alexa nicht eingeweiht, als er Giulietta mit seinem Samen befruchten ließ. Er hatte dafür sorgen wollen, dass Giulietta König Janus ein Kind gebar. Ein sinnvoller Plan, da der zypriotische König bisher vergebens versucht hatte, einen Erben zu zeugen. Alonzos Plan wäre aufgegangen, wenn die Ehe je geschlossen worden wäre.
Nun allerdings musste der Regent sichergehen, dass die magischen Künste des Alchemisten seine Nichte weiterhin daran hinderten, es Alexa selbst zu erzählen.
»Was Giulietta betrifft, seid Ihr da …?«
Dr. Crow seufzte insgeheim. »Durchlaucht, das haben wir bereits geklärt.«
»Ich muss sicher sein, dass sie uns nicht verraten kann!«
»Ich habe Euch mehrfach versichert …« Der Regent ließ ihn nicht ausreden.
»Warum hat er dann gesagt, er weiß es? Erklärt mir das!«
Dr. Crow war sichtlich verwirrt. »Von wem sprecht Ihr, Durchlaucht?«
»Diese weißhaarige Missgeburt, die Ihr auf unserer Seite haben wollt. Er hat während des Banketts zu mir gesagt:
Manches bleibt besser ungesagt.
Er weiß, dass Leopold nicht der Vater des Kindes ist. Ich habe ihn gefragt, ob Giulietta eine Andeutung gemacht hat.«
Dr. Crow erstarrte vor Schreck.
»Und das war seine Antwort«, fuhr der Prinz fort. »
Manches bleibt besser ungesagt.
Dieser eingebildete Idiot weiß Bescheid. Er hat etwas gegen uns in der Hand.«
Der Regent füllte sein Weinglas bis zum Rand und stürzte es in einem Zug hinunter. Er war ein muskulöser Mann und trug immer Uniform. Er war seit dem Bankett nicht mehr richtig nüchtern gewesen. Er hätte baden, seine Kleidung wechseln und sich rasieren sollen. Aber Dr. Crow hatte nicht die Absicht, ihm das mitzuteilen.
»Genug der Spitzfindigkeiten. Tötet den Kerl, Hightown, egal, mit welchen Mitteln. Meinetwegen könnt Ihr Dämonen aus der Hölle herbeirufen.«
»Durchlaucht!«
»Das war ein Scherz. Falls Ihr was anderes andeuten wollt, schicke ich Euch den Papst auf den Hals. Ihr wisst doch, wie gern er Euch bei sich hätte.« Am anderen Ende des Tisches schob sich der Alchemist die letzte Honigmandel in den Mund.
»Durchlaucht, Ihr solltet bedenken, welches Aufsehen …«
»Nehmt Euch bloß nicht heraus, mir zu sagen, was ich tun soll, verdammt noch mal.«
»Ich rate Euch zur Besonnenheit. Schlagt nicht blindlings drauflos. Es sei denn, es wäre unbedingt erforderlich.« Ein Hauch von Sarkasmus lag in seinen Worten.
»Wenn Ihr noch eine Maxime meines Bruders zitiert, zünde ich Euren Scheiterhaufen höchstpersönlich an.«
»Ich käme nicht im Traum auf den Gedanken.«
»Marco zu zitieren? Da wärt Ihr die Ausnahme. Der verehrte Doge hat dieses gesagt, der verehrte Doge war jener Ansicht.«
Der Regent war inzwischen ziemlich betrunken. Dr. Crow war es nur recht. Betrunkene Männer waren zwar gefährlich, ebenso wie betrunkene Frauen – hatte sich Dr. Crow sagen lassen, da er Frauen tunlichst aus dem Weg ging -, aber der Regent war in berauschtem Zustand auch leichter zu beeinflussen.
Das kam Dr. Crow entgegen.
Die Tat des Regenten war gefährlich, so gefährlich, dass normale Verbrechen sich dagegen wie Kleinigkeiten ausnahmen. Dr. Crow selbst konnte dadurch in Gefahr geraten. Hätte der Regent einfach seine Nichte beschlafen, wäre es Inzest gewesen. Aber sie mittels eines Gänsekiels zu schwängern und durch Magie sicherzustellen, dass das Kind ein Junge werden würde, war Hexerei. Wenn etwas davon durchdrang, würde man den Regenten verbannen und Dr. Crow wäre dem Bannfluch der Kirche ausgeliefert. Und dann war da noch König Janus von Zypern. Seine Frau war vergiftet worden, um die Ehe mit Giulietta zu ermöglichen. Das würde Janus niemals verzeihen, falls er je davon erfuhr. Der Mann war ein ehemaliger Schwarzkreuzler, und Schwarzkreuzler vergaben nie. Alonzo würde er vielleicht einfach töten, aber zu Hightown Crow wäre er gewiss nicht so freundlich.
Niemand durfte je erfahren, wer der Vater des Kindes war. Die einzige Hoffnung des Regenten bestand darin, alle Spuren zu verwischen und rundweg abzustreiten, dass er etwas mit der Zeugung zu tun hatte.
»Durchlaucht, es gibt keinen Beweis, dass Tycho weiß, was Ihr mit Eurer Nichte gemacht habt.«
»Was
wir beide
mit ihr gemacht haben«, korrigierte der Prinz.
»Auf Euren Befehl«, fügte Dr. Crow
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