Nachtkrieger: Ewige Begierde
sich aufrecht hin, den Rücken gegen die Wand gepresst. »Ich schaffe es.« Er balancierte sich aus und setzte langsam die Füße auf. Er streckte den Arm aus und berührte mit der Hand die gewölbte Decke. »Es ist nicht so hoch, wie es aussieht. Ich komme leicht heran.«
»Das Blau muss es wohl höher erscheinen lassen«, sagte Ari. »Lass eine Hand an der Decke und geh langsam vorwärts.«
Schritt für zögernden Schritt ging Robin über den Balken. Steinarr beobachtete ihn derart eindringlich, dass alles andere von ihm abfiel – alles bis auf Robin und Marian, deren Augen vor Angst aufgerissen waren, während ihr flackernder Blick sich von ihm auf Robin und dann wieder auf ihn richtete. Er flehte stumm, sie möge keine Verbindung zu ihm aufnehmen, denn er wusste, dass seine Beherrschung so zerbrechlich war, dass ihre Berührung seinen Willen brechen würde wie die erste dünne Schicht Eis auf einem zufrierenden See.
Schließlich stand Robin direkt unter dem Kometen. Er tastete den Kopf ringsherum ab.
»Da ist eine Kante.« Er griff nach seinem Messer. Die Bewegung brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und er schwankte.
»Rob!« Marians erstickter Aufschrei ließ Steinarr vorwärtsschnellen, mit ausgestreckten Armen, um Robin aufzufangen.
Aber Robin presste beide Hände von unten gegen die Decke und schaffte es noch rechtzeitig, die Balance zu halten. Er stand wie angewurzelt da, zitternd und leichenblass, für eine ganze Zeit, bevor er sich wieder bewegte, diesmal vorsichtiger. Er zog sein Messer aus der Scheide und fuhr mit der Spitze der Klinge an der goldenen Scheibe entlang. Blauer Gipsstaub rieselte auf Steinarr und Ari hinab, als wolle der Himmel über ihnen einstürzen.
Und dann löste sich die runde Scheibe und fiel in Robins Hand. Abermals begann er zu schwanken und ließ sich auf die Knie hinunter, klammerte sich an den Holzbalken, lag dort, schwer atmend. »Ich schaffe es nicht, das Medaillon zu halten und gleichzeitig hinunterzuklettern. Sir Steinarr, fangt es auf.«
Und einfach so ließ Robin die Scheibe in Steinarrs Hände fallen.
Steinarr brauchte sie nicht einmal umzudrehen. Der kleine Löwe, den er nicht mehr gesehen hatte, seit Cwen ihn von seinem Hals gerissen hatte, blickte ihn an – ein uraltes Bildnis aus altersgeschwärztem Silber, gebettet in königliches Gold.
Meins.
Sein Herz hämmerte in seiner Brust. Er hob den Kopf und sah Marian ihn anlächeln, Verbindung zu ihm aufnehmen.
Meins. Sie gehören beide mir, und dann bin ich frei.
Ari warf Steinarr einen weiteren dieser bedeutungsvollen Blicke zu.
Nimm es,
sprachen seine Augen.
Geh!
Odin, was soll ich nur machen?
»Etwas Hilfe, wenn Ihr so freundlich wärt,
Messires.
«
»Geh zurück zur Wand«, sagte Ari. »Und beeil dich, bevor dieser Steward zurückkommt.«
»Ich glaube nicht, dass das noch ein Problem darstellt, Mylord«, sagte Tuck von der Tür aus. »Gerade habe ich Wills Pfiff gehört. Ich glaube, wir bekommen Gesellschaft.«
»Runter, Robin! Lass dich fallen. Wir fangen dich auf.« Steinarr ließ das Medaillon in seinen Umhang gleiten, spürte das massive Gewicht des Goldes an seinem Bauch, während Ari und er in Position gingen.
Robin schlang die Arme um den Holzbalken, verlagerte vorsichtig sein Gewicht und schwang die Beine hinüber, so dass er in der Luft hing. Seine knochigen Arme spannten sich vor Anstrengung an. »Hilfe.«
»Wir haben dich. Lass los.«
Robin ließ sich fallen und landete ein wenig ungelenk, um sein verletztes Bein zu schützen. Marian lief zu ihm und umarmte ihn hastig. »Ich wusste, du würdest es schaffen.«
»Los jetzt!«, drängte Bruder Tuck.
Sie stürmten die Treppe hinunter, vorbei an dem verblüfften Haushofmeister. Ein rascher prüfender Blick ergab, dass Will noch immer allein auf dem Innenhof stand. Wild gestikulierend drängte er zur Eile. »Macht schnell! Es nähern sich Reiter.«
Sie stürzten sich auf ihre Pferde. Ari schleuderte Robin geradezu auf die Stute hinauf, und Steinarr hob Marian blitzschnell auf den Hengst, doch es war zu spät. Eine kleine Gruppe Reiter ritt durch das Tor ein, Guys Farben, Rot und Gelb stachen in der Mitte hervor.
»Ergreift den Jungen!«, befahl Guy. »Tötet ihn!«
Der erste Reiter schoss auf Robin zu. Steinarr warf sich ihm in den Weg, so dass das Pferd erschrak und scheute. Er riss den Mann aus dem Sattel und schleuderte ihn gegen das Brunnenhaus, wo er in sich zusammensackte. Ari entledigte sich auf ähnliche Weise eines weiteren
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