Nachtkrieger: Ewige Begierde
»Blasphemie.«
»Ihr habt mich falsch verstanden, Vater. Ich wollte nicht …« Bei allen Heiligen, niemals würde sie all die Strafen, die man ihr als Buße auferlegen würde, überleben. Sie eilte auf den Priester zu, fiel vor ihm auf die Knie und ergriff seine Hand, um seinen Ring zu küssen. »Ich wollte damit nur sagen, das Dach hat Brandflecke. Vergebt mir, Vater. Ich habe nicht die richtigen Worte gewählt.«
Der Priester schien ein wenig besänftigt. »Es ist nicht an mir zu vergeben. Du musst bei deinem Abendgebet heute Gottes Gnade erflehen. Und zehn Vaterunser beten.«
»Jawohl, Vater.« Wie lange war es her, dass sie abends gebetet hatte? Einen Monat? Und wie viele Vaterunser würde sie
das
kosten? »Wann war das Feuer?«
»Erst in diesem Frühling. Wir konnten uns glücklich schätzen, dass es überwiegend Rauch war und die Flammen gelöscht werden konnten, bevor der Schaden zu groß wurde. So Gott will, wird er bald repariert. Der König gewährte uns die Erlaubnis, zehn große Eichen zu fällen, damit wir die Reparatur bezahlen können.«
»Wie hat die Decke vor dem Feuer ausgesehen?«, fragte Robin.
»Wie?«
»War sie vielleicht verputzt oder bemalt?«
»Nein. Reiner Stein. Sobald sie abgeschrubbt ist, wird man die feine Arbeit der Steinmetze wieder sehen können.«
»Was ist mit dem Gutshof?«, fragte Robin. »Uns kam zu Ohren, dass es hier in Edwinstowe ein großartiges Deckengemälde gibt – das hatte meine Cousine gemeint –, und unterwegs hofften wir die ganze Zeit, es uns ansehen zu können. Ich nahm an, es befände sich in der Kirche, aber nun vermute ich, es befindet sich … im Gutshaus?«
»In Lord Ulmars herrschaftlichem Gemach. Seine Lady ließ das Gewölbe bemalen mit einem Bild des Himmels, blau wie Lapislazuli, mit Sternen, dem Mond und sogar einem herrlichen Kometen in einer Ecke, den der König bei seinem letzten Besuch hinzufügen ließ, um Mylady eine Freude zu machen.«
Matilda konnte sich kaum noch zurückhalten. »Der König?«
»Aye, Mylord. Er sagte ihr, es solle den großen Kometen darstellen, der von der Ankunft König Williams aus der Normandie kündete.«
»Das muss die Deckenmalerei sein, von der wir gehört haben«, sagte Robin, ruhiger, als es Matilda je gelungen wäre. »Glaubt Ihr, Mylady würde uns einen Blick darauf werfen lassen?«
»Das würde sie sicher, wenn sie hier wäre. Doch sie ist in Rufford, um Königin Eleanor ihre Aufwartung zu machen, während Lord Ulmar sich mit dem König auf der Jagd befindet. Aber der Steward wird Euch sicherlich Einlass gewähren. Lady Joanna ist recht stolz auf das Gemälde – zu stolz möglicherweise, wenn man ihr Seelenheil bedenkt –, und sie zeigt es anderen Leuten gern.«
»Eine gute Idee«, sagte Robin. »Verzeiht, Vater. Aber wir müssen nun gehen. Uns bleibt gerade noch genug Zeit, uns dieses wunderbare Gemälde anzusehen und Clipstone zu erreichen, bevor es dunkel wird.«
Draußen hakte sich Marian bei Robin unter. »Ich fürchte, ich als Schwester war ein schlechtes Vorbild, Rob. Du hast dort drinnen recht gut gelogen. Und das einem Priester gegenüber.«
»Ich habe keine Lüge erzählt«, entgegnete er. »Ich habe lediglich die Wahrheit verschwiegen.«
»Eine geschickte Lüge«, sagte sie und drückte seinen Arm. »Gut gemacht.«
Er verdrehte die Augen, aber sein Grinsen verriet, dass er sich über ihr scherzhaftes Lob freute. »Sir Steinarr, ich glaube, wir alle müssen uns als Eure und Sir Aris Dienstboten ausgeben. Bringt uns in Lady Joannas Gemach!«
Einmal mehr spürte Matilda Steinarrs inneren Aufruhr, er aber nickte.
»Will, ich möchte, dass du als unsere Wache mit den Pferden auf dem Hof bleibst. Kannst du so pfeifen?« Steinarr führte den leisen, aber durchdringenden Pfiff eines Dompfaffs vor, und Will tat es ihm nach. »Gut. Wenn sich irgendwelcher Ärger abzeichnet, wenn du glaubst, es
könne
sich irgendwelcher Ärger abzeichnen, lass zweimal diesen Pfiff hören, dann hol Marian und bring sie fort.«
Der Haushofmeister zeigte sich genauso erfreut, ihnen Einlass in das herrschaftliche Gemach zu gewähren, wie der Priester gesagt hatte, und so folgten sie ihm durch die Halle. Robin stützte sich auf Tucks kräftige Arme, als sie die enge Holztreppe hinaufstiegen.«
»Hier, Mylord«, sagte der Steward und hielt ihnen die Tür auf. »Wie Ihr seht, es ist ein großartiges Werk.«
Matilda schnappte nach Luft, als sie es sah. Das gesamte Gewölbe des Zimmers strahlte in tiefstem
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