Nachtraeglich ins Glueck
einem Mann war, sondern froh und zufrieden war, wenn sie sich hier ein ruhiges Leben mit einem schönen Job aufbauen könnte. Sobald sie diese Ziele erreicht und endlich mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen hätte, könnte sie sogar darüber nachdenken, wieder eine Beziehung einzugehen. Aber bis dahin würde noch einige Zeit ins Land gehen.
Da war sich Sam sicher.
Sam hängte gerade ihren Kittel über die Stuhllehne und schaltete ihren Computer aus, weil sie für heute Schluss machen wollte, als es an ihrer Tür klopfte und die Sprechstundenhilfe Michelle den Kopf hinein steckte. In den letzten drei Tagen hatte sich die immerzu fröhliche Michelle mit den unzähligen Sommersprossen als echter Glücksgriff erwiesen. Sie war ein wahres Organisationstalent, stand immer parat und kannte alle Patienten sowie deren Eltern genauestens. Sam gab gerne zu, dass ihre ersten drei Tage in der kleinen Praxis einfach fabelhaft verlaufen waren. Die meisten Patienten waren mit ihren Eltern vorbeigekommen, die die neue Ärztin einfach hatten kennenlernen wollten, und hatten keine ernsthaften Verletzungen oder Krankheiten vorweisen können. Ein Kind hatte sich erbrochen, nachdem es zu viele Süßigkeiten gegessen hatte, und ein anderes Kind war von einer Wespe in die Lippe gestochen worden, die daraufhin heftig anschwoll.
„Dr. Richards? Darf ich Sie kurz stören?“
„Sicher, Michelle.“ Sie lächelte und legte das Stethoskop zur Seite. Auch wenn sie Michelle sofort das Du angeboten hatte, nannte sie sie vor den Patienten stets mit ihrem Nachnamen. Sam hoffte, dass Michelle das irgendwann ablegen würde, da es ihr schrecklich unpersönlich vorkam. Im Gegensatz zu ihrer Mutter war Sam nämlich alles andere als ein Snob.
„Gabby aus dem Kindergarten hat gerade angerufen und gefragt, ob sie ein en Jungen vorbeischicken könnte. Er ist von einem Klettergerüst gefallen …“
„Natürlich . Sie soll ihn gerne herbringen“, Sam nickte und legte den Kopf schief. „Ist er schwer gestürzt?“
„Ich glaube nicht.“ Sie nahm den Hörer in die Hand. „Ich werde schnell Bescheid geben, dass er rüber kommen kann.“
„Danke, Michelle.“ Sam lächelte dankbar und machte sich daran, alle erforderlichen Instrumente aus ihrer Tasche zu packen und die Untersuchungsliege zu säubern. Schnell notierte sie noch einige Informationen zu ihrem letzten Patienten und biss in ihr Sandwich, das sie sich am Morgen zubereitet hatte. Angesichts der vielen Menschen, die auch heute vorbeigeschaut hatten, um sie kennenzulernen, war sie kaum dazu gekommen, ihren Lunch zu essen. Nun knurrte ihr Magen.
Kurz darauf klopfte es wieder an der Tür.
„Herein.“
An der Hand einer fremden Frau wurde ein kleiner, etwa fünfjähriger Junge hereingeführt, der einige Schrammen im Gesicht hatte, ansonsten jedoch sehr fröhlich zu sein schien und sie lausbubenhaft angrinste.
Glücklicherweise wusste Sam sofort, dass ein Junge, der so vergnügt in das Untersuchungszimmer marschierte, nicht ernsthaft verletzt sein konnte.
„Dr. Richards? Ich bin Gabby aus dem Kindergarten und das ist Mattie.“
Lächelnd kam Sam auf die beiden zu und schüttelte die Hand der jungen Frau mit dem besorgten Gesicht.
„Es freut mich Gabby, nennen Sie mich doch bitte Sam. So, und du bist Mattie. Wo hast du dir denn wehgetan?“
Der Junge mit den braunen Locken und den hellblauen Augen sah sie nachdenklich an. „Sie sind ein Doktor?“
Amüsiert nickte sie. „Ja, das bin ich.“
„Aber Sie haben gar keinen Kittel an.“
„Mattie“, die Kindergärtnerin schüttelte seufzend den Kopf.
„Das macht doch nichts“, erklärte Sam an die Kindergärtnerin gewandt und zeigte grinsend auf ihren Kittel, der über ihrem Stuhl hing. „Da ist mein Kittel, Mattie.“
„Ok ay, Dr. …“
Lächelnd erwiderte Sam. „Nenn mich einfach Dr. Sam.“ Sie klopf te auf die Untersuchungsliege. „Magst du hier hoch klettern? Dann können wir mal schauen, wo es dir weh tut.“
Der kleine Junge mit den Grübchen in den Wangen und dem Superman-Shirt ließ sich artig untersuchen.
Sam leuchtete in seine blauen Augen und musste lächeln, als der Kleine zu schielen begann.
„ Was ist denn passiert?“
„Mein Freund Ryan und ich sind auf ein Gerüst geklettert. Ich wollte auf die Rutsche, aber Ryan hat mich gestoßen. Nur aus Versehen“, betonte er nachdrücklich.
„Okay“, antwortete sie amüsiert und strich ihm kurz über die Haare. „Ich kann mir auch nicht
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