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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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entstanden war, gewann er seine Contenance wieder, und er sagte, zu dem Baron gewendet, mit vollendeter Höflichkeit, der nur eine kleine Prise Spott beigemegt war:
»Der Herr versteht es, wie ich sehe, einige Abwechslung in das Tanzvergnügen zu bringen.«
Der Baron Juranic lüftete seinen Hut und brachte seine Entschuldigungen vor. Dann suchte er das Berka-Fräulein, doch er fand die Demoiselle nicht mehr an seiner Seite, sie hatte, beschämt und bestürzt über das peinliche Mißgeschick, das ihrem Kavalier zugestoßen war, schon während des Durcheinanders den Saal verlassen. Indessen setzte die Musik wieder ein, die Paare ordneten sich, der Tanz ging weiter, und der Baron Juranic schritt durch die Reihen der Tanzenden und trat auf den Collalto zu.
»Der Herr mag sagen«, sprach er ihn an, »ob er mir das mit Absicht und ex malitia getan hat.«
Der junge Collalto blickte hochmütig über ihn hinweg in die leere Luft und gab keine Antwort.
»Ich will wissen«, wiederholte der Baron, »ob der Herr mir das ex malitia getan hat, daß die junge Demoiselle über mich lachen sollt'.«
»Ich bin nicht verhalten«, sagte jetzt der Graf Collalto, »auf eine Frage Antwort zu geben, die in solch einem insolenten Ton an mich gerichtet wird.«
»Der Herr ist schuldig, mir die Genugtuung zu geben, die mir nach geschehenem Affront als einem Edelmanne zusteht«, erklärte der Baron.
»Es nennt sich hier mancher einen Edelmann, der daheim in Holzschuhen hinter seinem Ochsen herläuft«, meinte der Graf Collalto mit einem Achselzucken.
In dem Gesicht des Barons regte sich kein Muskel, doch eine Säbelnarbe, die vordem kaum zu bemerken gewesen war, flammte jetzt an seiner Stirne auf, rot wie ein Feuermal.
»Da der Herr mir die Genugtuung verweigert«, sagte er, ohne die Stimme zu erheben, »und fortfährt, mich zu offendieren, so kann ich den Herrn nicht länger als einen Kavalier traktieren. Ich werd' ihn mit Stockprügeln zur Raison bringen wie einen gemeinen Bauernknecht.«
Der Graf Collalto hob die Hand, um dem Baron ins Gesicht zu schlagen, der aber hielt sie auch schon mit eisernem Griff fest in der seinen.
Jetzt erst bequemte sich der Collalto dazu, mit dem Baron in anderem Ton zu reden.
»Es ist hier nicht der Ort, noch ist es die rechte Zeit, die Sache auszutragen«, erklärte er, »aber in einer Stunde wird der Herr mich im Kinskyschen Garten vor dem großen Rondeau finden. Das Haupttor ist versperrt, aber das Seitenpförtchen steht offen. Dort werd' ich den Herrn zu bedienen wissen.«
»Das ist ein Wort so kräftig wie spanischer Wein«, sagte der Baron zufrieden, und nun gab er dem Collalto die Hand frei.
Es wurde vereinbart, daß der Zweikampf mit Degen, jedoch ohne Sekundanten ausgetragen werden sollte. Dann gingen die beiden auseinander, und kurze Zeit darauf verließ der Baron, ohne von dem Berka-Fräulein Urlaub zu nehmen, die Gesellschaft und das Haus.
Der junge Collalto ging indessen in einen von den Nebenräumen, dort traf er den Hausherrn, den Zdenko von Lobkowitz, am Kartentisch. Er setzte sich neben ihn und sah eine Weile dem Spiel zu. Dann fragte er:
»Kennen Euer Liebden hier einen, der sich Baron Juranic nennen läßt?«
»Sieh mal her, das hier ist ein Spiel, bei dem gilt die grüne Sieben alles«, erklärte ihm der Herr von Lobkowitz. »Ich spiel' es heute zum erstenmal. Den Juranic? Ja, den kenn' ich.«
»Gehört er zu uns? Ist er von Adel?« erkundigte sich der Collalto. »Er hat recht bäurische Manieren.«
»Der Juranic? Er mag bäurische Manieren haben, ist aber doch von gutem, echtem Adel«, sagte der Zdenko Lobkowitz, der alle adeligen Stammbäume im Kopfe hatte und daher in Fragen der Herkunft wie kein zweiter Bescheid wußte.
Der Collalto sah wiederum eine Weile hindurch dem Spiele zu.
»Es ist zum Lachen«, meinte der Zdenko Lobkowitz. »Wenn einer in diesem Spiele die grüne Sieben und den Schellenbuben hat, dann kann er spielen, wie er will, er mu ß gewinnen. Sonst aber, — so viel kann der Meisl-Jude gar nicht borgen, wie man in diesem Spiel verlieren kann, wenn man mit seinem Kopf nicht bei der Sache ist. Was ist's mit dem Lorenz Juranic? Hat er im Trinken excediert?«
»Nein, aber ich hatte dennoch Händel mit ihm«, berichtete der Collalto. »Ich werd' mich heute nacht noch mit ihm treffen.«
Der Zdenko Lobkowitz legte die Karten aus der Hand.
»Mit dem Juranic?« rief er mit gedämpfter Stimme. »Dann geh nur gleich und empfiehl dich der göttlichen Protection! Der Juranic ist ein

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