Nachts unter der steinernen Bruecke
erzählt, wie lieblich sie dem allmächtigen Gott ist und wie große Verdienste sich der erwirbt, der sie übt?«
»Wenn der Herr mir mein Leben läßt«, sagte der Collalto, von Angst geschüttelt, »so wird er für alle Zeiten einen wahren Freund an mir besitzen.«
Der Baron stieß einen kurzen und scharfen Pfiff aus.
»Ich hab' um des Herrn Freundschaft nicht geworben«, erklärte er, »wüßt' auch nicht, was mit ihr beginnen.«
In diesem Augenblick hörte der Collalto eine leise Musik, ein Flötenspielen, ein Geigen und ein Trommeln. Es war die feierlich bewegte Weise einer Sarabande, die sich hinter den Büschen vernehmen ließ und langsam näher kam.
»Vielleicht ist der Herr im Tanzen geschickter als mit dem Degen«, fuhr der Baron fort. »Mit Fechten hat der Herr sein Leben an mich verspielt, mit Tanzen kann er es von mir zurückgewinnen.«
»Mit Tanzen?« fragte der Collalto, und es schien ihm plötzlich, als ob dies alles, die Stimme des Barons, das Plätschern der Fontäne, die Degenspitze an seiner Brust und die Musik, die jetzt ganz aus der Nähe erklang, nur ein schwerer Traum wäre.
»Mit Tanzen, jawohl. Wenn der Herr sein Leben behalten will, so wird er tanzen«, sagte der Baron, und wiederum flammte die Säbelnarbe an seiner Stirne auf. »Der Herr hat's dahin gebracht, daß die junge Demoiselle über mich gelacht hat. Der Herr wird tanzen.«
Er trat einen halben Schritt zurück, und der Collalto richtete sich auf. Er sah jetzt, daß hinter dem Baron nicht nur die beiden Fackelträger, sondern noch fünf andere kroatische Diener standen, die alle des Barons Livree trugen. Drei von ihnen waren Musikanten und zwei, die recht gefährlich dareinsahen, hielten Terzerole in den Händen.
»Der Herr wird tanzen von jetzt bis in den lichten Morgen«, erklang die Stimme des Barons. »Durch alle Gassen Prags wird der Herr tanzen. Er wird nicht müde werden, ich rat's ihm nicht, denn wenn er innehält, bekommt er eine Kugel in den Leib. Ist's dem Herrn nicht recht, so mag er's sagen. Nun? Läßt der Herr mich warten?«
Die beiden Kroaten hoben ihre Terzerole, die Musikanten spielten, und der Graf Collalto begann, von Todesangst getrieben, eine Sarabande zu tanzen.
Es war ein sonderbarer Zug, der sich durch die Gassen und über die Plätze des nächtlichen Prag bewegte. An der Spitze schritten die Fackelträger, dann kamen mit Flöte, Geige und Trommel die Musikanten, hinter ihnen tanzte Graf Collalto, die beiden Kerle mit den Terzerolen folgten ihm und ließen ihn nicht aus den Augen, und der Baron Juranic machte, obwohl er als letzter ging, den Führer, denn er wies mit seinem Degen den Fackelträgern den Weg, den sie einzuschlagen hatten.
Es ging durch enge, winkelige Gassen bergauf und bergab, vorbei an adeligen Palästen und an schmalen, windschiefen Giebelhäusern, vorbei an Kirchen, Gartenmauern, Weinschenken und steinernen Brunnen. Die Leute, denen sie begegneten, fanden nichts Verwunderliches an diesem Zug, sie meinten, der Kavalier, der da hinter den Musikanten hertanzte, habe ein wenig über den Durst getrunken und sei in fröhlicher Laune, und einer seiner guten Freunde brächte ihn mit Musikanten und Lakaien in sein Quartier, und niemand ahnte, daß da einer verzweifelt um sein Leben tanzte. Und wie nun der Collalto so abgemattet und erschöpft war, daß er glaubte, er könne nicht weiter und das Herz müsse ihm in Stücke springen, und doch kein Erbarmen fand und weitertanzen mußte, — da traf es sich, daß sie just auf einem kleinen Platz angelangt waren, in dessen Mitte eine Muttergottes stand. Und sobald die Kroaten dieses steinerne Bildwerk erblickten, warfen sie sich auf die Knie, schlugen das Kreuz und sagten Gebete her, und da ließ sich der Collalto auf die Erde gleiten und schöpfte Atem.
Der Baron Juranic lachte laut und schallend. »Bei meiner armen Seele, so war das nicht gedacht«, sagte er und schlug nun auch ein Kreuz. »Aber ich hätt' es wissen müssen, daß das so kommen wird. Ja, meine Kroaten sind fromme Leut', die wissen, was sie Christo und seiner Mutter schuldig sind, und der Lange dort, der mit dem Terzerol, der ist von ihnen allen der Frömmste. Der schlägt sich lieber die Hand ab, als daß er an einem Sonntag ein Pferd stehlen geht.«
Indessen hatten die Kroaten ihre Andacht beendet und nur der eine, der am Sonntag kein Pferd stehlen wollte, lag noch auf den Knien, und den fuhr der Baron nun an:
»Steh auf, daß dich das Mäuslein beiß'! Die heilige Jungfrau will
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