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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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einmal …«
    Sie sehen an dem blassen, zitternden Angeklagten vorbei. Sie haben es sich abgewöhnt, sich Gedanken um die Schicksale der Menschen zu machen, neben denen sie sitzen müssen.
    Wie, wenn der Angeklagte unschuldig wäre? Wie, wenn er durch einen grausamen Zufall fataler Umstände auf die Anklagebank gekommen wäre? Wenn die Sachverständigen einen Meineid geleistet hätten, ohne es zu wissen? Wenn die Technik, der Segen und der Fluch unserer Zeit, einmal versagt hätte? Wenn der wahre Mörder brutal und gierig neue Opfer suchte, während ein Unschuldiger für ihn büßen soll?
    Daran denkt niemand. Warum auch? Die deutsche Strafprozeßordnung hat sich bewährt in Tausenden von Fällen. Es gibt zu viele Sicherungen, um einen Unschuldigen zur äußersten Strafe zu verdammen. Von zehn Mördern behaupten sieben, unschuldig zu sein. Und von diesen sieben lügen sieben, meistens.
    Justizmorde sind eine literarische Erfindung und keine tödlichen Pannen der amtlichen Gerechtigkeit.
    Oder doch?
    Denn Fritz Bauer, dieser kleine, zuckende Mann auf der Anklagebank, ist unschuldig, ob man ihn verurteilen wird oder nicht.
    Seine Unschuld beweist einer: der richtige Mörder. Der Mann, der durch die Großstädte und durch die Dörfer geistert, seine Spuren mit Blut und mit Justizirrtümern markiert, der wahllos seine Opfer greift, Frauen, junge, alte, anständige und lasterhafte, 20, 30, 40, 50, 84 mit Sicherheit, vielleicht sogar hundert und noch mehr.
    Der Mörder ohne Beispiel: Bruno Lüdke.
    Die größte Niederlage der deutschen Polizei, der deutschen Justiz ist längst unterwegs.
    Vorher aber ist noch Fritz Bauer dran, dem das Essen nicht schmeckt und der jetzt wieder, blass und an beiden Händen gefesselt, durch die Phalanx der Verachtung geschleift wird.
    »Hat der Angeklagte sein Essen gehabt?« fragt der Vorsitzende.
    »Jawohl, Herr Landgerichtsdirektor«, antworten die beiden Polizeibeamten gleichzeitig.
    »Gut, dann fahren wir mit der Verhandlung fort.«
    »Hohes Gericht, ich darf mich kurz fassen«, beginnt der Staatsanwalt. »Dieser Mann hier ist hundertfach überführt. Daß er leugnet, tut nichts zur Sache. Es zeigt einmal mehr, wie verstockt und brutal sein Charakter ist. Sie haben die Sachverständigen gehört. An den Indizien gibt es nichts zu rütteln. Ich darf sie noch einmal aufzählen: die Haare in der Hand der Toten – identisch mit den Haupthaaren des Angeklagten; die in der Scheune versteckten Schuhe – identisch mit den Fußabdrücken am Tatort; die Tatsache, daß der Angeklagte kein Alibi hat – aber die Aussage von Zeugen, daß er am Mordtag in der Nähe des Tatorts war; der Eindruck, den er hier hinterließ. So, Hohes Gericht, sieht ein Mörder aus. Genau so. Ich darf hier noch einen Umstand erwähnen, den einzigen übrigens, der in der Verhandlung nicht klar genug herauskam. Ich meine die Tatsache, daß an der Ermordeten auch noch ein Sittlichkeitsverbrechen verübt wurde.«
    Der Staatsanwalt legt eine kurze Pause ein. Alles sieht zu ihm hin. Die Geschworenen machen Notizen. Manchmal nicken sie fast unmerklich mit dem Kopf.
    »Hohes Gericht, ich scheue hier nicht vor der Behauptung zurück, daß der Angeklagte hier auch noch ein Sittlichkeitsverbrechen vorgetäuscht hat, um von seinem eigentlichen Motiv abzulenken. Um sich zu tarnen. Ich darf es Ihnen überlassen, sich Ihre Gedanken selbst dazu zu machen. Als Vertreter des Staates fordere ich für die gemeine, feige und brutale Tat des Angeklagten die höchste Strafe, die es gibt: Ich fordere die Todesstrafe.«
    Neben den Darlegungen des Staatsanwalts wirken die Ausführungen des Pflichtverteidigers matt und farblos. Er plädiert auf mildernde Umstände, das heißt: Er glaubt selbst nicht an die Unschuld seines Mandanten.
    »Daß das Sittlichkeitsdelikt vorgetäuscht wurde, ist eine Theorie, Hohes Gericht. Es gibt nicht den geringsten Beweis dafür. Wir müssen trotz aller Indizien damit rechnen, daß der Angeklagte unschuldig ist. Ich räume gern ein, daß diese Annahme schwerfällt. Aber meines Erachtens sind die Beweise nicht hundertprozentig, solange dieser Umstand nicht geklärt ist. Sollten Sie aber trotzdem auf Schuld erkennen, so bitte ich, in Anbetracht dessen, daß Fritz Bauer bisher ein einwandfreies Leben führte und vielleicht in einer gewissen Zwangslage gehandelt hat, um mildernde Umstände. Solange wir hier nicht klarsehen, wäre es verantwortungslos, den Angeklagten zur äußersten Strafe zu verurteilen.«
    »Sie

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