Nachtwelt
gezogen. Der
Stoff der Weste unterscheidet sich von dem Stoff des Kleides durch zarte,
goldene Fäden, die in die Seide eingewoben wurden. In der Taille wird die Weste
von einer kreisrunden Schnalle zusammengehalten. Dies ist der einzige
Berührungspunkt der Westenkanten, so dass weder das Hochzeitskleid, noch Petras
schöne, lange Beine verdeckt werden. In ihr kurzes Haar sind kleine Perlen
eingeflochten.
Die Braut strahlt über das ganze Gesicht: „Und?
Was sagst du?“
„Du siehst fantastisch aus. Als kämst du
nicht von dieser Welt.“
„Wie findest du die Schnalle, mit der die
Weste geschlossen wird“, will Petra wissen.
Mimi hat schon die ganze Zeit auf das
goldene Schmuckstück geschaut. Es erinnert sie an irgendetwas, aber sie weiß
nicht woran. Eine Sonne und ein Mond greifen so ineinander, dass sie ein Rund
bilden. Die filigrane Goldschmiedearbeit ist außergewöhnlich.
„Perfekt“, sagt Mimi.
Die Glocken der Kirche fangen an zu
läuten.
„Du musst los“, sagt Petra. „Wir sehen uns
gleich.“
Mimi hat ihren Platz in einer der vorderen
Reihen eingenommen. Die Kirchenbänke sind in friesenblau gestrichen, der
Altarbereich ist schlicht. Kerzen brennen und es gibt einen dicken Strauß
weißer Callas. Das Kirchenschiff ist schmal und wird an einer der Längsseiten
und über dem Eingang von einer Galerie durchzogen.
Ganz besonders gut gefällt Mimi die
hölzerne Apostelgruppe, gegenüber der Empore. Mimi hat gelesen, das die Amrumer
behaupten, dass diese in einer Sturmflut angeschwemmt wurde. Ja, ja. Schon klar! Die
gesamte Apostelgruppe ist zusammen in Amrum an Land gegangen……und keiner
fehlte.
Der Bräutigam hat bereits seinen Platz am
Altar eingenommen. Kurz hat Ben Mimi zugezwinkert und dann seinen Blick wieder
auf die Tür geheftet, durch die Petra jeden Moment kommen muss.
Als die Musik anfängt zu spielen erhebt
sich die Hochzeitsgesellschaft und blickt in Richtung Mittelgang. Petra hat
sich bei ihrem Vater eingehakt und schreitet ihrem Glück entgegen. Mimi
unterdrückt derweil ihre Tränen.
Die Traurede ist kurz und schön. An
einigen Stellen muss Mimi erneut ihre Tränen hinunter schlucken. Sie ist tief
berührt von der innigen Liebe, die unübersehbar zwischen Petra und Ben besteht.
In diesem Moment wird ihr ihre eigene Einsamkeit bewusst und sie wünscht sich
jetzt und hier jemanden an ihrer Seite, der sie nicht weniger liebt als Ben
seine Petra.
Schnell verscheucht sie ihre dunklen
Gedanken und ist wieder ganz bei dem Brautpaar, als diese ihre Ehegelübde
sprechen. Als sich beide das Ja entgegenhauchen, glaubt Mimi,
dass Herr Buschke, der vor ihr sitzt, leise etwas von sich gibt, das einem PUHA
nahe kommt. Mimi grinst. Der kennt seine Tochter. Die ist immer für eine
Überraschung gut. Heute läuft aber alles nach Plan.
Als Petra und Ben sich küssen wird Mimi
ganz warm ums Herz. Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, dass jemand sie geküsst
hat. Und doch, wenn sie ihre Augen schließt, glaubt sie, warme, weiche Lippen
auf den ihren zu spüren. Es ist, als hätte sie erst letzte Nacht in den Armen
ihres Prinzen gelegen und den perfekten Kuss bekommen. In ihrem Kopf hört Mimi
Petras Stimme: Na, Eierstockkrampf? .Mimi reißt die Augen auf.
Mit leicht geröteten Wangen ist sie wieder im Hier und Jetzt.
Das Brautpaar dreht sich zu den
Hochzeitsgästen. Beide strahlen und es gibt keinen Zweifel daran, dass diese
Ehe für die Ewigkeit sein wird. In diesem Moment erhebt sich auf der Galerie
der Chor. Begleitet von der Orgel singt er, „Love, Love, Love,……..“
Überall in der Kirche waren sie versteckt.
Streicher, Trompeter, Flötisten und Saxophonisten. Nach und nach setzen ihre
Instrumente zu Gesang und Orgel ein. Es folgt ein Gitarrensolo, dann fängt der
Solist an zu singen
There’s nothing you can do that
can’t be done
Nothing you can sing that can’t
be sing
Nothing you can say, but you
can learn how
To play the game.
IT’S EASY.
Strophe 2
All you need is love, all you
need is love
Immer wenn die Mädels „Tatsächlich Liebe“
geguckt haben, sagte Petra: „Ich will genau DAS.“ „Wenn du heiratest“,
antwortete ihr Mimi.
Endlich fängt Petra an zu heulen. Das ist
der Moment, in dem Mimi entspannt und sich zurücklehnt. Alles richtig gemacht.
Seit dem Heiratsantrag hat Mimi
Doppelschichten an der Tankstelle gemacht und das zusätzliche Geld gespart.
Trotzdem hatte sie nur ¾ der
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