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Nackige Engel

Nackige Engel

Titel: Nackige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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unterziehst!
    Ich verstaute das Teil in der Küche, und wir zogen los. Unsereiner ging ja nur zweimal ums Eck, um in die Schlachthof-Lokalität zu gelangen.
    Wolfertshofer hatte recht behalten, das Gedränge vor dem Saal war groß. Volles Haus kündigte sich an. Wie versprochen waren für Emma und mich Ehrenkarten zurückgelegt worden. Nachdem noch jede Menge Zeit war, gingen wir nach nebenan in den Gastraum, um etwas zu trinken. Solche gesunden Maracuja-Kokos-Shakes, wie Emma einen bestellte, die dann mit Fruchtschnitz am umzuckerten Glasrand, Cocktailschirmchen und extra buntem Strohhalm auf den Tisch kamen, taugten nicht für mich. Sie schlossen die schmerzliche Lücke, die das selbst auferlegte Weißbierverbot gerissen hatte, überhaupt nicht. Im Gegenteil! Sie arbeiteten den Verlust brutalstmöglich heraus. Schon vom Optischen her gedacht, ging das nicht auf. So ein Teil in meiner Hand wäre eine ebenso grobe Fälschung wie die alpenländische Anmutung korpulenter Hüter- oder Herzbuben. Also blieb ich beim Bleifreien, wie das Nullprozentige hierzulande heißt.
    – Abstinenz?, fragte Emma.
    Ich nickte und beließ es dabei, denn meinen Hitler-Exzess wollte ich lieber nicht auspacken. Plötzlich hörte man von draußen Rumoren: Wortwechsel, Pfiffe und Poltern, als höbe im Gang eine Schlägerei an. Dann wurde die Tür zum Gastraum, in dem wir saßen, aufgestoßen, und eine fünfköpfige Gruppe von Kerlen in Fraktur-Kutten betrat den Raum. Ich schaute mich um. Abzüglich Frauen und Kinder hätten wir etwa zehn Männer auf die Beine stellen können. Nur hatten diese zehn nichts miteinander zu tun, sie waren so für sich wie eine übers Meer verstreute Anhäufung von Kleinstinseln. Einer studierte den Inhalt seines Bierglases, einer die Zeitung, ein dritter redete auf seine Partnerin ein, der vierte musterte andächtig sein Schnitzel und so weiter. Sie taten so, als hätten diese fünf Neonazis Tarnkappen auf. Ich wandte mich Emma zu. Jetzt merkte ich, wie sie ihre Finger in meinen Unterarm gekrallt hatte.
    – Du bleibst hier. Steh ja nicht auf.
    Ich tätschelte beruhigend ihre Hand.
    – Und, fragte sie mit seltsam verzerrtem Gesicht, glaubst du, dass die Vorstellung heute Abend witzig wird?
    Ich schaute sie entgeistert an. Sie knuffte mich in die Seite.
    – Sag doch endlich was, zischte sie. Wenn du die so anstarrst, picken sie dich raus.
    Emma hatte die gemeinsam im Raum gepflegte Taktik sofort verstanden. Ich war komplett verhaltensunfähig, wusste nun nicht einmal mehr, wohin ich gucken sollte, um allen Anforderungen, denen ich ausgesetzt war, gerecht zu werden.
    Dann ging die Tür noch einmal auf. Ein stattlicher Mann mit grauem gewellten Haar kam herein. Er drückte sich an niemandem vorbei, sondern pflanzte sich mit der großen Selbstverständlichkeit einer Person im Raum auf, die es gewohnt war, im Mittelpunkt zu stehen. Er trug einen legeren schwarzen Anzug. Das gut geschnittene Sakko war nicht von diesem Schnöselschick, bei dem neuerdings das Jackett dicht unter den Achseln endet und der Mittelknopf auf dem Brustbein sitzt. Seinen ebenfalls schwarzen Ledermantel hielt er über den Unterarm gelegt. Nun blickte er auf und musterte mit Gelassenheit die Fünfergruppe. Seiner lässigen Eleganz gegenüber wirkte der Haufen abgerissen. Er gab ein Bild ab, das zum Hineinklecksen reizte, schon um es wieder in seine Umgebung einzupassen.
    Womöglich kannte ich ihn. Eine erste Ahnung zog in mir auf, aber noch focht ich einen heftigen Abwehrkampf gegen die aufkommenden Erinnerungen. Außerdem stand er zu weit weg.
    Der Graue hatte in der Gruppe den ausgemacht, mit dem zu verhandeln war. Mit einer Kopfbewegung beorderte er ihn zu sich und redete mit ruhiger Stimme auf ihn ein. An unserem Tisch hört man nur das sonore Brummen seines Basses. Der Neonazi zuckte mehrfach die Achseln, patschte ihm kumpelhaft begütigend auf seinen Oberarm und zeigte ein schüchtern wirkendes Lachen. Dann zog er ab und hinter ihm drein die ganze Gruppe. Der Graue wendete sich zur Bar und orderte ein Pils.
    An den Gesichtem der Gäste, die das Geschehen beobachtet hatten, war deutlich abzulesen, dass sich der elegante Herr mit seinem couragierten Auftritt Respekt verschafft hatte. Mir wäre wohl nichts Besseres eingefallen, als mich zu prügeln. Und ich hätte es schon deshalb getan, weil der abgewiesene Haufen ja wohl wegen meines Hitler-Auftritts hier aufgekreuzt war. Ehrensache, dass ich die Rübe hätte hinhalten müssen. Aber nun

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