Nackt schlafen ist bio
die mich wahrscheinlich häuten und meine Überreste zu einer Tennisspielerin beim beidhändigen Rückhand-Schlag drapieren würden (oder passender zu einer Öko-Tussi beim beidhändigen Kompostwenden).
Am umweltverträglichsten und vom Gefühl her richtigsten erschien es mir letztlich, mich einäschern zu lassen und die Überreste zusammen mit Samen in eine kompostierbare Urne zu geben, die man einpflanzen konnte. An dieser Stelle würde dann vielleicht einmal ein Baum sprießen. Es gibt tatsächlich eine Firma, die solche kompostierbaren Urnen herstellt. Deren Logo ist zwar etwas merkwürdig – es sieht aus, als hätte man einem Menschen den Kopf abgerissen und durch ein Recyclingsymbol ersetzt –, aber davon abgesehen ist das Produkt recht überzeugend.
Das heißt also: kein Formaldehyd und keine Einbalsamierungsmittel, kein Aufwand für Herstellung und Transport eines Sarges, keine Friedhofsgebühren, keine Grabpflege mit Pestiziden und Motorrasenmähern. Außerdem könnte ich dazuschreiben, dass ich Spenden für Umweltorganisationen statt Blumen wünschte, und möglichst keinen Leichenwagen – höchstens ein Hybridfahrzeug. Vielleicht ginge sogar eine Fahrradbestattung! Ja, und sie musste CO 2-neutral sein, dann wäre sie eine richtige Umweltzeremonie!
Wer hätte gedacht, dass die Planung der eigenen Bestattung so viel Spaß machen konnte? Ich würde zweifellos in Frieden mit der Erde um mich herum ruhen.
24. FEBRUAR , 361. TAG
Gedichte nur in Form von Haikus schreiben
Obwohl das vermutlich der fragwürdigste Öko-Schritt ist, den ich bisher getan habe, kann man ihn doch zumindest als den kreativsten und romantischsten bezeichnen.
Ich habe eigentlich nie viele Gedichte geschrieben, aber was ich an Haikus so schätze, ist, dass sie einen dazu zwingen, sein Anliegen in 17 Silben zum Ausdruck zu bringen – nicht mehr und nicht weniger. Das bedeutet, man hat genug Raum, um Wichtiges auszudrücken, aber ohne langes Herumgeschwafel. Und die umweltfreundlichste Form der Dichtkunst ist es deshalb, weil es so kurz ist und man deshalb dafür weniger Papier und Tinte braucht.
Für meinen heutigen Blogeintrag wollte ich ein Haiku schreiben, eines, das meinen Leserinnen und Lesern gegenüber durchblicken lässt, dass ich meine Website vielleicht auch nach dem Ende meines Öko-Jahres weiterbetreiben werde. Ich wusste nicht, wie ich das anstellen und in Worte fassen sollte, aber eigentlich war es auch egal, denn durch die Beschränkungen des Haikus musste ich ohnehin ziemlich vage bleiben.
Ähem:
Ökologisch leben
( von Vanessa Farquharson )
Mein Jahr geht zu Ende,
doch viele kommen noch;
bleibt mir treu, Leser.
Das war’s. Nicht besonders bewegend oder tiefschürfend, aber es genügte. Ein paar Stunden später schaute ich wieder in mein Blog und stellte fest, dass zahlreiche Leser einen Kommentar in Haiku-Form abgegeben hatten.
Hellcat13 schrieb:
Ich und mein Freund Er
schreiben uns Haikus,
wenn die Arbeit uns langweilt.
Dann legte Esme nach:
Zwei Umwelttipps:
Finde Öko-Sonnenbrillen,
spende Heifer.org!
Nun fühlte auch ich mich inspiriert, weiter Reime zu schmieden, und nach ein paar Minuten Überlegen und Silben-an-den-Fingern-Abzählen setzte ich noch eins drauf:
Haha, das ist cool!
Wär doch jeder Kommentar
bitte ein Haiku!
Daraufhin trudelten natürlich noch mehr ein, etwa von Tuuli:
Diese Idee ist toll,
mein Blog verlinkt auf dich,
denn du inspirierst.
Dann schrieb David ben-Avram:
Danke für das Blog,
ich liebe Poesie und dich,
so scharf und grün!
Ähm, na ja, Letzteres klang mir ein bisschen zu sehr nach GreenSingles.com. Schlagartig schwand mein Interesse an 17-silbigen Blogkommentaren.
Nachdem ich meinen Browser geschlossen hatte, lehnte ich mich im Sessel zurück, starrte an die Decke und fragte mich, ob ich mir die Mühe machen sollte, die vom Vorbesitzer eingebaute Halogenbeleuchtung durch eine zu ersetzen, die für Kompaktleuchtstofflampen geeignet war. In diesem Moment kamen meine Freunde Joel und Amy die Treppe herauf, um mir mitzuteilen, dass sie aufbrechen würden.
In den letzten Wochen hatten die beiden bei mir im Souterrain gewohnt und mir damit geholfen, meine Regel der gemeinsamen Wohnraumnutzung zu befolgen. Sie unterrichteten beide Englisch in Korea, waren aber gerade auf Besuch zu Hause in Toronto und hatten keine Unterkunft in der Stadt. Also hatte ich ihnen angeboten, bei mir im Haus zu wohnen, in dem ich ja derzeit allein war. Als sie erfuhren, dass mein
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