My scottish Dream
Kapitel
1
Klasse,
ich habe meinen Job verloren. Mein Arbeitgeber beschäftigt keine
Fotografen mehr, wir wurden alle entlassen und nun weiß ich
nicht, was ich tun soll. In einem Fotostudio möchte ich
jedenfalls nicht versauern. Ich möchte weiterhin in der Stadt
unterwegs sein, um Fotos zu schießen. Gut, ich gebe zu, dass
ich nicht gerne Tatorte besucht habe, um diese abzulichten, aber es
war mein Job und der hat mir Spaß gemacht. Seit einer Woche
sitze ich blöd zu Hause herum, starre Löcher in die Luft
oder wälze die Stellenangebote. Bisher gab es nichts, das mein
Interesse geweckt hat. Zum Glück habe ich Ersparnisse angehäuft
und muss nicht sofort eine neue Anstellung finden, aber ich bin so
ungern untätig.
Die
Kündigung musste auch ausgerechnet dann eintreffen, als meine
Mutter gerade verstorben war. Ich denke ständig an meine Mum,
die einfach nicht mehr da ist. Sie ist an Krebs gestorben, eigentlich
kein Wunder, da sie Kettenraucherin war, aber sie hat ein Geheimnis
mit ins Grab genommen. Sie wusste, wer mein Vater ist, ich weiß
es nicht. Ich weiß bloß noch, dass wir, als ich ein klein
war, nach Chicago gezogen sind. Eigentlich kommen wir aus Schottland.
Gramps – meine Großmutter – lebt noch dort. Sie
konnte sich das Flugticket nicht leisten, sonst wäre sie bei der
Beerdigung anwesend gewesen. Da meine Mutter so eine Eigenbrötlerin
war, gab es nur mich, die dort am Grab stand und Abschied genommen
hat. Ich habe weder Job, noch Familie, die mich hier hält. Ich
könnte nach Schottland zurückkehren, aber dort sieht es
sicher nicht besser aus. Allerdings hätte ich dort Gramps, die
für mich da wäre und für die ich da wäre. Wir
würden uns schon gegenseitig aufmuntern.
Auf
einmal klingelt mein Telefon, ich zucke zusammen, weil es mich aus
meinen Gedanken reißt. Zögerlich nehme ich das Gespräch
an.
»Winchester?«,
melde ich mich.
»Spreche
ich mit Alison Winchester?«, fragt mich ein Mann, der einen
deutlichen – ich glaube, britischen – Akzent hat.
»Ja,
wer sind Sie denn und warum rufen Sie mich mitten in der Nacht an?«,
erkundige ich mich.
»Mein
Name ist Dr. Campbell Matthews, Ihre Großmutter, Mrs. Quania
Winchester, wurde bei uns eingeliefert und hat Sie als Kontakt
angegeben«, antwortet er.
»Ist
mit meiner Großmutter alles in Ordnung?«, möchte ich
wissen, denn sofort steigt Panik in mir auf, weil ich nicht noch eine
Beerdigung organisieren möchte. Mindestens für zehn Jahre
nicht, am liebsten sogar nie wieder.
»Ja,
Ihrer Großmutter geht es den Umständen entsprechend gut,
allerdings hat sie sich die Hüfte gebrochen und benötigt
Hilfe. Ist es möglich, dass Sie nach Edinburgh kommen?«,
fragt Dr. Matthews.
»Ja,
in welchem Krankenhaus ist sie denn?«
»Im
Royal Edinburgh Hospital«, erwidert er.
»Ich
versuche, so schnell wie möglich zu kommen. Allerdings weiß
ich nicht, ob ich so kurzfristig einen Flug bekomme. Können Sie
mir eine Telefonnummer geben, unter der ich Sie erreichen kann?«,
erkundige ich mich.
Der
Arzt meiner Großmutter gibt mir eine Telefonnummer, die ich
notiere, er denkt sogar an die Vorwahl für Schottland und die
für Edinburgh.
»Danke,
Dr. Matthews, ich melde mich, sobald ich in Schottland bin«,
sage ich.
»Auf
Wiederhören, Ms. Winchester«, entgegnet er und legt auf.
Ich
lasse mich auf den Sessel plumpsen, dann reibe ich meine Augen. Es
ist Mitternacht, ich bin müde und diese Nachricht war nun die
Kirsche auf dem Sahnehäubchen.
»Womit
habe ich das verdient?«, frage ich das Schicksal, das mir
sowieso keine Antwort gibt, aber hin und wieder tut es ganz gut,
diese Fragen laut auszusprechen.
Eigentlich
freue ich mich auf den Besuch bei meiner Großmutter, da sie ein
Cottage im Grünen hat, das hat mir zumindest meine Mum erzählt.
Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, da ich das letzte Mal als
Kleinkind dort war. Ich entscheide mich dafür, erst mal schlafen
zu gehen, weil ich sonst nicht klar denken kann. Morgen werde ich
mich um einen Flug kümmern.
Müde
schleppe ich mich ins Bett und lasse mich einfach darauf fallen.
Etwas umständlich schlüpfe ich unter die Bettdecke, dann
klatsche ich in die Hände, damit das Licht ausgeht.
Mit
der Frage im Kopf, wie ich es Josh beibringen soll, dass meine
Großmutter sich die Hüfte gebrochen hat, und ich zu ihr
nach Schottland muss, schlafe ich ein.
❤❤❤
Kapitel
2
Am
nächsten Morgen – zugegeben es ist Vormittag – stehe
ich auf, gehe duschen und danach mache
Weitere Kostenlose Bücher