Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
ist unter uns. Gepriesen sei der Herr.“
„Ja, er ist der Messias. Er hat mich gesund gemacht.“
„Lasst ihn frei.“
Und auch wieder diese schlimmen Stimmen. Und ich will taub werden, wenn die negativen nicht einzig die Stimmen von Männern sind. Denn eine weibliche vermag ich nicht unter diesen Dummköpfen auszumachen.
„Frei lassen, einen Gotteslästerer? Du spinnst wohl. Hängt ihn.“
„Ja, häng ihn, Pilatus!“
„Schämen sollte er sich! Uns arme Leute an der Nase herumzuführen.“
„Ans Kreuz mit ihm! Noch heute!“
Ich vermag nicht zu sagen, welche Stimmen die Oberhand haben, die positiven oder die negativen. Ich bin zu niedergeschmettert, um einen klaren Verstand zu haben. Aber ich sehe das zufriedene Lächeln Pilatus. Anscheinend hat er sich genau diese Stimmung herbeigewünscht.
Doch dann, ich mag es nicht glauben, ist es einem kleinen Jungen gelungen die Absperrung zu durchbrechen und bis Joshua vorzudringen. Es ist der Junge, der den Apfel gestohlen hatte. Joshua streichelt ihm das Haar, und löst seine Umklammerung.
„Hört auf. Wie könnt ihr solche Worte sagen? Er ist der gütigste Mensch, dem ich je begegnet bin. Ihr solltet euch schämen. Als alle meine Schwester aufgegeben haben, kam er und nahm sie in die Arme. Und nun ist sie wieder gesund. Einen Apfel habe ich damals von ihm gestohlen. Noch heute schäme ich mich dafür. Aber er strafte mich nicht. Nein, er schenkte meiner Schwester stattdessen das Lächeln wieder zurück, welches ich so liebe. Und nun bringe ich ihm seinen Apfel zurück. Ihr sollt ihn in Frieden lassen“, schreit der Junge voller Tränen und Verzweiflung. Er nimmt aus der Hosentasche einen Apfel und gibt ihn Joshua. Joshua nimmt den Apfel und streichelt noch immer das Haar des Jungen, der sich wieder fest an Joshua klammert und seine Tränen nicht stoppen kann.
„Ich will nicht, dass du stirbst. Das darfst du nicht, hörst du“, sagt er mit der Verzweiflung eines kleinen Kindes.
Joshua löst seine Umklammerung und schaut ihn an.
„Weine nicht. Erfreue dich des Glückes, deine Schwester wieder bei dir zu wissen“, sagt Joshua und schenkt dem Kleinen ein Lächeln und gibt ihm seinen Apfel zurück. Der Junge scheint die Geste zu verstehen und nimmt den Apfel mit einem Lächeln wieder an sich. Der Kleine schaut zu Pilatus. Mich wundert es, dass Pilatus noch längst nicht eingeschritten ist.
„Ihr wollt ihn töten, wo er doch so viel Gutes tut. Wieso? Ich bin zwar ein Kind, aber Recht von Unrecht kann auch ich unterscheiden, und Ihr tut ihm Unrecht, wenn Ihr ihm diese schlimmen Dinge vorwerft. Er ist unschuldig ….“
Ich spüre, wie sehr Joshua von den Worten des Jungen gerührt ist. Selbst Pilatus scheint dies zu rühren. Denn er antwortet nicht.
„Wahrlich ich sage dir, kein Herz ist reiner als das eines Kindes. Und keines näher der Wahrheit. Doch heute werden die Kinder Herzen ungehört bleiben. Morgen werden sie weinen. Ein leises Weinen wird dies sein. Aber schon übermorgen, das verspreche ich dir, wird wieder Freude diese Herzen erfreuen. So weine nicht mehr, denn deiner Liebe war sich mein Vater aller Zeit gewiss. Ich sage euch, die Lüge ist größer als die Wahrheit. Denn ihre Wahrheit ist, dass sie keiner Bescheidenheit bedarf“, sagt Joshua an die Menge gerichtet und blickte wieder den Kleinen an.
„Und nun geh zu deiner Schwester und sei ihr ein guter Bruder, wie sie dir auch eine gute Schwester ist.“
Pilatus begibt sich zu Joshua.
„Mit deinen Worten von Liebe und Frieden scheint es dir gelungen zu sein, Frauen und Kinder beeindruckt zu haben. Dennoch erklärt dies nicht, warum du eine Revolte geplant hast. Du bist mir ein Rätsel Nazarener. In all deinen Argumenten und Worten, die du heute sprachst, war nicht eine Zeile, die dich entlastet. Was bezweckst du?“
Wieder schaut ihn Joshua an und schenkte ihm ein Lächeln.
„Dieses Gericht hat keine Gewalt über mich“, sagt er kurz.
Pilatus schaut ihn ungläubig an.
„Dieses Gericht ist dein einziger Freund. Es ist legitimiert in Palästina Recht zu sprechen. Dies hier ist die einzige Institution, die dir die Freiheit geben kann.“
„Schickt ihn zu Herodes“, höre ich jemanden aus der Menge sagen.
„Ja, schickt ihn zu Herodes.“
„Nur einer von uns darf über die unseren richten.“
„Ja, Herodes soll entscheiden.“
„Geht nach Hause, Römer.“
Dies sind Stimmen, die auf Pilatus ´ Satz aus der Menge als Reaktion folgen.
Josef hat mir gerade
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