Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
prolog
Wut ist heftiger als Ãrger und schwerer zu beherrschen als Zorn. Sie ist eine extreme Gefühlswallung, eine impulsive und aggressive Reaktion.
Wut ist mächtig. Wut ist gewaltig. Wut kann Menschen zu Taten verführen, an die sie niemals gedacht hätten. Wut ändert das Wesen eines Menschen und untergräbt die Vernunft.
Wut stimuliert. Sie motiviert und treibt an. Sie kitzelt die letzten Gefühle aus einem heraus, aus den dunkelsten Ecken der Seele. Ob fromm oder gehässig, ob gutmütig oder verletzt, ungehemmt und mit blanker Emotion folgt der Mensch dem Willen der Wut.
Wut ist ein Gefühl der Ohmacht und der Hilflosigkeit. Wer sich nicht geschätzt oder respektiert, wer sich ausgenutzt oder betrogen fühlt, wird wütend, schnell und massiv, seine Wut bricht sich Bahn. Denn Wut ist ein starkes, ein heiÃes Gefühl, wen sie überkommt, der wird blind vor Wut. Er verliert die Kontrolle über sich und seine Taten. Wutentbrannt wird mancher zur Bestie.
Wut ist neben Freude, Angst und Trauer eine der grundlegenden Emotionen des Menschen. Sie erfüllt einen wichtigen Zweck, indem sie Menschen vor Verletzungen schützt.
In jener Nacht waren zwei Menschen aufeinander wütend. Der eine, weil der andere nichts tat, und der andere, weil er nichts tun konnte. Angespannt und voller Angst hatten sie sich am verabredeten Ort getroffen. Doch als sie sich gegenüberstanden, erkannten sie sich in ihrem Innersten und Wut schäumte in ihnen hoch. Fassungslos standen sie sich gegenüber. Der eine war genauso verletzt wie der andere. Es genügten wenige Worte, und aus der Fassungslosigkeit wurde Hilflosigkeit, aus der Hilflosigkeit Ohnmacht, aus der Ohnmacht Wut. Für Verstand war kein Platz mehr. Nach und nach verloren beide die Kontrolle über ihr Handeln. Als der eine schlieÃlich den anderen verhöhnte, rastete dieser aus.
In diesem Augenblick entwickelte er übermenschliche Kräfte, fühlte sich unverwundbar. Und entschlossen. Seine Hände wurden zu stählernen Instrumenten, die nicht mehr der Vernunft folgten. Angetrieben aus dem tiefsten Inneren seines Herzens schlug er auf sein Gegenüber ein. Noch nie hatte er einen Mensch geschlagen, doch als seine Faust dessen Gesicht traf, fühlte es sich gut an. Unglaublich gut. Er genoss es. Er baute sich vor seinem Opfer auf und schlug zu, drosch auf es ein. Mit der Rechten holte er aus und donnerte seine Faust mit aller Gewalt gegen dessen Schädel.
Winselnd lag der eine am Boden und machte einen tödlichen Fehler: statt seinen Peiniger zu beruhigen, reizte er ihn. Das war schon immer sein Weg aus der Klemme gewesen. In der Schule, in der Jugend, in der Arbeitswelt. Und auch jetzt. Er wusste genau, wie er den anderen mit Worten treffen konnte. Und er traf ihn messerscharf mitten ins Herz.
Der andere lieà sich das nicht bieten. Gekränkt von den Worten des einen und voller Angst griff er wie eine Maschine nach ihm. Seine Bewegung mag langsam ausgesehen haben, doch innerlich brodelte es in ihm. Sein Herz schlug laut, so als würde es Kanonenkugeln abschieÃen. Der Schweià lief ihm von der Schläfe.
Kräftig umklammerten seine Finger den Hals des einen. Warm fühlte sich dessen Haut an. Warm und weich. Der andere empfand sich seinem Opfer sehr nahe. Dann drückte er zu. Lange und mit groÃer Kraft.
Der eine schlug noch um sich, trat nach dem anderen. Doch seine Kräfte schwanden. Der andere drückte immer weiter zu. Immer ein wenig mehr, immer ein wenig kräftiger â¦
nachts
Grotesk und düster sah alles aus. Schatten huschten mit hoher Geschwindigkeit an ihrem Blick vorbei. In allen Grauschattierungen bewegte sich die Landschaft vor ihren Augen, sodass sie kaum Details erkennen konnte. Ihr Kopf lehnte müde an der Scheibe, ihre Augen waren halb geöffnet. Vor ihnen tänzelten ihre schwarzen Locken, die mit der dunklen Landschaft drauÃen zu einer bizarren Szenerie verschwammen. Das spiegelnde Licht des Zuges blendete sie aus, ihre Augen waren ganz auf die Ferne gerichtet.
Ihre Gedanken auch.
Goodbye, Berlin. Ich werde dich vermissen. Hoffentlich ist mein Schritt nach Mannheim der richtige, nach all dem, was ich in den letzten Monaten in Berlin erlebt habe
. Olivia von Sassen saà im ICE von Berlin nach Mannheim, wo sie am nächsten Morgen ihre Arbeit als Kriminalhauptkommissarin bei der Mordkommission aufnehmen würde. Im Zug war es warm, beinahe
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