Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
nicht mehr, was ich denken soll. Viel zu groß ist mein Selbstmitleid, dass ich sogar alle um mich herum vergesse. Sicherlich werden seine Geschwister genauso leiden wie Josef und seine Mutter. Seine so liebenswerte Mutter, wie groß mag ihr Kummer sein? Schon die Verhandlung war zu viel für ihr gutes Herz, aber diese Gewissheit, morgen ihren Sohn sterben zu sehen, quält sie. Ich sehe es an ihrem Gesicht. Aber ich traue mich nicht sie in den Arm zu nehmen und ihr Trost zu spenden. Wie kann ich auch, wenn ich nicht einmal mich selbst trösten kann?
Und auch seine Jünger leiden, sie alle leiden. Alle? Vielleicht nicht. Ich weiß nicht, wo die drei Jünger sind, die ihn verraten haben. Welchen Grund sie auch gehabt haben, sie sind Schuld an dieser Tragödie.
Gott sei mein Zeuge, dass ich sie töten werde, wenn sie mir begegnen.
Diese verdammten Verräter!
Ich erkenne mich schon selbst nicht mehr wieder bei diesen Worten, aber die Verzweiflung spricht aus mir, und ich würde alles tun, wenn Joshua nur leben könnte. Alles, liebes Tagebuch.
Nicht einmal das Schreiben gibt mir ein wenig Zerstreuung. Verzeih, mein treuester Gefährte, aber … oh … jetzt ist das ganze Blatt nass von meinen Tränen. Es hat alles keinen Sinn mehr … Gute Nacht!
… Ich hatte dich schon vergessen. Trotz all der Jahre wirkst du, als hätte ich dich erst gestern von der Hand gelegen. Mein Tagebuch. Treue Begleiter waren deine Vorgänger und du mir, in meiner Kindheit, meiner Jugend und meinem Erwachsenen da sein. Viele wunderschöne Momente habe ich mit euch erlebt, aber auch traurige. Ich weiß nicht, wie viele Tagebücher ich in all den Jahren geschrieben habe. Aber einzig du bist noch übrig geblieben.
Ein trauriger Grund hat mich zu dir geführt. Meine Eltern sind beide gestorben. Vor nicht allzu langer Zeit, kurz nacheinander, aber leider war es mir nicht vergönnt, ihnen Lebewohl zu sagen. Zu spät ereilte mich die Nachricht über ihre Krankheit. Als ich dann hier war, hatte man sie schon zur letzten Ruhe gelassen. Nie werde ich sie vergessen. Sie waren streng, aber auch herzlich und voller Liebe ihrer einzigen Tochter gegenüber.
Sie haben viel für unsere neue Bewegung getan. Mit Geld und mit ihren Kontakten zu den Mächtigen dieser Welt. Viel von dem, was wir erreicht haben, haben wir auch ihnen zu verdanken. Das Zeichen des Fisches soll ihr Grab schmücken.
Es ist viel passiert , liebes Tagebuch, in den letzten 30 Jahren, als ich das letzte Mal dir meine Gedanken mitteilte. Ich weiß noch genau, wann ich aufhörte, dir von meinen Gedanken zu berichten.
Der Schmerz ließ mich die Feder niederlegen, aber die Hoffnung lässt sie mich wieder an die Hand nehmen.
Joshua lebt …
„Wieso hören Sie auf?“, fragte Nick.
„Ich muss mal dringend aufs Klo. Wahnsinn, Jesus lebt“, antwortete Andreas und stand auf. Er ließ das Buch auf seinem Sitz zurück. Nick schaute ihm nach.
Er musste zugeben, dass die Geschichte ihn in den Bann gezogen hatte, auch wenn er nicht wusste, ob er das Gehörte glauben sollte oder nicht. Aber eins war klar, es war sehr spannend geschrieben.
Und wenn es stimmte, dann hatte womöglich Maria ein Kind mit Jesus. Und Rebecca und Esther waren Nachkommen Jesus. Das ist unvorstellbar, dachte Nick und kam sich sehr sehr klein vor. Wie kann ich da erwarten, dass sie mich liebt?
Nick brannte vor Neugier. Er wollte wissen, wie um alles in der Welt Jesus das Kreuz überlebt hatte.
Hatte es womöglich doch einen Aufstand gegeben? Das konnte sich Nick nicht vorstellen. Das widerspräche Jesus Prinzipien. Aber in der Stunde des Todes konnten Menschen zu Dingen fähig sein, die sie nie für möglich hielten. Die Macht für einen Aufstand hatte er. Die Jünger hätten ihn vom Kreuz holen können. Nein, dieser Gedanke war absurd.
Aber, wie hatte er dann überlebt? Die Wahrheit würde er gleich erfahren, wenn Andreas wieder kam.
Aber noch etwas anderes machte ihm zu schaffen. Wie sollte er an das Tagebuch gelangen?
Hätte er seine Schuldigkeit damit getan, wenn er Rebecca anrief und ihr mitteilte, wer das Buch hatte? Wieso dachte er so etwas?
Er hatte doch schon längst beschlossen gehabt, dieses Buch in seine Gewalt zu bringen. Er wusste nur noch nicht wie. Aber dem Deutschen wollte er dieses Buch nicht überlassen. Es gehörte Esther. Und er würde es ihr persönlich übergeben. War da nicht ein wenig Egoismus im Spiel?
Wenn er ehrlich gewesen wäre, hätte er mir Ja geantwortet. Er wollte
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