Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
Rebecca wiedersehen. Aber die herzergreifenden Worte der Maria Magdalena, ihr Verlangen nach Jesus hatten einen wunden Punkt bei ihm getroffen.
Seine Liebe zu Rebecca, die er hatte verdrängen wollen …
Auch, wenn die letzte Begegnung mit Rebecca erst wenige Stunden her war, vermisste er sie sehr. Er wollte nicht wie Maria leiden. Leiden, weil sein Herz nur an eine Person dachte. Dass er sich in Rebecca verliebt hatte, daran bestand kein Zweifel.
Nein, er würde das Buch in seinen Besitz bringen und dann Rebecca seine Liebe gestehen. Wenn sie nein sagte, gut, dann hatte er wenigstens Gewissheit. Andreas kam vom Klo und setzte sich wieder auf seinen Platz.
„Und sind Sie genauso fassungslos wie ich?“, fragte Andreas.
„Ja, ich muss als Atheist gestehen, dass mich das Buch ziemlich fesselt. Sehr schön geschrieben.“
„Sehr schön geschrieben …“, sagte Andreas und schnaufte verächtlich.
„… der Inhalt gleicht einer Revolution. Wissen Sie, welche neuen Erkenntnisse wieder zu Tage gekommen sind? Sie tadelt eine Frau dafür, dass diese erwähnt, Jesus sei ein Bastard. Als liebende Frau kann sie das nicht glauben. Aber diese Diskussion gibt es schon seit längerer Zeit unter den Wissenschaftler. Das würde nämlich auch die unbefleckte Empfängnis erklären. Es war damals nichts unübliches, das Jüdinnen von Römern vergewaltigt wurden. Sehr wahrscheinlich, also dass Jesus Halb-Römer war.“
„Meinen Sie nicht, dass das nur Spekulation ist? Vielleicht wollten die Frauen nur Jesus verunglimpfen?“, antwortete Nick, der diese Beleidigung nicht mochte. Vor kurzem wäre ihm das noch egal gewesen. Aber jetzt, wo er Esther kennengelernt hatte und Rebecca liebte, empfand er diese Worte als persönliche Kränkung.
„Mag sein, aber ich halte das für unwahrscheinlich. Eher glaube ich, dass Maria naiv war. Schließlich war sie in ihn verliebt. Sie kennen ja verliebte Frauen. Aber es sind noch andere Dinge interessant, so beispielsweise, dass Pilatus alles andere als unschuldig an der Kreuzigung war, von wegen seine Hände in Unschuld waschen. Hier haben wir einen weiteren Beweis dafür, dass er ein Tyrann war. Aber ich denke, Sie sind genauso gespannt wie ich, wie es weiter geht. Ich habe schon auf dem Klo die ganze Zeit mir den Kopf darüber zerbrochen, wie er denn überlebt haben kann. Wahnsinn. Gut, dann wollen wir mal weiterlesen“, sagte Andreas, nahm das Buch und schlug die Seite auf, auf der er aufgehört hatte.
Gerade in dem Moment, als er weiterlesen wurde, wurde er durch eine Lautsprecheransage einer Stewardess unterbrochen.
„Sehr verehrte Gäste. Sollte ein Arzt unter Ihnen an Bord sein, bitten wir diesen dringend zur Crew Kabine zu kommen. Vielen Dank.“
„Was wohl passiert ist?“, fragte Nick.
„Ist doch scheißegal. Bestimmt hat wieder irgend so ein alter Sack Kreislaufprobleme. Habe ich schon mal erlebt. Die Maschine musste sogar notlanden. Und dann saßen wir irgendwo in der Walachei fest, weil kein Arzt an Bord war. Und als wir dann gelandet sind, ging es diesem alten Sack wieder gut und wir sind weiter geflogen, mit sechs Stunden Verspätung und natürlich mit dem alten Sack“, antwortete Andreas leicht gereizt. Nick missfiel Andreas Ausdrucksweise, die typisch für Süchtige war, wenn sie nicht ihre Sucht befriedigen konnten oder beim Genuss dieser gestört wurden.
Und Andreas schien süchtig nach diesem Tagebuch. Aber bei Nick machten Andreas´ Worte noch einen anderen Gedanken frei: Was, wenn …?
„Verzeihen Sie. Ich komme gleich wieder! Warten Sie bitte mit dem Lesen auf mich, OK?“
„Wieso, wo wollen Sie hin?“
„Nun, schauen ob ich helfen kann?“
„Sind Sie denn Arzt?“
„Nein, aber Assistenzarzt. Und wenn ich helfen kann, dann helfe ich. Das sollte selbstverständlich sein. Warten Sie nun auf mich?“, antwortete Nick in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
„OK. Aber beeilen Sie sich“, antwortete Andreas.
Nick begab sich zur Crew-Kabine. Er erzählte der Stewardess, dass er Assistenzarzt sei. Ohne nach seinen Dokumenten zu fragen, brachten sie ihn zur zu behandelnden Person. Nick war über die Leichtfertigkeit der Stewardess selbst ein wenig erstaunt. Dann sah Nick den Patienten und seine Ahnung bestätigte sich.
Es war John. Nick befürchtete das Schlimmste. Hatte John versucht gehabt, sich umzubringen? Der kleine Small Talk, den er mit ihm gehabt hatte, hatte Nick schon stutzig gemacht. Dass ein tiefgläubiger Mann ins gelobte Land reist
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