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Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut

Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut

Titel: Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Anderson
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ich längere Zeit nicht vor Ort war. Deswegen begnügte ich mich zumeist mit dem etwas bitteren Saft aus den Venen.
    Sauerstoffreiches Blut führte zudem schnell zu einem Rausch oder zu Halluzinationen, wenn man zu viel davon genoss. Es wirkte auf Vampire wie Champagner bei Menschen. Man musste da vorsichtig sein.
    „Warum tust du das?“, hakte das Mädchen nach. Ihr Zittern war etwas geringer geworden.
    Ich schwieg.
    „Wenn ich die Wahrheit sage, wirst du mich dann am Leben lassen?“ Ihre bittenden großen Augen sahen mich.
    Dieses Spiel mit der Hoffnung gefiel mir. Es gab dem Blut eine besonders blumige Note.
    „Erzähle!“
    Sie sah darin eine Chance.
    „Ich war es!“, murmelte sie recht leise.
    Ich füllte ein wenig Blut in das Glas und kostete von dem Saft. Das Opfer sah mich erstaunt an.
    „Du trinkst das?“
    „Erzähl die Details. Ich gebe dir zwei Minuten.“
    „Er war reich und ich war arm. Dafür hasste ich ihn. Es war ganz einfach. Ich mischte ein spezielles Gift in sein Getränk. Er starb, während er mich fickte. Dann stahl ich sein Geld. Ein guter Freund bestätigte mein Alibi. Wirst du mich nun freilassen?“
    Das war keine Reue, sondern nur Worte, um sich zu retten.
    Ich füllte das Glas bis oben. Das gesunde Blut spritzte unter dem Schlag des Herzens mit hohem Druck heraus. Die junge Mörderin beobachtete den Vorgang neugierig. Sie wartete höflich auf meine Antwort und wollte mich durch das Benehmen günstig stimmen. Ihre Körper war sehr schön, sie hatte große volle Brüste und ästhetisch geformte Hände und Füße. Dieses Äußere stand im Gegensatz zur Boshaftigkeit ihres Charakters. Auf diese Weise ähnelten wir uns sogar. Nachdenklich, ohne ihr eine Antwort zu geben, griff ich zum Klebestreifen.
    „Ich sag das auch vor Gericht!“, stammelte sie noch, bevor das nicht mehr möglich war.
    Meine Hand tätschelte zärtlich ihre Wange. Das war alles zu spät. Ihre bösen Taten führten nun zu diesem Ergebnis. Das Karma hatte sich bereits entfaltet.
    Die schalldichte Tür verriegelte sich automatisch hinter mir. ...

    Drei Tage später: Ein vertrauter Geruch wehte mir durch die Türöffnung meiner besonderen Speisekammer entgegen. Ich wusste, was er bedeutete. Mein Opfer hatte nicht durchgehalten und war verstorben.
    Es war ein trauriger Anblick. Kraftlos hing der Kopf des achtzehnjährigen Mädchens herab. Ihre blonden Haare wirkten glanzlos und spröde, die nackten Brüste erschlafft. Mit einem unzufriedenen Seufzen nahm ich die Tote von den beiden Haken ab, die unter ihren nach hinten gebundenen Armen herausragten und mir als Aufhängung für lebenden Blutvorrat dienten.
    Meine ausgeglichene Stimmung kippte um. Diese plötzlichen Schwankungen hatten in den letzten Jahren zugenommen. Die Gefahr wuchs, dass die Kontrolle verloren ging. Lange Zeit hatte ich solche ungebärdigen Wutanfälle gut beherrscht, aber sie häuften sich neuerdings wieder und drohten sich ziellos gegen jeden zu wenden. Mein Inneres verdunkelte sich offensichtlich immer mehr. Das war eine unangenehme Folge vom Trinken des vielen sündigen Blutes.
    Ich setzte mich auf den Fliesenboden und atmete langsam tief ein und aus. Wieder und wieder machte ich tiefe, ruhige Atemzüge, um mein Inneres zu disziplinieren. Mit aller Kraft versuchte ich diesen jähzornigen Geist, der den klaren Verstand bedrohte, zu beherrschen.
    Zu Beginn der Verwandlung hatte ich geschworen, nur diejenigen zu töten, welche durch ihre eigenen Handlungen das Recht auf ein Leben unter den Menschen verwirkt hatten und eine Gefahr andere darstellten. Es war sinnvoll sie auszutilgen. Wer selbst tötete, hatte den Tod verdient. Mein Handeln sollte sich nie gegen andere richten.
    Ausschließlich darauf gründete sich meine moralische Existenzberechtigung in dieser Welt. Sie wäre verwirkt, wenn ich die Blutgier an Unschuldigen ausließe. Mit fast schon wahnsinnigem Willen zwang ich die böse Aggression nieder. Diese loderte jedoch wie ein sprudelnder Geysir immer wieder hoch und trieb Blut in die Augen.
    Am liebsten hätte ich diese zu früh gestorbene Hexe zerfetzt und gleichzeitig die neugierig umher trippelnden Hunde gegen die Wand geschmettert.
    In solchen Momenten rief ich das Bild meines Vaters oder das von Ljoschka in Erinnerung – so nannten wir Geschwister unseren kleinen Bruder. Der Gedanke an die, welche ich als Mensch einst liebte, half, die Kontrolle wieder zu gewinnen.
    Trotzdem schubste ich die aufdringliche Wenjera grob beiseite und

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