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Nächte des Schreckens

Nächte des Schreckens

Titel: Nächte des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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während sich im Hintergrund zehn Eskimos schweigend zu schaffen machen. Sie sind die Hundeschlittenführer und betätigen sich zugleich als Hotelpersonal. Jeder der Touristen hat nämlich einen eigenen Hundeschlitten für sich allein. In ihrer jeweiligen Unterkunft verwandeln sich die Männer dann in Ober.
    Nachdem sie den Tisch gedeckt haben, befestigen die Eskimos Girlanden und Bänder mit Neujahrswünschen in den Eiswänden. Die Feriengäste werden immer fröhlicher, doch plötzlich macht Tommy eine Handbewegung in ihre Richtung.
    »Bitte einen Moment Ruhe!« sagt er. »Ich empfange gerade ein Radiosignal.«
    Im Iglu befindet sich tatsächlich ein Gerät, mit dem Nachrichten gesendet und empfangen werden können, was bis dahin keiner der Anwesenden bemerkt hatte. Jetzt blinkt ein rotes Kontrollicht. Tommy Moore drückt auf einen Knopf, setzt Kopfhörer auf und notiert etwas auf einem daneben liegenden Block. Eine Minute später kehrt er mit einem leicht gezwungen wirkenden Lächeln zu den anderen zurück und hebt erneut sein Glas.
    »Was war los, Tommy?«
    »Das hatte mit uns nichts zu tun.«
    Sofort werden alle neugierig.
    »Sagen Sie uns doch, was es war! Wir wollen es wissen!« Der Chef der kleinen Gruppe versucht, dem Ansturm zu widerstehen: »Ich würde Ihnen nur die Stimmung verderben...«
    Aber da ist nichts zu machen, er muß klein beigeben: »Es war ein Notruf.«
    »Von einem Schiff, das auf dem Meer treibt? Ist draußen ein Sturm?«
    »Nein. Der Notruf kam aus Avigut, einem Fischerdorf etwa dreißig Kilometer entfernt von hier. Sie haben einen Kranken. Es sieht nach einer Blinddarmentzündung aus, und sie brauchen einen Arzt.«
    »Gibt es dort keinen Arzt?«
    »Doch, aber zu allem Unglück ist der gestern gestorben.«
    »Und was soll jetzt geschehen? Gibt es in der Gegend denn keinen anderen Arzt?«
    »Nein, nur auf der amerikanischen Militärbasis, aber die ist zweihundert Kilometer weit entfernt. Das ist zu weit weg.« Pamela ergreift zum erstenmal das Wort: »Wer hat die Blinddarmentzündung?«
    Tommy Moore überhört die Frage einfach und sagt: »Lassen Sie uns das alles schnell wieder vergessen, da wir ohnehin nichts tun können... Ist einer von Ihnen so nett, noch etwas Eis für den Champagnerkübel zu holen?«
    »Wer hat Blinddarmentzündung?«
    Widerwillig und kaum hörbar antwortet Tommy schließlich: »Es handelt sich um ein Kind.«
    Pamela Wright erhebt sich spontan.
    »Ich bin Ärztin. Ich muß dorthin.«
    »Sie?« ruft Tommy.
    »Ja, ich! Ich weiß, was Sie denken: Ich bin Gynäkologin und keine Chirurgin. Trotzdem bin ich in der Lage, eine Blinddarmoperation durchzuführen!«
    Tommy schüttelt den Kopf.
    »Nein«, sagt er, »ich meine etwas ganz anderes! Avigut ist dreißig Kilometer entfernt, und wissen Sie, was dreißig Kilometer in Grönland mitten in der Nacht und noch dazu im Dezember bedeuten? Draußen sind vierzig Grad minus, und es hat angefangen zu stürmen. Selbst ein Eskimo würde sich jetzt nicht hinauswagen.«
    Pamela nähert sich der Gruppe der kleinen Männer mit der ledrigen Haut.
    »Ich bin sicher, daß einer von Ihnen bereit sein wird, mich hinzubringen, nicht wahr?«
    Ein junger Mann löst sich aus der Gruppe und nickt zustimmend.
    Da verliert Tommy die Geduld: »Ich hege große Bewunderung für Ihre noblen Absichten, Miß Wright, aber Sie werden sich nicht von hier fortbewegen! Es wäre heller Wahnsinn, auch nur einen Fuß hinauszusetzen!«
    »Ich werde trotzdem gehen!«
    »Ich bedaure. Ich bin auf dieser Reise für Ihre Sicherheit verantwortlich.«
    Ruhig erwidert Pamela: »Ich verstehe Ihren Standpunkt vollkommen. Ich werde Ihnen eine entsprechende Erklärung unterschreiben.«
    »In dem Fall... nun gut. Ich kann Sie anscheinend nicht daran hindern, Selbstmord zu begehen.«
    »Ich begehe keineswegs Selbstmord. Ich denke an ein armes kleines Lebewesen, das sonst in der Neujahrsnacht sterben muß.«
    Ein langes Schweigen breitet sich im Iglu aus. Pamela zieht sich die Kapuze ihres Anoraks ins Gesicht. Aus Liebe zu einem unbekannten Kind, das irgendwo da draußen in der undurchdringlichen Polarnacht leidet, ist sie bereit, an diesem 31. Dezember 1979 ihre gesamte eigene Existenz aufs Spiel zu setzen.
    Als sie ins Freie tritt, zuckt sie dennoch unwillkürlich zusammen. Das Dunkel und die eisige Luft lassen sie innerlich erschaudern. Sie hätte nicht gedacht, daß es derart kalt sein würde. Zudem macht der Sturm einen ohrenbetäubenden Lärm. Tommy Moore hatte recht: Unter

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