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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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gemacht, um ihm zu zeigen, dass sie ihn ebenfalls liebte.
    Perec setzte sich hin und betrachtete sein Werk, erfüllt von einer Liebe, die größer war als alles, was er sich je hätte vorstellen können. Selbst als er Gott noch liebte, hatte er nie etwas Vergleichbares erfahren. Er wusste, dass er ihr seine Liebe zeigen musste. Er musste sie finden und ihr sein Geschenk geben.
    Zum ersten Mal in seinem Leben wusste Perec, was Freude war.

2
    Kenny Kingston stand auf dem obersten Parkdeck des Beverly Center in Hollywood und sinnierte über das Leben und die Liebe im Amerika des beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts – und über Krankheiten.
    Genauer gesagt, über Geschlechtskrankheiten. Sein Genitalherpes machte ihm nämlich an diesem Morgen mal wieder schwer zu schaffen, wie immer, wenn er gestresst war. Er kratzte sich durch seine Jeans und trat von einem Bein aufs andere. Im Osten stieg über der pink angehauchten Skyline von L. A. zitronengelb die Sonne auf, ein Anblick, der durchaus seinen Reiz hatte, solange man nicht daran dachte, welche Mengen von krebserregenden Schwebstoffen in der Luft für dieses Farbenspiel verantwortlich waren.
    Für den durchschnittlichen kalifornischen Mann war Kenny eine Spur zu klein geraten und seine schulterlangen blonden Haare eine Spur zu fettig. Er trug ein schwarzes T-Shirt mit dem Jägermeister-Emblem. Die an den Knien weit aufklaffenden Jeans hatte er seit einer Woche nicht mehr gewechselt. Seine nackten Füße steckten in BirkenstockSandalen, und wer sich nah genug an sie herantraute, konnte unter seinem linken großen Zehennagel die ersten Anzeichen eines Fußpilzes erkennen. Dass Kenny große Ähnlichkeit mit dem talentierten und längst verblichenen Kurt Cobain hatte, störte ihn durchaus nicht, verdankte er doch dieser Tatsache seine Beliebtheit in bestimmten Kreisen. Dieser Tatsache sowie dem Umstand, dass er die abgefahrensten Chemikalien besorgen konnte.
    Es war halb acht, und bis jetzt stand Kennys zwanzig Jahre alter Porsche mutterseelenallein auf der obersten Parketage. Kenny lehnte sich auf die niedrige Betonbrüstung, sah Richtung Downtown und steckte sich eine Zigarette an. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass jeder dritte Einwohner von Los Angeles Herpes hatte. Was bedeutete, dass L. A. für die Krankheit ein richtiges Dorado war. Was bedeutete, dass von den zehn Millionen Menschen im Großraum L. A. mehr als drei Millionen damit infiziert sein mussten, darunter wohl ungefähr eine Million, die nichts von ihrem Unglück ahnten. Was wiederum bedeutete, dass sich derjenige, der bei seiner Ankunft in L. A. noch keinen Genitalherpes hatte, spätestens bei seiner Abreise einen eingefangen hatte – falls er nicht von Natur aus ein übervorsichtiger Mensch war. Hatte man sich aber erst mal dicke Eier geholt, tat sich plötzlich eine völlig neue Welt auf, in der man nach Herzenslust dem ungeschützten Sex frönen konnte, nach der Devise: Siff und Siff gesellt sich gern. Kenny war sogar Mitglied in einem Club von Infizierten geworden, weil sich dort die peinliche Frage »Hast du’s oder hast du’s nicht?« erübrigte, denn das war ja der Clou: dass es natürlich alle hatten. Außerdem gab es für seinesgleichen auch noch das Online-Dating. Seit Kenny sich vor drei Jahren angesteckt hatte, konnte er sich vor sozialen Kontakten nicht mehr retten. Früher hatte er nie eine Frau abbekommen, jetzt fielen sie ihm reihenweise in den kranken Schoß. Und obwohl auch ihm nicht entgangen war, dass mit einer Welt, in der es besser war, krank als gesund zu sein, etwas nicht ganz stimmen konnte, hatte er persönlich keinen Grund zur Klage.
    Spätestens um neun musste Kenny im Labor antanzen, um an seinem Projekt zu arbeiten, das sowieso kaum noch zu retten war, weil er dabei nie die gewünschten Ergebnisse herausbekam. Spätestens um elf, wenn sich sein Schwanz so anfühlen würde wie in Säure gebadet, konnte er sich mal wieder einen Anschiss von seinem Doktorvater abholen, der zufälligerweise auch noch sein Promotionsstipendium finanzierte. Wahrscheinlich bekäme er für das Projekt im nächsten Jahr keine Gelder mehr bewilligt, was dazu führen würde, dass sowohl seine legalen als auch seine illegalen Einnahmequellen versiegen würden und die geheimeren der US -Geheimdienste bei der Liquidierung ausländischer Politiker auf ein besonders raffiniertes Mittelchen verzichten müssten. Und als wäre das alles noch nicht schlimm genug, hatte er sich auch noch mit seiner

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