Namibia
stehen, so dass Enten, Gänse und Säbelschnäbler plötzlich einen Teil der Dünentierwelt darstellen. Meist jedoch versiegt der Tsauchab 5 km östlich des Vleis am 2x4-Parkplatz.
Was aber passiert, wenn die Sandwälle, die langsam am Westende des sandfreien Dünentals entstehen, einmal so dick sind, dass das Wasser östlich vom Sossusvlei zurückgehalten wird? Das heutige Vlei würde kein Wasser mehr bekommen, Kameldornbäume und Naras würden eingehen und vielleicht würde sich ein neues Vlei beim heutigen Parkplatz bilden. Das erscheint zwar schier unmöglich, wäre aber lediglich Teil einer sich wiederholenden Geschichte.
Ein Stückchen südwestlich vom Sossusvlei befindet sich das Deadvlei. Dort stehen noch vertrocknete Kameldornbäume, deren Alter auf 500–900 Jahre geschätzt wird. Weiter im Westen gibt es mehrere alte Vleis, die inzwischen vom Sand verdeckt sind. Es wird angenommen, dass der Tsauchab vor 60 000 Jahren das letzte Mal den Atlantik erreicht hat.
Sossusvlei ist das Gebiet mit den „höchsten Dünen der Welt“. Das ist ohne Zweifel eine gewagte Aussage, da ihre absolute Höhe umstritten ist. Denn von wo aus soll diese Höhe gemessen werden? Vom Bett des Tsauchab Rivier aus, in den einige der Dünenarme hineinreichen, oder von den höheren Sandsteinufern des Tsauchab? Der größte Sandteil liegt auf dieser Sandsteinschicht. Oder sollten diese Dünen, wie auch Berge und Städte, vom Meeresspiegel aus gemessen werden? Das Vlei selber liegt 570 m über dem Meeresspiegel und die Kämme der umliegenden Dünen ragen bis zu 1000 m heraus. Dann sind auch viele andere Dünen in der Namib mit bis zu 1400 m über dem Meeresspiegel wesentlich höher. Im Vergleich dazu: Die höchsten Dünen im südlichen Iran und in der Arabischen Wüste sind 200 m hoch.
Nara
Die Nara,
Acanthosicyos horridus
, ist ein endemisches Kürbisgewächs mit langen Pfahlwurzeln, die bis in das Grundwasser reichen. Man findet sie besonders häufig um das Sossusvlei sowie im unteren Teil des Kuiseb und des Swakop Rivier. Sie ist einfach zu erkennen – ein Gewirr aus hellgrünen, vertikal gestreiften, dornigen Stämmchen. Sich den Wüstenbedingungen anpassend, verzichtet die Nara auf Blätter, um die Verdunstung zu minimieren. Die Fotosynthese findet bei ihr über die Äste und Speichen statt.
Die Nara ist diözisch, es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die blassen, hellgrünen Blüten werden bis zu 12 mm lang. Die weibliche Blüte ist deutlich an der dicken geschwollenen Basis, aus der die Frucht wächst, zu erkennen. Kleine Auswüchse bedecken den Fruchtknoten, der direkt unter den Blütenblättern sitzt. Die hellgrünen, dornigen Früchte werden blassorange, wenn sie reif sind. Jeder Busch bildet ein einzelnes Mini-Ökosystem und bietet einer großen Tiergemeinschaft Schutz.
Neben den vielen kleinen Insekten, die die Nara als Nahrung und Behausung nutzen, wird sie gern von Oryx-Antilopen gefressen. Strauße äsen die Spitzen der ansonsten harten Stämme. Doch nicht nur für viele Insekten und Säugetiere ist die Nara eine wichtige Nahrungs- und Feuchtigkeitsquelle, sondern auch für die Menschen. Für die Topnaar (Nama), die heute im unteren Kuiseb Rivier leben, ist die „!Nara“ so wichtig, dass sich der Begriff „Besitz“ für sie nur auf den Besitz von Nara-Pflanzen und -Feldern bezog. Die Nara-Pflanzen wurden nach strengen Regeln weitervererbt. Ansonsten kannten die Topnaar überhaupt keine Form von Besitz.
Die Nara wird auch als „Brot der Wüste“ bezeichnet, es heißt, dass die Topnaar ohne die Nara nicht hätten überleben können.
Eine wichtige Proteinquelle sind die cremefarbenen Samen, die im orangegelben Fruchtfleisch wachsen. Der Geschmack der Kerne erinnert an Nüsse. Aus den Samen wird außerdem Öl gewonnen (s. S. 349 ). Das Fruchtfleisch wird zur Reifezeit roh gegessen und ist wegen seines hohen Wassergehalts ein wichtiger Feuchtigkeitsspender. Außerdem hat es einen hohen Eisengehalt. Für die Trockenzeit legen die Topnaar große Vorräte an getrocknetem Fruchtfleisch und Kernen an.
2004 gab die Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft eine Publikation der Desert Research Foundation of Namibia in englischer Sprache heraus, in der die Nara und ihre besondere Bedeutung für die Topnaar intensiv beleuchtet wird.
!Nara – Fruit for Development of the !Khuiseb Topnaar
, ISBN 99916-40-33-9.
Wie auch immer, ob nun 280 oder 384 m (laut
Geolocigal Survey of Namibia
), so ein Sandberg verdient schon
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