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Nana - der Tod traegt Pink

Titel: Nana - der Tod traegt Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Staecker , Dorothea Seitz
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nicht wieder aufwachen. Nana entgegnete: ›Die Schmerzen sind so stark, dass ist so ok.‹ Dann äußerte sie den Wunsch, die ganze Familie zu sehen.«

    Nanas Großeltern werden angerufen und bald mit dem Auto abgeholt. Mit jedem Familienmitglied führt Nana nun ein letztes Gespräch, um sich für immer zu verabschieden. Ein schwerer Gang, speziell für ihre Großeltern. Barbara war bereits als junge Mutter berufstätig gewesen, sodass Nana und ihr Bruder Michael viel von Oma und Opa betreut wurden. Damals wohnten alle im gleichen Mietshaus, auf verschiedenen Stockwerken.
    Häufig saßen die Großeltern in den vergangenen Monaten an Nanas Bett im Krankenhaus, bringen ihr ihren Lieblingssalat mit, den sie sich oft in dieser Zeit wünscht. Eisbergsalat. »Aber nur mit Omadressing!« Und nun liegt ihre Enkelin im Sterben. Nana wird ihren Großeltern vorausgehen. So ruft sie beim Verabschieden ihrer 82-jährigen Großmutter zu: »Oma, mach dir keine Sorgen, wir sehen uns wieder. Bis bald!«
    Auch Bruder Michael muss sich jetzt von seiner kleinen Schwester trennen:

    Ich habe ihr gesagt, dass es mir unendlich leid tut, dass ich während des Jahres so wenig Zeit für sie hatte und nicht in der Form für sie da sein konnte, wie es etwa meine Mutter war. Sie war ganz verständnisvoll und meinte, dass sie mich lange genug kenne, um zu wissen, dass ich in gewissen Dingen anders bin. Und dass ich schauen soll, dass ich klarkomme.«

    Ihren Chris bittet Nana, kurz bevor sie für immer einschläft, um eine Zeichnung auf ihrem Arm:

    Ich habe ihr ein Herzchen gemalt und ›Ich liebe dich‹ dazugeschrieben. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es mit ihren schweren Halluzinationen überhaupt richtig erkannt hat obwohl sie zwischendrin wirklich noch sehr klar war. Mitten unterm Fantasieren guckt sie mich dann an, hebt die Arme und sagt: ›Weißt du, wenn ich dich sehe, dann weiß ich, dass du immer da bist.‹ Und dann habe ich sie in den Arm genommen. Ihre Arme musste ich dafür richtig umklappen, aber es war sehr schön.«

    Adieu

    Wie verabschiedet man sich von einem geliebten Menschen, der stirbt? Im Bewusstsein, genau jetzt ist die letzte Möglichkeit, miteinander zu sprechen? Wie schwer fällt es schon, wenn jemand für längere Zeit verreist? Wie ist es erst mit dem Wissen, dieser einzigartige Mensch wird nie mehr zurückkommen? Auch wenn Nana alles Wichtige geklärt hat, bleibt doch gleichzeitig das Gefühl, noch so vieles sagen zu wollen. Für Barbara in dieser Nacht die wichtigsten an Nana gerichteten Worte:

    ›Ich liebe dich, ich werde dich immer lieben. Und ich weiß, wir sehen uns wieder!‹ Gleichzeitig wollte ich Nana in diesen Stunden auch signalisieren, sie dürfe loslassen, wenn der richtige Zeitpunkt für sie gekommen sei. Die Formulierung ›Du darfst gehen‹ erschien mir angesichts ihrer massiven Schmerzen in Hüfte, Becken und Beinen als deplatziert. Nana hätte ja gar nicht mehr laufen können! Unsere Metapher vom Schmetterling, die uns so eng verband, erschien mir viel stimmiger. ›Flieg, mein Schmetterling, flieg. Flieg ins Licht!‹ waren daher meine Worte in unserem letzten Gespräch. Eines lag Nana noch auf der Seele: der nicht mehr geschaffte Brief an mich, um den ich sie in den Tagen zuvor gebeten hatte und der mir in der Zeit ›danach‹ Kraft geben sollte. Doch ich konnte sie beruhigen. Ich erzählte ihr einfach, was ich glaubte, was in dem Brief stehen würde, und sie stimmte dem vollkommen zu. ›Muckelchen, wir beide kennen einander so gut, ich weiß ganz genau, was du mir schreiben würdest. Es ist vollkommen egal, ob es auf einem Blatt Papier steht oder ich es in meinem Herzen spüre. Und, ja, ich werde auf deinen Chris aufpassen, er ist nicht allein. Ich liebe dich so sehr! Danke, dass ich dich als Tochter haben durfte. Ich liebe dich!«

    »Flieg, mein Schmetterling, flieg.« Wie ein Mantra wird diese liebevolle Aufforderung wiederkehren. In dieser Nacht und in den darauffolgenden 48 Stunden.
    Betäubungen

    Nicht alle bringen diese fast übermenschliche Kraft auf. Nanas Vater Axel kann das Bild, das sich ihm bietet, kaum ertragen. Von purer Verzweiflung am Bett seiner sterbenden Tochter gepackt, wird er weggetragen von seinen Gefühlen. Wie soll er das durchstehen? Ohnmacht und Trauer beherrschen ihn. Er hält es nicht mehr aus. Wenn er heute auf diese Nacht zurückblickt, erinnert er sich in erster Linie an Schmerz:

    Da waren diese unvorstellbaren Qualen, die Nana erdulden musste –

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