Nana - der Tod traegt Pink
Juwelierin die Situation. Die Frau, berührt von seiner Erzählung, will in anderen Filialen nachfragen. Am Nachmittag ist sie tatsächlich fündig geworden. Das Schmuckstück in Nanas Größe liegt zur Abholung bereit. Während Chris dorthin unterwegs ist, bereitet auch Nana sich vor, macht sich frisch und legt ein wenig Make-up auf. Sie wählt T-Shirt und Leggins aus, da nur noch bequeme Kleidung möglich ist. Chris kommt heim, und das Paar zieht sich ins Wohnzimmer zurück:
Nana setzte sich hin, Stehen ging ja nicht mehr. Ich habe es ganz traditionell gemacht. Mit auf die Knie gehen, Schachtel auf. Nana hat nichts gesagt. So, wie ich es mir erhofft hatte.«
Für fünf Tage ein Brautpaar. Warum er sich für diese kurze Zeit noch verlobt habe, wollen nach Nanas Tod viele von ihm wissen. Für Chris ist das keine Frage:
Da könnte man genauso wissen wollen, warum ich Nana noch ein Weihnachtsgeschenk gemacht habe. Sie war nach Hause gegangen,
um ein paar letzte schöne Tage zu haben. Wenn du ihr dann noch so eine Freude machen kannst, warum nicht? Es freut dich ja selbst auch!
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Nana auf Facebook, 5.1.2012:
»My engagement ring ♥ ♥ ♥ ♥«
Ich weiß, dass einige das nicht verstehen. Einer hat sogar gesagt, da müsse man ja nichts Besonderes mehr kaufen. Wie kann man da von Geld reden? Selbst wenn ihr Ring 10 000 Euro gekostet hätte – die Möglichkeit hatte ich genau noch einmal. Das war das Letzte, was ich ihr schenken konnte. Meine allerletzte Chance.«
Braut. In alle Ewigkeit
Am Abend des 5. Januar trägt Nana den Ring, von dem sie seit Monaten träumt. Und will ihn nie wieder hergeben: »Mama, versprich mir, sollte ich den Ring im Sarg nicht anbehalten dürfen, nähst du ihn in meine Kleidung ein!« Zu Barbaras Erleichterung wird sich im Gespräch mit AETAS herausstellen, dass Nana ihren Schmuck anbehalten darf. Und so liegt Nana als Braut in ihrem Grab. Später am Abend bittet Nana ihre Mutter, Fotos zu machen, und gestattet das zum ersten Mal seit den Weihnachtstagen wieder. Die meisten löscht sie aber sofort von der Kamera und wünscht sich dann: »Mama, mach ein Foto. Aber bitte nur von meiner Hand.« Gleich darauf lädt Nana es auf Facebook hoch. Es ist das letzte Bild, das es lebend von ihr gibt.
Flieg, Schmetterling, flieg!
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Gestaltenwechsel
Der Schmetterling begegnet Nana schon früh in ihrer Krankheit. Die kleine Nachbarstochter malte ihr während der ersten Chemotherapie ein Bild mit einem bunten Falter. Der darunter stehende Satz »LIBENANA ICH-WÜNSCHE-DIA-GUTE-BSARONG VÜR NANA« sorgt im Krankenzimmer bei Besuch und Personal häufig für Erheiterung, denn Nana hat das Gemälde neben ihrem Bett aufgehängt.
Der Schmetterling wird von da an Nanas ständiger Begleiter. Ob Nana Barbara eine ihrer liebevollen Karten schreibt oder ihrer Mutter zu Weihnachten eine silberne Halskette schenkt: Der Schmetterling entwickelt sich mehr und mehr zu Nanas Lieblingsmotiv. Das Bild der kleinen Raupe, die sich zum Schmetterling umgestaltet, gefällt Nana als Metapher für ihre Krankheit. Früher, da war sie eine Raupe. Jetzt, gezeichnet durch den Krebs, durchlebt sie das Stadium der Verpuppung. Und eines Tages wird sie als freier Schmetterling ihre Flügel ausbreiten. Ein Sinnbild der Veränderung, das auch in der Illustration des Todes eine maßgebliche Rolle spielt. Die berühmte schweizerisch-amerikanische Ärztin, Psychiaterin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross formulierte es in ihrem Buch »Über den Tod und das Leben danach« (im Silberschnur Verlag erschienen) so:
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28.10.2011: Nana schenkt ihrer Mutter diese liebevoll gestaltete kleine Schmetterlingskarte für die Handtasche.
Der Tod ist ganz einfach das Heraustreten aus dem physischen Körper, und zwar in gleicher Weise, wie ein Schmetterling aus seinem Kokon heraustritt.«
Speziell in Bezug auf schwerstkranke Kinder greift man oft auf dieses plastische und tröstliche Sinnbild der Verwandlung zurück. Visualisiert es doch sehr anschaulich den Übertritt in einen neuen Wesenszustand, den sich kein Lebender so recht vorstellen kann: Auch die Larve muss sterben, sich fast gänzlich auflösen, um dem neuen Lebewesen Platz zu machen.
Mit glitzernden pinken Flügeln
Als Nana von dieser Deutungsebene erfährt, hat sie den Schmetterling schon längst zu ihrem Symbol gewählt. Sie plante, sich nach ihrer Gesundung Ornamente mit Schmetterlingen tätowieren zu lassen. In ihren letzten Wochen und Tagen
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