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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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äußerst fromme Lieder, und wo die Schnittmenge liegt, hängt vom jeweiligen Geschmack ab. Ich fürchte sehr, dass Finn und ich da nicht übereinstimmen würden.
    »Du kannst unmöglich die Vierundvierzig vorschlagen.«
    »Warum nicht?«, fragt er und schaut mich an, als hätte ich etwas Unanständiges von mir gegeben. Vorsichtshalber überprüfe ich kurz, ob mein Reißverschluss zu und auch sonst alles in Ordnung ist.
    »Wenn schon mal Gäste da sind«, erkläre ich, »sollten wir ein bisschen Rücksicht nehmen und ihnen nicht gleich die volle Dröhnung verpassen.«
    »Du willst ihnen also etwas vormachen?« Er beäugt mich kritisch. »Ich finde, wir sollten die Gelegenheit nutzen, um sie mit der Botschaft vertraut zu machen. Wenn es sie stört, dass wir Christen sind, ist das eben so. Wir werden sie nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen herlocken.«
    »Nein, aber ...«
    Auf einmal fühle ich die Blicke hinter meinem Rücken. Ich drehe mich um. Alle sind beschäftigt, trotzdem weiß ich, dass sie mich beobachten. Weil ich das schlimme Mädchen bin, das hinter Daniels Rücken mit anderen Jungs rummacht. Himmel, glauben die, ich will was von Finn? Er ist mittelgroß, mittelrötlichblond, mittelhübsch. Kein Vergleich mit Daniel – jedenfalls nicht in meinen Augen. Würde wirklich irgendjemand auf die Idee kommen, dass ich mich zu ihm gesetzt habe, um zu flirten, weil er ein verletztes Bein hat und nicht schnell genug weglaufen kann?
    Schaut her, will ich rufen, ich hab DANIEL! Könnt ihr mir irgendeinen Grund verraten, warum ich mich anderweitig umschauen sollte?
    Jedenfalls erhebe ich mich mit möglichst viel Würde und lasse den armen Finn allein, bevor er sich von mir belästigt fühlen kann. Dabei renne ich Michael über den Haufen.
    »He, Miriam, nach dir habe ich gerade gesucht. Ich brauche eine Idee. Du hast doch immer welche, oder?«
    »Kommt drauf an«, sage ich zögernd. Eine Idee, wie ich Kims Werk rückgängig machen kann? Wie ich den Samstagabend aus dem Gedächtnis des Universums löschen kann, ohne das Raum-Zeit-Gefüge irreparabel zu beschädigen?
    »Feiern tut der Gemeinschaft gut«, meint er, »aber um gewisse ... Spannungen abzubauen und euer Miteinander zu stärken, fände ich es gut, wenn wir irgendwas zusammen machen würden, was erfordert, dass wir uns alle beteiligen. Alle gemeinsam.«
    »Messerstecherei für Anfänger?«
    Michael verzieht gequält das Gesicht und sieht dadurch aus wie ein halb verhungerter Steinbock.
    »Holzschnitzerei? Da können wir alle unsere Messer mitbringen. Okay, vergiss es. Wie wär’s mit einer Kanufahrt?« Das ist halt das, was mir spontan als Erstes einfällt. Schlitten fahren. Fahrrad fahren. Boot fahren. Karussell fahren. Irgendwas mit Fahren.
    »Nicht schlecht.« Seine Miene hellt sich auf. »Das können wir auch machen, sobald das Wetter besser wird. Für jetzt bräuchten wir aber auch noch was. Eine Aktion, die denen, die zu uns kommen, etwas bringt. Dass sie merken, dass sie geliebt und wertgeschätzt werden. Dass sie in Gottes Augen schön sind.«
    »He!« Hinter uns ist Bastian aufgetaucht, der die letzten Worte mitbekommen hat. »Mach doch so was wie neulich, Messie, da hast du den Leuten ja auch gesagt, dass sie gut aussehen! Das war so was von klasse!«
    In ohrenbetäubender Lautstärke erklärt er den anderen, was am Samstag in der Stadt los war. Jedenfalls kommt es mir so vor, denn ich würde am liebsten flüstern. Ich fange Daniels Blick auf. Er starrt mich entsetzt an, und ich frage mich, warum ich eigentlich nicht im Boden versinken kann. Das wäre mal eine Eigenschaft, die ich gerne hätte.
    »So was habt ihr gemacht? Ist das gemein!« Die anderen können es nicht glauben, dass ich mich solche Sachen traue, und wollen alles erklärt haben. Michael muss zugeben, dass er an Aktionen dieser Art eher nicht dachte.
    Ich gehe in Verteidigungsstellung. »Es hat denen richtig gut getan!« Ich stelle es so dar, als hätten wir diesen Streich inszeniert, um Leute mit Minderwertigkeitskomplexen glücklich zu machen. Was uns vielleicht sogar gelungen ist, quasi als Nebeneffekt. Ich erinnere mich an Patrick, an Leonie ...
    »Bis sie merken, dass ihr sie verarscht habt!«
    »Wir wollen den Leuten von Gottes Liebe erzählen, wir wollen sie nicht belügen!«
    »Das ist ja wirklich das Letzte, wissen denn deine Eltern davon? Was sagt dein Vater dazu? Also, wenn mein Vater mitkriegen würde, dass ich so was ... «
    Plötzlich ist mir alles zu viel. Ich

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