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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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Chats noch einmal nachlesen.
     
    »Liebe gibt es nur im Kopf?« Amüsiert klappt Kareem sein Notebook zu. »Wird das der Titel deines Buches, oder schreibst du das deinem potentiellen Kind in die Geburtsurkunde?«
    »Du brauchst gar nicht groß reden,
Ramyyyyyyy.
Was für eine idiotische Zeitverschwendung war das denn bitte? Ist
Radio Wien Eins
der Haus- und Hofsender vom Familienministerium? Oder eher dein privates Fanherzogtum?«
    »Das war das perfekte Beispiel für einen Echtzeitfail, liebe Leute«, verkündet Lorenz.
    Es klopft. Keiner von uns macht Anstalten zu antworten. Schließlich erhebt sich Kareem aus meinem Schreibtischsessel und öffnet meine Bürotür. Beziehungsweise will sie öffnen, doch als er die Hand nach der Klinke ausstreckt, wird diese die Tür von außen mit Schwung geöffnet und knallt ihm gegen die Nase, was für ein ziemlich ekliges Geräusch sorgt.
    Der Radiomoderator schreit, macht zwei Schritte rückwärts und dann einen großen nach vorne, was ihn direkt in die Arme von Stella Charydis befördert, die mit schreckensgeweiteten Augen im Türrahmen steht.
    »Soll ich den Notarzt rufen?«, feixt Lorenz.
     
    Zwei Stunden später sitze ich mit Stella in unserer Lieblingssushibar neben dem Redaktionsgebäude und schiebe rohen Thunfisch auf meinem Teller hin und her.
    Kareems Nase ist zum Glück nicht gebrochen, sondern nur geprellt. Stellas Erstversorgung in meinem Büro hat viel zu seiner Beruhigung beigetragen, vor allem weil dadurch die Fangirls nebenan keine Gelegenheit bekamen, über ihn herzufallen. Dafür machte ihm der Notarzt, statt sich um die Prominase zu kümmern, schöne Augen, was dazu führte, dass der Radiomoderator entnervt die Flucht ergriff und in Richtung Pohl so etwas wie »von meinem Anwalt hören!« zischte.
    Es gab kaum jemanden beim
Boten,
der unseren misslungenen Chat nicht verfolgt hatte, und bald verbreitete sich via »Stille Post« das Gerücht, dass ich selbst Kareems Nase mit einem dicken Schmöker blutiggeschlagen hätte. Sorina Loos nutzte die Gunst der Stunde und stapelte fünf Romantikwälzer mit Blümchencovern auf meinem Schreibtisch, die für ein Special in der Donnerstagsausgabe rezensiert werden mussten. Ganz oben lag
Amors Feder.
Als wäre das Chaos nicht schon groß genug, läutete kurz vor der Mittagspause mein Telefon praktisch durchgehend. Irgendwann hob ich erbost ab und brüllte in den Hörer:
    »Was?«
    »Ah, werte Frau Wilcek!«
    Glahnz’ Worte waren sanft, als hätte er Kreide gefressen. Dennoch überschlug sich meine Stimme bei der Antwort.
    »Sie schon wieder! Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich Ihr Buch nicht lesen werde, da können Sie bei meinen Chefs so viel intervenieren, wie Sie nur wollen. Sie sind in der Bestsellerliste, was wollen Sie denn noch?«
    »Aber …«
    Ich ließ den Hörer fallen und vergrub den Kopf in den Armen.
    »Äh, Dotti?«
    Lorenz tippte mir auf die Schulter.
    »Was?«
    »Deine Anmeldung zum
LiLo
-Speeddating nächste Woche. Ich leg sie dir auf den Tisch, okay?«
    Ich schluchzte auf.
    Lorenz sah mich zögernd an, als wollte er mir wahlweise ein Taschentuch reichen oder Hühnerbrühe kochen, nahm dann vorsichtig den Hörer auf, der vom Schreibtisch baumelte, legte auf und schlich aus meinem Büro.
    Mein Kopf war kurz davor zu explodieren. Als das Telefon erneut zu klingeln begann, zog ich kurzerhand den Stecker aus der Dose.
     
    »Ist er schwul?«
    »Was? Wer?«
    Mein Thunfisch-Sashimi hat ein ausdauerndes Bad in der Sojasauce genommen, weil ich so tief in Gedanken war. Stella, deren Teller bereits leer ist, saugt genüsslich an den Spitzen ihrer Essstäbchen, was den Geschäftsmann am Nebentisch zu unruhigen Blicken veranlasst.
    »Na, Kareem. Der Arzt hat ihn ja ganz schön angegraben.«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Ich glaube, er ist allergisch.«
    »Gegen Sex oder gegen flirtende Ärzte?«
    »Beides.«
    »Hm«, Stella wirft meinen Sashimischeiben begehrliche Blicke zu, »es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass ein heterosexueller Mann dermaßen gut aussieht. Meine Oma sagte immer:
Männer und Wassermelonen sind Glückssache.
Und Kareem scheint eine ganz schön saftige Melone zu sein. Apropos, Dotti, wie läuft es denn in Flirtwunderland? Hast du endlich jemanden in deinem ›
vielleicht‹
-Ordner?«
    »Keine Spur. Es melden sich hauptsächlich Spinner. Gestern schrieb mich einer an, der in seinem Profil stolz verkündet, dass
Der Schatz im Silbersee
das einzige Buch ist, das er je gelesen hat.

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