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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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einfach altmodisch oder besonders kreativ. Eine poetische Nachricht, ein Kinderlied im Radio, der Mann lässt sich was einfallen. Du solltest dem auf den Grund gehen. Er ist allemal vielversprechender als Mister-Schatz-im-Silbersee und Doktor-Wo-kann-ich-schneiden.«
    Eindeutig. Zumal djfleming die Rechtschreibung beherrscht. Außerdem ist es zumindest eine gute Geschichte. Schließlich läuft mein Blog noch ein paar Wochen.
    »Und wie stell ich das an?«
    »Google ist dein Freund, Dotti. Es gibt da ein Forum, meinestadt.at oder unserestadt.at , wo alle Abrisse und Neubauten der letzten Jahre penibel dokumentiert sind. Ich hab da vor einiger Zeit nach Locations für ein Fotoshooting gesucht.«
    Bestimmt zum hundertsten Mal heute werfe ich einen Blick auf mein Handgelenk. Meine Uhr ist weiterhin verschollen. Ich habe den Kater im Verdacht, sie dorthin befördert zu haben, wo sich die gefühlt drei Millionen Stoffmäuse befinden, die ich zu seiner Unterhaltung schon gekauft habe. Keine einzige ist nach dem Erstkontakt je wieder aufgetaucht.
    »Wie spät ist es?«
    »Zehn nach eins«, antwortet Stella nach einem Blick auf ihr iPhone und bittet den Kellner um die Rechnung. »Wo ist denn dein Kompass?«
    »Hab ich heute Morgen im Bad vergessen«, schwindle ich und nehme mir vor, zu Hause noch einmal gründlich zu suchen. Wenn Stella erfährt, dass ich meine Zehnjahresuhr verloren habe, bringt das bestimmt die Akropolis in ihrem Brustkorb zum Einsturz.
    »Du sollst die Uhr doch immer tragen«, ermahnt sie mich, während sie einen Geldschein aus ihrer Börse kramt. »Es bringt Unglück, sie abzulegen.«
    Der Geschäftsmann am Nebentisch zahlt ebenfalls. Mit Kreditkarte, was sonst? Ehe er die Quittung in seine teure Lederbrieftasche steckt, zieht er etwas daraus hervor, das er beim Verlassen des Lokals dem Kellner in die Hand drückt. Dieser überreicht es Stella samt unserer Rechnung unter vielen entschuldigenden Verbeugungen. Es ist eine Visitenkarte. Wir sehen uns drei Sekunden lang fassungslos an, dann brechen wir gleichzeitig in schallendes Gelächter aus.
    »Wow, Stella, eine Eroberung!«
    »Eher nicht«, antwortet meine Freundin und ertränkt die Karte in der restlichen Sojasauce. »Nicht mein Typ. Außerdem brauche ich keinen Mann, mein Vibrator funktioniert einwandfrei.«
    Für einen Moment ist es mucksmäuschenstill in der vollen Sushibar. Der Kellner sieht aus, als hätte er mehrere gebrauchte Stäbchen verschluckt, bevor er kurze Zeit später den Abschiedssake serviert. Drei Gläser.
    »Entschuldigung«, hält ihn Stella auf, »das ist einer zu viel.«
    »Zwei für Damen, einer für Vibrator«, antwortet er, und zum ersten Mal, seit ich sie kenne, ist Stella Charydis sprachlos.
     
    Ich sehe das Pärchen gerade noch aus den Augenwinkeln, eine Sekunde länger, und es wäre zu spät gewesen. Als ich ihnen nachblicke, haben sie die Sushibar bereits passiert, weshalb ich nur ihre Hinterköpfe erkenne, aber dann bleiben sie genau im Hauseingang neben dem Lokal stehen und beginnen eine hitzige Diskussion. Ein Glück, dass Stella und ich die Sushibar noch nicht verlassen haben, denn dann wären wir bestimmt mitten in sie hineingelaufen. So packe ich meine Freundin, die gerade einen Fuß nach draußen setzt, am Arm und ziehe sie ins Lokalinnere zurück, lasse jedoch die Tür einen Spalt offen, um zu verstehen, was die beiden reden. Stella presst ihre Nase an die Glastür und zieht scharf die Luft ein.
    »Ist das nicht …?«
    »Ja.«
    »Und wer ist
er?
«
    »Pst!«
    Ich öffne die Tür ein Stückchen weiter und stecke ein Ohr durch den Spalt, um etwas von dem Drama aufzuschnappen, das sich nur wenige Schritte von uns entfernt abspielt.
    »… dass du mich nicht auf dem Handy anrufen sollst! Sie checkt die Anrufliste«, sagt der Mann gerade laut.
    »Das ist doch nicht mein Problem«, schreit die Frau. Die Passanten drehen sich nach ihr um.
    »Sei verdammt noch mal leise, Sori!«
    Ihre Antwort kann ich nicht verstehen.
    »Die Loos hat ein Verhältnis?« Stellas Stimme überschlägt sich fast vor Freude. »Aber wer ist der Typ?«
    »Keine Ahnung«, flüstere ich. »Ich bin mir sicher, dass es ein Promi oder ein Politiker ist, schau dir den teuren Anzug an. Die protzigen Schuhe. Samstagabend waren sie in der Oper, da habe ich sie auch gesehen. First-Class-Plätze.«
    »Dotti, stalkst du die Loos?«
    »Ich stalke niemanden.«
    »’schuldigung?«
    »Ich will bloß rauskriegen, warum die Loos so ein Geheimnis draus

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