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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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vor dem Eingang und neben den größeren Schlupflöchern waren Wachen postiert. Die Amme und die übrigen Bediensteten allerdings durften nur noch in der Früh vorbeisehen. Die Geschwister wünschten beide ihre Freiheit und keinerlei Beaufsichtigung mehr.
    »Was machst du?«, fragte Eri und räkelte sich in ein Wiegenetz.
    »Ich treffe mich gleich mit meinen Freundinnen, um etwas zu unternehmen«, sagte Luri munter. Sie bemerkte seine Miene und wandte sich ihm zu. Sie war zwei Korallenringe jünger als er, und beide waren seit früher Kindheit eng miteinander verschworen. »Was ist mit dir los?«
    »Ach, nichts«, meinte er leichthin. »Nur Lurion, das Übliche. Er hat Angst, dass ich ihm den Thron streitig machen will.«
    »Dabei hat er ihn noch nicht mal, und bis dahin ist es noch lang«, spottete sie, neigte sich zu ihm und strich durch sein langes helles Haar. »Er ist ein Blödmann, das weißt du schon seit deiner Geburt. Wenn er nicht so viel Angst vor unseren Eltern hätte, hätte er dich wahrscheinlich in der Wiege erwürgt und mich einem Knochenhai zum Fraß vorgeworfen.«
    Eri ergriff Luris Hände. »Deswegen musst du unbedingt mit mir kommen! Es dauert nicht mehr lange, schon in zehn oder zwanzig Dämmerungszyklen kommen die Händler, und dann gehen wir mit ihnen!«
    »Ach, Eri, das ist doch Unsinn«, wehrte sie ab und entzog ihm die Hände. »Du lässt dich von Onkel Turéors Geschichten zu sehr beeinflussen. Und vom Garn der Händler! Diese Welt da draußen ist nichts für uns. Wir sind Nauraka, und hier in der Tiefe ist unser Platz.«
    »Wir könnten Abenteuer erleben ...«
    »Eri, hast du im Unterricht denn nie aufgepasst? Da draußen warten Not und Elend auf uns! Alles ist äußerst primitiv! Niemand, der annähernd unseren Rang hätte. Glaubst du, wir werden mit königlichen Ehren empfangen, haben Leibwächter und dergleichen? Wir müssten wie alle Primitiven für uns selbst sorgen, uns auf eigene Kosten ernähren und kleiden – und von alldem haben wir keine Ahnung. Außerdem müssten wir auf unseren Beinen gehen ! Darauf verzichte ich! Und überhaupt: Wo bleibt da die Romantik?«
    »Ich könnte bei Hallog arbeiten, das hat er mir schon angeboten, und mir macht das nichts aus«, murmelte Eri. »Ich bin ja nicht ganz dumm, Luri, ich weiß, dass es gefährlich ist. Aber wir wären frei! Und Romantik ... da draußen gibt es mehr als genug davon!«
    »Ich gebe mich aber nur einem Nauraka edlen Geblüts hin«, erwiderte Luri schnippisch. »Denkst du, ich paare mich mit jedem dahergelaufenen Schuppensammler? Onkel Turéor sagt doch selbst immer, dass unser Volk schwach wird und nur noch einen verweichlichten Abglanz der früheren Nauraka darstellt. Doch wir sind noch immer stolzer und mächtiger im Vergleich zu den anderen!«
    Eri sagte verträumt: »Ja, Drachenzähmer nannte man uns ...«
    Luri winkte ab. »Das ist lange vergangen. Schon seit vielen Korallenbäumen hat keiner mehr den Seedrachen gesehen, und auch unser Volk ist klein geworden, es schrumpft immer weiter. Darum ist es meine Pflicht, nach einem edlen Prinzen zu suchen und mit ihm ein großes neues Reich zu gründen!«
    »Pfff ... Pfffflicht«, prustete Eri. »Du hörst dich an wie Mutter! Dabei wolltest du nie so werden wie sie, und jetzt folgst du einfach ihrer Vorstellung?«
    »Um hier rauszukommen, weg von den Eltern? Natürlich!«, rief Luri. »Aber ich werde mich nicht verschwenden, und ich werde ganz sicher nicht die See verlassen, oder wo auch immer du hinwillst! Immerhin«, Luri strich ihr Kleid glatt, »fließt durch unsere Adern uraltes königliches Blut.«
    »Ach, du träumst ja.«
    »Und du etwa nicht?«
    Wahrscheinlich hörten sie beide schon zu lange Onkel Turéors Geschichten zu, wie ihr Vater immer sagte. Es missfiel dem Hochfürsten, dass sie so viel Zeit mit dem »alten Wirrkopf«, wie er ihn wenig respektvoll bezeichnete, verbrachten. Auch ihre Mutter tadelte sie deswegen. »Turéor ist sehr, sehr alt und lebt in einer Vergangenheit, die es nie gegeben hat. Es sind nur Märchen, die er als Kind hörte, und die er nun für seine eigenen Erlebnisse hält.« Hochfürstin Ymde entstammte einer Seitenlinie des uralten Königsgeschlechts, dessen Hauptstamm ebenso wie der Königsthron schon lange nicht mehr existierte. Sie und Turéor waren der Ahnenforschung nach entfernt miteinander verwandt, und das schien glaubhaft, denn beide waren größer, schlanker und feingliedriger als die Sippe des Hochfürsten Ragdur, und ihre Haut

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