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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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gesenkt.
    »Sehen Sie? Dort am Schilf in der Mitte des Flusses. Ein weißer Körper mit schwarzem Haar.« Mister O’Donalds Hand begannen zu zittern. Er nahm sie herunter und vergrub sie in der Tasche seiner Sporthose.
    Brady trat einen Schritt näher. Zwischen verdorrtem Schilf und abgeknickten Ästen waberte ein helles Etwas an der Wasseroberfläche. Ein Körper oder zumindest ein Teil davon. Dunkle, nasse Haarsträhnen bewegten sich sanft mit den Wellen.
    »Hat sich wohl verheddert.« Sean stellte sich neben Brady und kniff die Augenbrauen zusammen.
    »Soll ich die Spurensicherung informieren? Sollen wir Polizeitaucher–«, begann der Streifenbeamte, aber Sean brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Dann runzelte er die Stirn und ging ein paar schnelle Schritte am Ufer entlang.
    »Was tut er denn?«
    Brady konnte nur mit den Achseln zucken. Auch wenn sie beide eigentlich ein Team sein sollten, lief Seans Teamarbeit größtenteils in seinem Kopf ab. »Fall nicht ins Wasser!«
    »Sollen wir nicht doch besser Taucher rufen?«, versuchte es der Beamte erneut, wobei er Sean keine Sekunde aus den Augen ließ. Dieser hatte einen Ast aufgehoben und hangelte nun nach dem bleichen Körper.
    »Ich denke, er kriegt das schon hin«, sagte Brady und lächelte dem Jogger aufmunternd zu, dessen Gesicht immer noch die Farbe von trockenem Moos hatte. Er war vermutlich nicht auf diese Art von Schrecken am frühen Morgen vorbereitet gewesen.
    »McCarthy, hilf mir mal!« Sean hatte es irgendwie geschafft, einen Teil des Astes unter dem Leichnam zu verkeilen. Das andere Ende hatte er sich übers Knie gelegt und drückte es nun mit aller Kraft nach unten, als wolle er eine Art Hebelwirkung erzielen.
    Brady eilte zu ihm herüber und half ihm. »Was tust du denn da?«
    »Ich angle dieses Ding aus dem Wasser. Drück!«
    »Das ist doch Irrsinn, wir sollten–« Plötzlich ließ der Widerstand nach und Brady und Sean landeten unsanft auf dem Hosenboden. Etwas flog über ihre Köpfe hinweg und kam mit einem nassen Plumpsen hinter ihnen zum Liegen. »Gott, Sean, war das …?«
    Sean rappelte sich auf, wobei er sich auf den Ast stützte, und schaute sich suchend um.
    »Es ist irgendwo hier gelandet.« Brady deutete hinter sich und erhob sich, während Sean an ihm vorbei hastete und einen triumphierenden Schrei ausstieß.
    »Wusste ich’s doch!«
    »Was wusstest du?«
    »Quatsch nicht und komm rüber. Sieh es dir an.«
    Bradys Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an und er musste ein paar Mal schwer schlucken, um den Knoten zu lösen. Seit Ewigkeiten wartete er darauf, einmal in einen Mordfall involviert zu sein, doch jetzt, wo es soweit war, hatte die Realität etwas Hartes an sich. Er war nicht sonderlich scharf daraus, dass seine erste Leiche direkt eine Wasserleiche war. Natürlich kannte er den Anblick aus den Polizeibüchern. Aufgedunsene Körper, entstellte Gesichter, verformt und verfärbt. Doch die Vorstellung, gleich eine echte Leiche zu sehen, hatte so gar nichts mehr mit den bunten Bildern aus den Lehrbüchern gemein.
    »McCarthy, komm und sieh dir unseren Schatz an!«
    »Das ist pietätlos.« Brady riss sich zusammen und lief zu Sean herüber.
    »So ein Unsinn.« Er hockte auf dem Boden und stocherte mit einem Stock in einem weißen, durchnässten Bettlaken herum, an dem überall dunkelgrüne Algen hingen.
    Brady hätte am liebsten laut aufgelacht.
    »Eine Leiche sieht anders aus, was?« Sean grinste zu ihm hoch, während er weiter an dem Stoff herumfledderte.
    »Entwarnung!«, rief Brady dem Polizisten und dem Jogger zu. Selbst auf die Entfernung konnte er noch sehen, wie beide aufatmeten.
    »Da hat wohl jemand seine Klamotten nicht mehr gebraucht.« In Seans Stimme schwang Erleichterung mit. »Was haben wir denn hier?« Mit dem Ast förderte er ein helles Kleid zutage. Es war klein, als würde es einem Kind gehören.
    »Das ist ein Nachthemd.« Brady ging neben seinem Partner in die Knie. »Ist noch mehr in dem Sack?«
    Sean nickte und legte das Hemdchen auf der Wiese ab. Sein Blick hatte sich verfinstert und von seiner anfänglichen Erleichterung war nun nichts mehr zu spüren. Er nahm seine Hände zur Hilfe und riss das Bettlaken auseinander.
    »Ein Teddybär?« Brady hob das triefende Stofftier auf und betrachtete es genauer. Der Bär schien einmal weiß gewesen zu sein. Jetzt war er schmutzig und schwer, vollgesogen mit Flusswasser. Ein Auge war herausgerissen und das Fell fehlte an einigen Stellen. Um den Hals

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