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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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bitte ich Sie hiermit, mir Ihre Waffen zu nennen. Bestimmen Sie Ort und Stunde. Mein Herr verlangt Satisfaktion für die Beleidigungen, die Sie über ihn verbreitet haben.« Der Heinzelmann grinste breit. »Falls es Ihnen genehm ist, schlägt mein Herr für das Duell Motorräder und Kettensägen vor.«
    »Motorräder und Ketten… Kettensägen.« Mukke wäre am liebsten in die matt schimmernde Stahlwand des Aufzugs gekrochen.
    »Ja, Kettensägen. Sie wissen schon, diese stinkenden, lärmenden Dinger, mit denen man einen dicken Ast so leicht durchtrennt, wie man mit einem stumpfen Messer ein Wiener Würstchen schneidet.«
    Der Professor hatte eine käsige Gesichtsfarbe bekommen. Schweiß perlte von seiner Stirn. Ihm waren die Brillengläser beschlagen. »Das ist ein Scherz …«, stammelte er ohne an seine eigenen Worte zu glauben. »Eine dreidimensionale Projektion … Und Sie haben sicher einen Recorder mit dem passenden Band unter ihrer Jacke, Till.« Mukke starrte zur Aufzugsdecke, als würde sich dort des Rätsels Lösung finden.
    In diesem Moment streifte auch Oswald einen Zauberring über. Der Ritter trug eine speckige Lederjacke und dazu ein offenes Hawaiihemd und abgewetzte Jeans. Till seufzte. Was seinen Geschmack für Kleider anging, war Oswald wirklich nicht mehr zu retten. Aber solange er so wie jetzt in jeder Hand eine Kettensäge hielt, konnte er sicher sein, dass niemand eine abfällige Bemerkung dazu machen würde.
    Der Recke deutete eine Verbeugung nach höfischer Art an, schenkte Till ein kurzes Lächeln und begann dann zu Mukke gewandt zu rezitieren:
    »Uns ist in alten maeren wunders vil geseit
    von Helden lobebaeren, von grôzer arebeit,
    von freuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,
    von küener recken strîten muget ír nu wunder hoeren sagen.
    Diese Verse solltet Ihr kennen.« Oswald bedachte den Professor mit einem vernichtenden Blick.
    »Der … der Anfang des Nibelungenliedes«, stotterte Mukke.
    »So ist es. Und lasst Euch gesagt sein, ich kenne keinen in diesem Zeitalter, auf den diese Verse besser zutreffen würden als auf Till Küster, den ich die Ehre habe einen Freund zu nennen. Weil er das ist, was Ihr ihm vorwerft zu sein, ein Träumer, vermochte er in den letzten Wochen großes Ungemach von dieser Stadt, ja vom ganzen Lande abzuwenden! Aber nicht nur dass Ihr die Augen vor dem Offensichtlichen verschließt, nein, Ihr erdreistet Euch auch noch, mich und meinen Charakter besser einschätzen zu können als mein Freund, und das, obgleich Ihr mich nie gesehen habt und nicht wie Till und meine Wenigkeit dem edlen Bund der Träumer angehört, jenen selbstlosen Recken, die jederzeit bereit sind auszuziehen, um Luftschlösser zu verteidigen.«
    Polternd ließ Oswald eine der Kettensägen fallen. »In meiner Zeit war es üblich unter Männern von Stand, solch tief greifende Irrtümer endgültig aus der Welt zu schaffen.«
    »Ich bin nicht … nicht von Stand. Ich bin weder adelig noch Ritter und …«
    »Wie aufrichtig, dass Ihr darauf hinweist!« Oswald lachte höhnisch. »Doch einem Mann von Stand geziemt es, Großmut walten zu lassen. Ihr seid doch ein Professor. Sind das nicht die Ritter des Geistes in diesen modernen Zeiten? Ich erkenne Euch hiermit als vom Stande ebenbürtig an und somit steht einem Duell nichts mehr im Wege.«
    Oswald wandte sich um. »Würdest du uns bitte verlassen, Freund Till. Ich fürchte, es könnten nun ein paar Dinge geschehen, die deine edlen Augen beleidigen würden.«
    Wallerich stieg Birgel auf die Schultern, um einen der Aufzugsknöpfe drücken zu können. Die verschlossene Tür glitt zurück.
    »Sie können mich doch nicht mit diesem Irren allein lassen, Till. Bitte, ich … wir sollten dringend noch einmal über deine Arbeit sprechen. Manche Dinge erscheinen mir jetzt in einem völlig neuen Licht.«
    »Mach dir keine Sorgen«, flüsterte Wallerich. »Oswald hat heute Morgen noch nicht getrunken und in den Kettensägen ist kein Benzin … Wir werden diesem arroganten Professor nur ein bisschen was von Nebenan zeigen und ihn in drei oder vier Stunden wieder im Aufzug absetzen. Ich verspreche dir, er wird dann morgen in deiner Prüfung ein ganz anderer Mensch sein.«
    »Aber was …«
    Wallerich legte den Finger an die Lippen. »Kein Wort mehr. Vertraue uns! Du hast Nebenan eine Menge Freunde gewonnen … Bring uns nicht um die Gelegenheit, jetzt etwas für dich zu tun. Vertrau der Magie!«
    »Till, Sie können doch nicht …«
    Der Student trat

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