Nebular Sammelband XL 1 - Aufbruch der Menschheit (Episode 1-30 - "Die Große Erschütterung")
mehrere Monate in unmittelbarer Nähe des Südpols auszuharren. Er wollte seine Forschungen an Ort und Stelle vorantreiben. Die wissenschaftliche Fakultät der Union hatte dem Wunsch des Forschers erst zögerlich und unter gewissen Auflagen zugestimmt. Leukonen wurde verpflichtet, zahlreiche Sender und Sensoren am Körper zu tragen, einige wurden ihm unter die Haut implantiert. Die Sensoren übermittelten die biometrischen Daten des Forschers an die Antarktika-Zentrale. Man wusste zu jedem Zeitpunkt, wie es um die Vitalfunktionen des Skandinaviers stand. Im Falle eines akuten Notfalls, konnte man dem einsamen Wissenschaftler zur Hilfe eilen.
Pilvi konnte als Überlebensexperte bezeichnet werden. Sein Basislager genügte geringsten Ansprüchen, enthielt das Notwendigste und stand auf der weiten Fläche des kontinentalen Gletschers. Das Iglu wanderte mit der Bewegung des Eises langsam Richtung Küste. Es würden noch viele Tausend Jahre vergehen, bis der Gletscher auf diese Art und Weise die Randbereiche von Antarktika erreicht.
Die täglichen Positionsmessungen, die der Norweger für die wissenschaftliche Fakultät durchführte, hatten eine wichtige Schlussfolgerung nach sich gezogen. Der Forscher glaubte nicht daran, dass der
Stachel
ursprünglich im Kontinentaleis verborgen war. Er musste aus viel größerer Tiefe aufgestiegen sein. Er stammte aus dem gefrorenen Mutterboden des antarktischen Urkontinents. Wäre der Turm vom Eis eingeschlossen gewesen, hätten ihn die auftretenden Zugkräfte der Eis- und Gletscherbewegungen zerrieben.
Als die schweren Beben einsetzten und der Hilferuf der Unionsregierung erfolgte, hatte sich Leukonen sofort bereit erklärt, auf Erkundung zu gehen. Da sich die Wetterlage verschlechterte, richtete sich der Antarktisforscher auf das Schlimmste ein und legte sein Notgepäck entsprechend aus.
Pilvi kannte das Wetter um die Pol-Zone genau. Es gab in diesem Gebiet über dreihundert Sturmtage im Jahr. Die Temperaturen sanken im Winter auf minus sechzig Grad Celsius und die Niederschläge fielen ausschließlich als Schnee, was zu meterhohen Verwehungen führen konnte. Die heftigen Beben, die seit Kurzem vom Standort des
Stachels
ausgingen, waren kein natürliches Phänomen. Leukonen beobachtete mit großer Sorge, wie sich tiefe Risse und Spalten auf dem Gletscher ausbreiteten. Sie würden seinen Vormarsch erschweren und das Risiko erhöhen. Dennoch ließ sich der Wissenschaftler nicht abhalten zügig aufzubrechen.
Leukonen verließ sein Basislager mit einem Eisgleiter, dessen Fusionszelle unter normalen Bedingungen stark genug war, gegen das schlimmste Wetter anzukämpfen. Sein Gesicht war mit einer wärmeisolierenden Paste bestrichen, seine Augen durch eine spezielle Schutzbrille abgedeckt. Der Schutzanzug den Pilvi trug, ähnelte denen der Raumflotte und schirmte den eiskalten Wind fast ab. Der Forscher überprüfte nochmals seine Ausrüstung und hatte nicht vor, sich länger als ein oder zwei Tage von seinem Basislager zu entfernen.
Bei den auf dem Gletscher vorherrschenden, extrem hohen Windgeschwindigkeiten sanken die Temperaturen nochmals um rund zehn Grad. Leukonen wagte nicht, die Schutzbrille abzunehmen. Seine Augen würden sofort erfrieren.
Am Horizont tanzten unheimliche Lichteffekte über den Himmel. Ein nahes Wetterleuchten wirkte wie eine unheilvolle Ankündigung auf den Wissenschaftler. Pilvi kannte die Polarlichter und die Ursachen ihrer Entstehung. Was er in der Ferne sah, war ihm unheimlich. Er musste mehrmals tiefe Gletscherspalten umfahren, die nicht in den aktuellen Satellitenkarten verzeichnet waren. Sie mussten erst kürzlich entstanden sein. Voller Sorgen registrierte er neue Stoßwellen, die sich über die gesamte Antarktis ausbreiteten und den Gletscher erschütterten.
Was geht da vor sich
, dachte Leukonen und steuerte zielstrebig jenen Punkt an, von dem all das Übel auszugehen schien.
Etwa zwei Kilometer vor den Zielkoordinaten, versagte sein Eisgleiter den Dienst. Die Fusionszelle war fabrikneu und es war ausgeschlossen, dass der Gleiter einen Defekt aufwies. Trotzdem fiel die Energieversorgung für das Gerät aus. Fluchend stieg Leukonen vom Schlitten ab und sah zum Himmel hinauf. Der Sturm über der Position des
Stachels
hatte sich weiter verschlimmert. Das fremde Objekt konnte er von seiner aktuellen Position noch nicht beobachten.
Was ist das für ein Sturm? So etwas habe ich noch niemals gesehen. Unheimlich!
Leukonen war verunsichert und maß
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