Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
ist!«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil ich es gesehen habe! Es ist das Einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann. Zum Schluss sind wir alle darin verstrickt.« Goodlys Blick schien entrückt, seine Augen verschleiert wie ein Fluss im Glanz der Morgensonne. Er blinzelte nicht, so als starre er ins Ungewisse.
»Wann?« Der Necroscope spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten.
»Bald!«
»War es hell oder dunkel, Tag oder Nacht?«
»Nacht«, antwortete Goodly seufzend. »Aber gleichzeitig auch ... Morgen!« Sein Blick klärte sich, er schüttelte den Kopf. »Nathan«, meinte er, als er wieder klar sehen konnte. »Ich weiß, dass es dir nicht leichtfallen wird, aber du musst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ... dass man mit der Zukunft besser nicht seine Spielchen treibt.«
Nun war es an Nathan, sich starrköpfig zu zeigen. »Ich werde dich nicht als Feigling bezeichnen. Aber da gibt es natürlich ein paar Dinge, die wir wissen sollten. Ich habe es lange genug vor mir hergeschoben, genau wie du, und auch noch aus demselben Grund.«
»Vor dir hergeschoben?«
»Ganz recht«, erwiderte der Necroscope, »und jetzt geht es nicht länger. Es holt uns ein, in diesem Augenblick. Aber ich glaube an den alten Spruch ›Gefahr erkannt, Gefahr gebannt‹! Du kannst mir helfen – du dürftest so ziemlich der Einzige sein, der das kann – oder einfach beiseitetreten. Es liegt bei dir!«
»Du willst ... dorthin gehen?« Der totenbleiche, hagergesichtige Hellseher wich einen Schritt zurück.
»Und ich würde es begrüßen, wenn du mit mir kommst«, nickte Nathan. »Ich weiß nicht, was ich dort sehen und ob ich es überhaupt begreifen werde. Aber du und die Zukunft – nun, irgendeine Verbindung hast du zu ihr. Also, vielleicht ...«
»... Ich ... ich weiß nicht«, sagte Goodly. »Außerdem ... was soll es denn bringen? Du kannst nicht direkt dort auftauchen, du kannst es nicht ›erleben‹, du kannst lediglich hindurchgehen!«
»Soweit wir wissen, gewiss!« Abermals nickte Nathan, diesmal allerdings recht schroff. Er wirkte entschlossen, und was dies zu bedeuten hatte, lag auf der Hand.
»Und wenn unser Wissen ... nicht weit genug reicht?«
»Dann werde ich wenigstens wissen, dass es umsonst war! Aber das spielt auch keine Rolle mehr, denn was habe ich schon zu verlieren?«
Goodlys Anspannung ließ nach. »Dann komme ich mit«, sagte er achselzuckend und fügte seufzend hinzu: »Du hast ja keine Ahnung, was für eine Versuchung das für mich ist und wie sehr ich dagegen ankämpfen musste, dich nicht darum zu bitten.«
»Wie bitte?«, meinte Nathan überrascht. »Sonst bist du doch immer derjenige, der ...«
»Ja, ja«, schnitt Goodly ihm das Wort ab. »Aber wie heißt es so schön? ›Ein Übel, das man kennt ...‹ Und wäre ich in der Lage gewesen, mich selbst dorthin zu begeben, anstatt darauf warten zu müssen, bis es zu mir kommt ...«
Als der Necroscope sich bereitmachte, ein Tor heraufzubeschwören, hatten beide dennoch ein flaues Gefühl in der Magengegend. In diesem Moment kam Ben Trask zu ihnen. »Was geht hier denn vor?«, fragte er leutselig. Doch ein Blick in ihre Gesichter genügte, um ihm zu sagen, dass hier tatsächlich etwas vorging.
»Wir wollen uns bloß etwas anschauen«, sagte Nathan, noch ehe Goodly etwas erwidern konnte. Doch Trask brauchte nur vom einen zum andern zu blicken, um zu wissen, was los war.
»Haltet ihr das für klug?«
»Nein.« Beide schüttelten sie den Kopf, und Nathan sagte: »Aber wir müssen es einfach wissen!« Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, erging es Trask nicht anders ...
Im Möbiuskontinuum kamen Goodly plötzlich Bedenken. Als er die Bewegung spürte und wusste, dass Nathan einer Tür in die Zukunft zustrebte, wollte ihn einen Augenblick lang Panik überkommen. Es war schon merkwürdig: In der normalen Raum-Zeit konnte er die Zukunft vorhersehen. Doch hier, wo er sich so dicht davor befand, ließ ihn sein Talent im Stich. Kein Wunder, denn dieser Ort war die Zukunft ... wie auch die Gegenwart ... und Vergangenheit. Zeit und Raum liefen hier zusammen.
Er musste es unbedingt wissen. Wie kommen wir wieder zurück?
Die blauen Fäden sind unsere Lebenslinien und zugleich unser Rettungsanker. Sie sind wir! Sobald wir gesehen haben, weshalb wir hier sind – sofern es da überhaupt etwas zu sehen gibt – folgen wir ihnen wieder zurück.
Kriegst du ... kriegst du das hin?
Ja, ich glaube schon. Sonst würde ich gar nicht erst
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