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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bisschen mehr Öl ins Feuer zu gießen, sodass Andrej schon fast erleichtert war, als das Schiff erneut mit einem lauten Knirschen am groben Stein der Kaimauer entlangschrammte. Niemand verlor das Gleichgewicht, aber eine Woge unruhig-hektischer Bewegung lief über das Deck, und zwei von Corleanis’ angeblichen Fischern sprangen ebenfalls auf festen Boden hinab und begannen das Schiff zu vertäuen. Schon nach wenigen Augenblicken gebärdete sich die
Pestmond
nicht mehr wie ein störrisches Muli, das noch nicht an den Strick gewöhnt ist, und auch das Scharren und Ächzen hörte sich nicht mehr an, als wollte das Schiff in Stücke brechen. Wenigstens nicht gleich.
    Zwei weitere Matrosen entfernten mit geschickten Bewegungen ein Segment aus der Schanzwand, und ein Dritter legte eine mit Querstreben verstärkte Planke zum Kai hinab, über die man das Schiff auf eine etwas weniger anstrengende Art und Weise verlassen konnte. Das alles ging so schnell, dass es Andrej eher an die Choreografie eines gut einstudierten Tanzes erinnerte als an die schwere Arbeit, die es war, und sich zudem der erste mit einem Korb beladene Mann schon auf halbem Wege nach unten befand, noch bevor die Planke ganz zur Ruhe gekommen war. Trotzdem erscholl sofort hinter ihnen eine ebenso misstönende wie unzufriedene Stimme:
    »Das habe ich alles schon schneller gesehen! Was glaubt ihr, was das hier ist? Eine freundliche Landpartie, auf der sich jeder nach Belieben ausruhen kann?«
    Andrej zog die Brauen zusammen, als er sich umdrehte und den Besitzer dieser unangenehmen Stimme sah. Don Corleanis’ Aussehen stand ihrem Klang in nichts nach. Der selbst ernannte Schmugglerkönig war kaum größer als ein zehn- oder zwölfjähriger Knabe, so unglaublich fett, dass er an eine aufrecht gehende Qualle erinnerte, und hatte ein feistes Gesicht mit tückischen Schweinsäuglein. Er wirkte stets, als stünde er kurz vor dem Erstickungstod, und seine Stimme hörte sich an, als hätte er versucht mit Glasscherben zu gurgeln.
    Tatsächlich hatte einmal jemand versucht, ihm die Kehle durchzuschneiden. Zwar war das Messer nicht tief genug in seine wabbelnden Fettmassen eingedrungen, um seinen Zweck ganz zu erfüllen, und die Narbe unter dem Dreifachkinn vor neugierigen Blicken verborgen, aber seine Stimme war unwiederbringlich dahin.
    Sein Gewissen – sollte er jemals eines gehabt haben – offensichtlich auch. Nachdem er Hasan erkannt und den wahren Grund ihrer Reise erfahren hatte, sollte dieser Moment eigentlich der großartigste und berührendste seines gesamten bisherigen Lebens gewesen sein, und Andrej war auch sicher, dass es so war … aber das hinderte ihn keineswegs daran, auch aus dieser Überfahrt noch möglichst viel Profit zu schlagen.
    So grotesk Don Corleanis’ äußere Erscheinung auch sein mochte, genoss er bei seinen Männern doch einen gehörigen Respekt, und so tauchten nun immer mehr von ihnen an Deck auf und begannen, mit Kisten, Bündeln, Körben und Säcken beladen, die schmale Planke hinabzueilen. Corleanis beabsichtigte ganz offensichtlich,
gehörigen
Profit aus dieser Reise zu schlagen.
    Abu Dun grinste noch breiter, und Ali verdrehte in stummer Verzweiflung die Augen, doch er war klug genug, jeden Kommentar für sich zu behalten. Mit Don Corleanis über seine Geschäfte oder gar seine kruden Vorstellungen von Moral und Ehre zu diskutieren, wäre ungefähr so sinnvoll gewesen wie der Versuch, den Papst dazu zu überreden, zum Islam zu konvertieren.
    Und als wäre dieser Gedanke ein Stichwort gewesen, ging die Tür nun ein zweites Mal auf, und Clemens –
Hasan
, schalt sich Andrej in Gedanken, denn sie waren übereingekommen, auch untereinander weiter den Namen zu benutzen, unter dem er den angeblichen Alten vom Berge kennengelernt hatte, schon, um sich nicht in einem unpassenden Moment zu verplappern – trat auf das Deck heraus, gefolgt von Ayla und dem Rest seiner Leibwache aus Assassinen: sieben weitere Männer und Kasim, die jetzt ebenfalls allesamt westliche Kleidung trugen. In der Schar der Schmuggler bildete sich eine Gasse, und Don Corleanis klappte den Mund auf und wieder zu und schaffte es gerade noch, nicht auf die Knie zu fallen.
    Selbst Andrej empfand unwillkürlich einen sonderbaren Schauer, während er Clemens –
Hasan
, verdammt! – betrachtete. Hätte ihm jemand diese Situation vorhergesagt, er hätte ihn ausgelacht und jeden Eid geschworen, dass es ihn vollkommen unbeeindruckt ließ, ob er nun dem legendären

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