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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mehr, und so etwas strengt mich mehr an, als ich eigentlich zugeben möchte«, sagte Hasan mit unerwarteter Offenheit. »Aber sie haben mir nichts getan, wenn du das meinst. Ich wurde so gut behandelt, wie es ein Gefangener nur erwarten kann.«
    »Auch ein gefangener Papst?«
    »Auch der ist nur ein Mensch«, erwiderte Hasan. »Ich blute, ich muss essen und schlafen …«
    »Und manchmal wirst du von deiner eigenen Leibwache entführt und in dein eigenes Gefängnis geworfen.« Abu Dun kam zurück. Er hatte nicht nur Hasans letzte Worte gehört, sondern vermutlich auch alles andere, was sie besprochen hatten. Aus irgendeinem Grund war Andrej dieser Gedanke unangenehm.
    Hasan wartete, bis Abu Dun sich gesetzt hatte und nutzte den kurzen Moment, um dem Wirt zu winken. »Die Männer, die Ayla und mich überfallen haben, gehörten nicht zur Schweizergarde. Ich habe sie nie zuvor gesehen.«
    »Das waren Assassinen«, sagte Abu Dun.
    Hasan starrte ihn an.
    »Oder Männer, die genauso gut ausgebildet waren«, fügte Andrej hinzu.
    »Und ganz ähnlich«, schloss Abu Dun.
    Hasan hatte sich so gut in der Gewalt, wie Andrej es gewohnt war, aber hinter seiner Stirn arbeitete es. Sein Herz schlug schneller. Andrej konnte es hören.
    »Was wollten sie von dir?«, fragte Andrej.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Hasan. Er gab sich nicht einmal besondere Mühe, überzeugend zu lügen, fuhr aber mit veränderter Stimme und nach einem unbehaglichen Räuspern fort: »Ich glaube, diese tapferen Männer wussten selbst nicht, warum ich dort war. Sie waren sehr erschrocken, als sie mich erkannten.«
    »Du sprichst von den tapferen Männern, die Ali bis auf den Letzten kaltblütig ermordet hat?«, fragte Andrej.
    »Manche Ding müssen getan werden, auch wenn sie falsch sind«, antwortete Hasan. »Viele Leben wurden für weniger geopfert.«
    »Amen«, spöttelte Abu Dun.
    Jetzt blitzte es in Hasans Augen zornig auf, doch ausgerechnet in diesem Moment kam der Wirt an ihren Tisch, allerdings nicht, um sich nach seinen Wünschen zu erkundigen. Stattdessen trug er zum ersten Mal, seit Andrej ihn kannte, ein Tablett in den Händen, auf dem ein kostbares Kristallglas mit dunkelrotem Wein stand. Andrej dachte, dass es vermutlich wertvoller war als das gesamte Gasthaus.
    »Danke«, sagte Hasan. »Und würdest du bitte Ali Bescheid sagen, dass ich ihn sehen möchte?«
    Der Wirt nickte nur stumm, und als er wieder gegangen war, hatte sich der alte Mann mit den verschiedenen Identitäten wieder in der Gewalt.
    »Ich habe diesen Männern die Absolution erteilt«, fuhr er fort, nachdem er einen winzigen Schluck getrunken hatte. »Sie waren sehr verunsichert und wussten nicht, was sie tun sollten. Ich habe ihnen gesagt, dass der Mann, dem sie die Treue geschworen haben, nicht mehr existiert und sie ihren Befehlen folgen sollen.«
    »Du hast deine Hände sozusagen in Unschuld gewaschen«, sagte Abu Dun. »Wo habe ich das nur schon einmal gehört?«
    »Du wirst es wohl eher irgendwo gelesen haben«, sagte Hasan. »Du spielst sehr überzeugend den Dummkopf, mein Freund, aber ich kenne dich besser. Du bist ein sehr intelligenter Mann. Andrej kann sich glücklich schätzen, jemanden wie dich zum Freund zu haben.«
    »Zumindest bin ich sicher, dass er mir nicht die Kehle durchschneidet, wenn es in seine Pläne passt«, sagte Andrej.
    »Nicht, dass es etwas nutzen würde«, fügte Abu Dun hinzu.
    »Ali hat …«, begann Hasan, und Andrej unterbrach ihn schneidend: »Diese Männer kannten Ali,
Eminenz
. Sie haben ihm blind vertraut. Einer von ihnen hat ihn mit
Camerlengo
angesprochen. Was ist das? Ein Rang in deiner Garde?«
    »Der Kammerdiener des Papstes«, sagte Abu Dun, bevor Hasan antworten konnte. Hasan sah ihn überrascht an, und Abu Dun bleckte sein strahlend weißes Gebiss zu einem Grinsen, das schon fast bedrohlich wirkte. »Ich bin ein kluger Mann. Das hast du selbst gesagt.«
    »Und damit habe ich offensichtlich recht«, sagte Hasan. »Es ist wahr. Ali ist nicht nur mein treuester Leibwächter und ein guter Freund, sondern auch der Camerlengo des Papstes.«
    »Er hilft dir in deine Kleider und leert deinen Nachttopf«, vermutete Abu Dun.
    »Sollte ich eines Tages nicht mehr imstande sein, so etwas aus eigener Kraft zu erledigen, dann hat Ali den Befehl, mir persönlich die Kehle durchzuschneiden«, antwortete Hasan.
    »Worin er ja eine gewisse Erfahrung hat.«
    Hasan bedachte Abu Dun zwar mit einem ärgerlichen Blick, doch als er Andrej ansah,

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