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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Fähigkeiten
gehören auch zu den Dingen, die du eben weißt, weil du sie eben weißt«, sagte Abu Dun.
    Hasan wischte den Einwand mit einer ungeduldigen Handbewegung zur Seite. »Alte Kampfkünste mögen hilfreich sein, aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Wichtiger ist eine gewisse … Geisteshaltung. Und in diesem Sinne haben Alis Männer nicht nur etwas von Assassinen, in diesem Sinne sind sie es vielleicht sogar.«
    »Du meinst also, sie sind Meuchelmörder«, sagte Abu Dun. Wenn Abu Dun einmal in Fahrt gekommen war, gelang es selbst Andrej nicht immer, ihn zu bremsen – zumal Hasan inzwischen doch deutliche Anzeichen von Unwillen zeigte, was Wasser auf die Mühlen des Nubiers war. Der Wirt hatte Hasans Befehl jedoch befolgt und Ali gerufen, denn der
Assassinen-Hauptmann
(Andrej beschloss, ihn im Stillen trotz Hasans Eröffnung weiterhin so zu nennen, weil er diese Rolle nicht nur spielte, sondern mit seiner ganzen Persönlichkeit ausfüllte) tauchte in diesem Moment in der Tür auf und kam mit so energischen Schritten auf sie zu, dass auch noch das letzte gemurmelte Gespräch an den Tischen verstummte und sich alle Aufmerksamkeit auf ihn konzentrierte.
    Hasan begrüßte ihn mit einem stummen Nicken und einer Geste auf den einzigen noch freien Platz am Tisch, doch Ali erwiderte zwar die Kopfbewegung, blieb aber stehen.
    »Ihr habt nach mir gerufen, Herr?«
    »Wie geht es deiner Schwester?«, fragte Hasan.
    »Sie schläft«, antwortete Ali, »und wir sollten sie schlafen lassen. Sie ist sehr erschöpft.« Sein Blick blieb für einen Moment auf Andrejs Gesicht haften, der den Eindruck hatte, als wollte er noch mehr sagen – und nicht unbedingt etwas Angenehmes. Doch Hasan deutete ein Kopfschütteln an, von dem er vermutlich als Einziger glaubte, dass es Andrej entging.
    Statt zu sagen, was ihm so offensichtlich auf der Zunge lag, griff Ali unter seinen Mantel, um einen in Tuch eingeschlagenen Gegenstand hervorzuziehen. Abu Dun runzelte fragend die Stirn, als er den Stoff zurückschlug und Hasans zerbeulter Becher darunter zum Vorschein kam.
    »Es wird Zeit für dein Fläschchen, Pirat«, sagte Ali verächtlich, hielt Abu Dun den Becher hin und wartete darauf, dass er mit seiner gesunden Hand danach griff. Der Nubier dachte nicht einmal daran, sondern starrte nur finster zu ihm hoch. Ali wirkte leicht verärgert, sagte aber nichts, sondern hielt dem Blick des Nubiers stand.
    »Was ihr da tut, ist ziemlich albern«, sagte Andrej. »Ich glaube nicht, dass es einem von euch gelingt, den anderen niederzustarren.«
    »Ich habe mehr Zeit«, gab Abu Dun zu bedenken.
    »Unter normalen Umständen würde ich dir zustimmen«, sagte Ali. »Aber du hast deine Medizin jetzt schon lange nicht mehr genommen. Jeder andere an deiner Stelle wäre schon längst tot, doch auch …«
    »Das war ich«, erinnerte Abu Dun, wovon sich Ali aber nicht im Geringsten beeindrucken ließ.
    »… selbst deinen Kräften sind zurzeit Grenzen gesetzt. Ich will nicht, dass du im entscheidenden Moment versagst.« Ali wedelte auffordernd mit dem Becher. Abu Dun starrte das zerbeulte Trinkgefäß an, als handele es sich um ein ebenso widerwärtiges wie gefährliches Tier, nickte dann aber widerwillig und nahm es mit spitzen Fingern entgegen.
    »Ich wusste, dass du ein braver Pirat bist«, sagte er.
    »Ich hasse es, Pirat genannt zu werden«, sagte Abu Dun.
    »Dein Freund, der Hexenmeister, nennt dich doch auch so.«
    »Er darf es auch«, antwortete Abu Dun.
    »Und der Hexenmeister kann es nicht leiden, Hexenmeister genannt zu werden«, fügte Andrej hinzu.
    »Weswegen ich es ja tue«, stellte Abu Dun fest.
    Ali machte ein angestrengtes Gesicht, schüttelte dann nur den Kopf und griff ein zweites Mal unter seinen Mantel, um ein bauchiges Lederfläschchen zu zücken. Er zog den Korken mit den Zähnen heraus, wartete, bis Abu Dun ihm den Becher hinhielt und goss dann den gesamten Inhalt hinein. Abu Dun schnüffelte daran, machte aber keine Anstalten zu trinken, sondern sah Ali fragend an.
    »Hast du nicht heute Morgen schon gesagt, ich bräuchte es nicht mehr?«
    »Die Dinge haben sich geändert.«
    »Und außerdem, was interessiert dich dein eigenes dummes Gerede von gestern, nicht wahr?«
    »Du solltest das trinken«, sagte Ali ungerührt. »Es ist das Letzte, das wir haben.«
    »Dann sollte ich wirklich gut darauf achtgeben.« Abu Dun schnüffelte übertrieben an dem Becher, drehte ihn in den Fingern und schnüffelte noch einmal. »Ist das aus

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