Nele und der Neue in der Klasse
Geschwindigkeit einer Schnecke.
»Hehe, Nele. Dem Knaben hat dein Anblick glatt die Sprache verschlagen«, lästerte Lukas.
»… und laufen kann er mit seinen spitzen Tretern auch nicht«, fügte Tanne hinzu. »Du kannst ihm ja deine Gummistiefel mit den Fröschen borgen.«
Nele schüttelte den Kopf. »Jetzt reicht es aber echt«, flüsterte sie. »Hört auf, zu lästern. Das ist wirklich gemein. Der arme Henry versteht doch jedes Wort.«
Lukas grinste. »Der arme Henry ist ganz schön eingebildet, finde ich. Wenn er sich in der Schule auch so überheblich gibt, dann kriegt er ziemlichen Ärger mit Frau Kussmund.«
Tanne nickte eifrig. »Nicht nur mit Frau Kussmund. Sondern auch mit mir und Basti und Florian und sogar mit Josefine. Einfach mit allen. Wetten?«
Nele warf ihr einen wütenden Blick zu, aber Tanne guckte kein bisschen schuldbewusst.
Es hatte wieder heftig angefangen zu regnen. Deshalb fuhr Herr Winter seinen Lieferwagen direkt vor den Eingang und hievte auch den Koffer von Henry alleine in den Laderaum. Sobald die ganze Bande angeschnallt war, düste er los. Es war Zeit, dass sie nach Hause kamen. Sammy war alleine zu Hause geblieben und das konnte er überhaupt nicht leiden.
»Du bist sicher schon gespannt, wie unsere bescheidene Hütte aussieht, Henry!« rief Großtante nach hinten. »So ein schickes altes Schloss mit einer ganzen Gespensterfamilie habe ich allerdings nicht. Unser Graf Kuckuck ist schon längst in Rente gegangen.«
Tanne stieß einen erstickten Schrei aus. In ihrem Gesicht war zu lesen, dass sie dazu eine ganz andere Meinung hatte.
Henry antwortete nicht. Er starrte aus dem Fenster und sah aus, als wäre er mit seinen Gedanken ganz weit fort.
Lukas und Tanne stießen sich mit den Ellbogen an und warfen sich vielsagende Blicke zu. Man musste wirklich kein Hellseher sein, um zu kapieren, dass sie beschlossen hatten, den Besucher nicht zu mögen.
»Sag mal, Henry. Was hast du denn alles drinnen in deinem Koffer?«, startete Nele einen weiteren Versuch, mit Henry zu sprechen. Vielleicht, dachte sie insgeheim, hatte er ihr ja etwas Tolles aus Schottland mitgebracht. Als Gastgeschenk.
»Vergiss es«, antwortete Lukas für Henry. »Der Typ ist viel zu fein, um mit uns zu reden.« Er äffte Henrys Gesichtsausdruck nach. Tanne kicherte.
»Du bist wirklich ziemlich dumm«, sagte Henry plötzlich mit klarer Stimme. »Und was in meinem Koffer ist, geht niemanden von euch etwas an. Kapiert?«
Nele riss überrascht die Augen auf. Henry sprach ja wirklich fließend deutsch, selbst seine Aussprache hörte sich nur ein ganz kleines bisschen englisch an.
Lukas wurde knallrot. »Sag das nicht noch mal«, knirschte er. »Wer ist hier wohl in echt dumm?«
Herr Winter schaute in den Rückspiegel und rief: »Na, na, na. Was ist da hinten los? Keine Streitereien bitte.« Er bog auf den Burghof ein und bremste scharf. Sammy, der hinter verschlossener Tür bereits ungeduldig wartete, begann aufgeregt zu bellen.
»Ich komme, mein Süßer«, rief Großtante Adelheid und sprang leichtfüßig aus dem Lieferwagen. Alle stiegen aus bis auf Henry.
»Du bist sicher ganz schön müde, Henry«, sagte Barbara Winter freundlich. »Wir haben dich in Neles Zimmer einquartiert. Sie zeigt es dir sicher gerne.«
Das Entsetzen in Henrys Gesicht war unverkennbar. »Wie bitte? Ich soll mit einem Mädchen das Zimmer teilen? Das werde ich auf gar keinen Fall tun«, rief er empört.
Verblüfft starrten die Winters in das Auto hinein. Henry saß mit trotzigem Blick da, als wäre er mit Klebstoff auf dem Rücksitz festgepappt. Niemand sagte ein Wort. Selbst Tanne und Lukas hielten die Luft an.
Plötzlich segelte aus dem geöffneten Turmfenster der Burgherr Plemplem hoheitsvoll zu ihnen herab. Er landete direkt auf dem Dach des Lieferwagens, pickte mit seinem Schnabel auf das Blech und kreischte laut und deutlich: »Du bist verrückt, mein Kind! Verrückt verrückt verrückt!«
Das sechste Kapitel
beginnt ziemlich ratlosbeweist, dass Schotten einen ganz schönen Dickkopf habenbestätigt, dass Tante Adelheid ein großes Herz hatund endet mit einem geheimen Versprechen unter Freunden
Geheimplan Henry!
Tante Adelheid war wirklich die coolste Tante auf der ganzen Welt.
Sie quirlte ganz entspannt Schokoladenbröckchen in die Milch und verteilte das süße Getränk bis auf den letzten Tropfen gerecht in die Tassen. Dabei war die Stimmung auf Kuckuckstein gerade mehr als mies. Besonders Nele war sauer. Was bildete
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