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Al Wheeler und die Besessene

Al Wheeler und die Besessene

Titel: Al Wheeler und die Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Sergeant Polnik nickte beifällig, als ich mit dem Austin Healey in eine hübsche, mit Bäumen
bestandene Straße einbog. Es war ein schöner Spätfrühlingsmorgen, und ich hatte
das Verdeck zurückgeschlagen, so daß die sanfte Brise zart um unsere Gesichter
wehte.
    »Wenn man ein die beiden
Mordfälle denkt, mit denen wir es letztes Jahr zu tun hatten, Lieutenant — wie
zum Beispiel an den, wo wir mitten in der Nacht auf dem Friedhof einen Toten
aufgegabelt haben«, sagte Polnik beglückt, »dann ist
das hier schon eine weit bessere Methode, eine Leiche zu besichtigen — ich
meine so am hellichten Tag. Nicht?«
    Er warf einen trägen Blick auf
die zweieinhalb Meter hohe Backsteinmauer, an der wir jetzt vorbeifuhren, und
kehrte dann wieder zu seiner Leichenentdeckungsphilosophie zurück.
    »Ich meine, das hier ist eine
ganz normale, alltägliche Umgebung, und irgendwie ist es nicht so unangenehm,
wenn man hier auf eine Leiche stößt .«
    Der Wagen hielt einen halben
Meter vor dem schweren eisernen Tor auf der Zufahrt, während ein Bursche in
schwarzer Uniform und Schirmmütze langsam und schwerfällig auf uns zugetrottet kam.
    »Ich bin Lieutenant Wheeler vom
Büro des Sheriffs«, sagte ich, als er an den Wagen trat.
    »Doktor Maybury wartet auf Sie, Lieutenant«, sagte der Wachmann forsch. »Ich öffne Ihnen das
Tor .«
    Ich wurde mir langsam des
erstaunt aufgerissenen Mundes in dem Eisenbetongesicht neben mir bewußt. Ich
deutete auf das hübsche Messingschild an der Wand, auf dem Hillstone Sanatorium stand.
    »Was sagten Sie doch noch über
eine >ganz normale, alltägliche Umgebung<, Sergeant ?« fragte ich vergnügt.
    Ein gequälter Ausdruck trat auf
sein Gesicht. »Eine Klapsmühle?« In seiner rauhen Stimme lag ein flehender Unterton, so als bäte er mich, es zu verneinen.
    »Doktor Maybury würde nicht erbaut sein, diesen Ausdruck von Ihnen zu hören«, tadelte ich ihn
sanft. »Doktor Maybury beherbergt nur die
allerfeinsten Leute .«
    Die Tür schwang auf, und der
Wachmann blieb steif in Habtachtstellung stehen,
während wir vorüberfuhren. Ein paar Sekunden später parkte ich den Wagen vor
dem weitläufigen zweistöckigen Gebäude, und dann überquerten wir die mit
Fliesen belegte Terrasse und stiegen die neun Stufen zu der weit offenstehenden
kupferfarbenen Eingangstür empor. Von innen schlug uns der leicht widerwärtige
aseptische Geruch aller Krankenhäuser entgegen. An einem Empfangspult aus
Rosenholz saß eine knochige Krankenschwester.
    »Lieutenant Wheeler«, sagte sie
forsch, »der Doktor erwartet Sie im Untersuchungszimmer .« Ein knochiger Zeigefinger hob sich wie zur Einleitung einer Geisterbeschwörung.
»Die zweite Tür links, bitte .«
    Polnik blickte sie unbehaglich an und
brummte: »Sind Sie ganz sicher, daß hier nicht irgendwelche Verrückte frei umherlaufen ?«
    Ihre spitze Nase zitterte
leicht. »Hier laufen keine Patienten umher! Und benutzen Sie ja nicht noch mal
ein so scheußliches vulgäres Wort innerhalb des Sanatoriums !«
    »Ein Verrückter ist ein
Verrückter. Oder nicht ?« wandte sich Polnik mit beleidigtem Ton an mich.
    »Und ein Riegel ist ein
Riegel«, bestätigte ich, während ich ihn am Ellbogen packte und ihn zu dem
Untersuchungszimmer des Arztes schob.
    Doktor Maybury hatte sich in den vier Jahren, seitdem ich ihn zuletzt gesehen hatte, nicht
verändert. Er war derselbe rundliche kleine Mann mit einer hübschen weißen
Haut, schwarzem, ordentlich in der Mitte gescheiteltem und an den Seiten glatt
heruntergekämmtem Haar, einem Schnurrbart, der niemals zu wirklicher Reife
gedieh, und einem Mund, der weich wie der einer Frau war.
    »Lieutenant Wheeler.« Er stand
hinter seinem Schreibtisch auf und schüttelte mir die Hand.
    »Doktor.« Ich lächelte höflich
und stellte ihm dann Polnik vor.
    Maybury sank in seinen Stuhl zurück
und bürstete seinen Schnurrbart mit einem makellos manikürten Daumennagel. »Ich
bin tief erschüttert über diesen unglücklichen Vorfall, Lieutenant«, vertraute
er mir mit gedämpfter Stimme an. »Wenn ich an die möglichen Reaktionen denke,
die durch irgendwelche Publicity unter unseren Patienten hier entstehen
könnten...« Er starrte ein paar Sekunden lang mürrisch auf seinen Daumennagel
und biß dann plötzlich heftig darauf. »Nun, Sie verstehen sicher meine mißliche Lage ?«
    »Sie haben im Büro des Sheriffs
angerufen und gesagt, Sie hätten eine Leiche gefunden«, erinnerte ich ihn. »Ich
habe von nichts eine Ahnung,

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