Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Herzen zu liegen.
»Wie hast du vor, ihr Problem zu lösen? Dass sie sich gegenseitig nicht fühlen können, meine ich«, hake ich nach. Die Antwort meines Freundes kommt postwendend, wenn auch etwas undeutlich, da er bereits an einem Stück Pizza kaut. »Ich denke nicht, dass ich dafür eine Lösung finden will. Das macht ihre Story doch gerade so einzigartig. Sie verlieben sich ineinander, sehnen sich nacheinander, haben aber das Problem, einander nicht fühlen zu können. Es gibt blinde und taube Menschen, die wunderbar mit ihrer Behinderung leben können, weil ihre anderen Sinne umso geschärfter funktionieren. Vielleicht müssen sie einfach lernen, damit umzugehen. Die dabei auftretenden Probleme sind mir doch nur recht. Sie geben mir immer wieder neuen Stoff zum Schreiben.«
Ich nicke und beiße dann in ein Stück Weißbrot mit Kräuterbutter. Natürlich, Randy denkt mit dem Kopf eines Autors.
Nach einer Weile lehnt er sich in seinem Stuhl zurück, greift nach seinem Bier und wirft mir einen prüfenden Blick zu. »Sag mal, wie gefällt dir eigentlich
Ron
?«
»Gut«, sage ich schulterzuckend, verbessere mich jedoch auf Randys böses Zischen hin schnell. »Sehr gut sogar! Er ist kompliziert und ziemlich verklemmt. Mit all den schlechten Erfahrungen in seiner Vergangenheit wohl auch kein Wunder. Aber ich denke, er hat ein gutes Herz und sehnt sich in seinem tiefsten Inneren sehr nach einem Menschen, der ihn endlich aus seinem Trott reißt. Und dann kommt
Lea
wieder. Zwar erst
nach
seinem Tod, aber wie du gesagt hast, sie lehrt ihn, das Leben auch im Nachhinein noch zu schätzen.«
Ja, es mag ein Schauspieler- und Autorending sein: Wir sprechen über imaginäre Charaktere, als seien sie reale Menschen.
»Es macht bestimmt Spaß, ihn zu spielen, mit seinem Trauma und all den Verklemmungen. Du wirst einen guten Typen für ihn brauchen«, stelle ich gedankenverloren fest.
Randy lacht laut auf und beugt sich mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht über den Tisch. »Ja, den bräuchte ich wohl. Kurioserweise hatte ich jedoch an dich gedacht.«
»An mich?«, wiederhole ich überrascht. Wirklich, ich bin überrascht. Für gewöhnlich ist es nicht Randys Art, mir ein Skript zum Probelesen in die Hand zu drücken und mir danach erst zu verkünden, dass er mich dafür als Hauptdarsteller ins Auge gefasst hat. Normalerweise beginnen Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit mit charmanten Worten wie »Schwing deinen Arsch ins Studio, wir machen Probeaufnahmen. Ich hab einen Job für dich!«, oder so ähnlich.
»Ähm, danke!«, sage ich. »Ich … ja, klar würde ich ihn gerne spielen. Hast du denn schon …«
Randy winkt ab. »Alles geregelt. Im Herbst wird die Serie starten. Und zwar zur Hauptsendezeit.« Der Stolz in seiner Stimme ist nicht zu überhören.
»Aber du hast doch noch nicht einmal Probeaufnahmen …«, entgegne ich verwundert. Wieder winkt er ab. »Ich habe etwas viel Besseres als Probeaufnahmen, Ben. Ich habe mittlerweile einen Namen, weißt du?!«
Mario serviert mir meine Pizza persönlich und wünscht mir einen »Guten Appetit«.
Ich stecke mir das erste Stück in den Mund, verbrenne mich wie immer am geschmolzenen Käse und verfluche mich innerlich dafür, dass mir das jedes Mal wieder passiert. Schnell spüle ich den Bissen mit einem Schluck Bier herunter.
»Und
Lea
?«, frage ich. »Wer soll sie spielen?«
Lea
ist ein Charakter, der an Fröhlichkeit und Optimismus kaum zu überbieten ist. Ein Sonnenscheinkind, so hätte Shirley sie vermutlich bezeichnet. Ich schüttele den Gedanken an sie aus meinem Kopf und werfe Randy einen fragenden Blick zu. Er grinst noch immer sein typisch unerschütterliches Randy-Grinsen.
»Du hast doch schon eine im Visier!«, stelle ich fest.
Er nickt. »Klaro! Und zwar eine, die für die Rolle wie geschaffen ist.«
»Die da wäre?«, frage ich neugierig.
»Sarah Pace«, sagt er im Brustton der Überzeugung.
Der Name trifft mich fast wie ein Schlag. »Sarah Pace?«, wiederhole ich ungläubig. Das kann er nicht ernst meinen. So größenwahnsinnig ist nicht einmal Randy. Oder doch?
Das unangetastet breite Grinsen meines besten Freundes belehrt mich eines Besseren. Er meint es tatsächlich ernst.
»Randy …«, beginne ich und kratze mich dabei am Hinterkopf. Sicher,
Lea
passt perfekt zu Sarah, da gebe ich ihm recht. Allerdings spielt sie seit Jahren
nur
noch in Filmen. In wirklich guten Kinofilmen, meistens die Hauptrolle. Ich habe sie alle gesehen.
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