Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
wie Pilze aus dem Boden zu schießen.
Da uns allen bewusst war, dass wir mit der Serie an einem Wendepunkt standen, bangten wir der Entscheidung des Senders entgegen.
Die dreizehn Folgen der ersten Staffel waren komplett ausgestrahlt worden. Erfolgreich, bis Anfang Dezember – ohne jede Ankündigung und als Auswirkung des laufenden Streiks – der Sendeplatz der Serie verschoben wurde. Plötzlich lief sie in der Woche, eine Stunde später als zuvor. Die Einschaltquote sank dementsprechend … und blieb für die letzten vier Folgen der ersten Staffel im Keller.
Zwei Episoden der zweiten Staffel waren zu diesem Zeitpunkt bereits im Kasten – fertig abgedreht und geschnitten, bereit zur Ausstrahlung –, wurden aber nicht gesendet, da man zwischen den beiden Staffeln die reguläre Pause einbaute, die es auch ohne den Streik gegeben hätte. Wir atmeten durch und hofften, diese Unterbrechung würde uns die Zeit einräumen, die Versäumnisse der letzten Wochen aufzuarbeiten. Vielleicht konnte Randy in der Zwischenzeit sogar wieder einen besseren Sendeplatz für die Serie aushandeln, das hofften wir wohl alle. Und so war der Stand der Dinge, als wir erneut am Set zusammenkamen. Nur ich brach an diesem Morgen mit gemischten Gefühlen auf und konnte mich des Gefühls nicht erwehren, ein Verräter für den gesamten Cast zu sein.
Denn was die Kollegen – außer Mag natürlich – nicht wissen konnten: Ungeachtet der herrschenden Umstände hatte ich Randy bereits meine Entscheidung mitgeteilt, nach der zweiten Staffel auszusteigen.
Wir saßen an diesem Abend, Mitte Januar – der Streik neigte sich spürbar seinem Ende entgegen, denn die Parteien gingen endlich schrittweise aufeinander zu – wieder einmal im
›Biaggio‹
und aßen Marios herrliche Pizza.
»Ich habe mir so etwas schon gedacht«, gestand Randy sehr gefasst, als ich ihm meinen Entschluss verkündete. Seine Ruhe versetzte mir einen Stich. Mit Randys Hyperaktivität konnte ich umgehen, ebenso wie mit seinem Perfektionismus und den Ansätzen einer gewissen Herrschsucht, die ihn manchmal packte. Aber diese Ruhe – das war nicht er.
»Es tut mir so leid. Ehrlich! … Ich wünschte, ich könnte professioneller mit der gesamten Situation umgehen«, gestand ich entschuldigend.
»Mit Sarah?«, fragte er.
Bei ihrem Namen schüttelte ich fast automatisch den Kopf, hielt dann aber inne. »Doch, auch. Aber hauptsächlich mit dem Trubel, den wir in der Öffentlichkeit ausgelöst haben.«
»Da wird bald schon Gras drüber gewachsen sein«, versicherte mir Randy.
»Vielleicht, ja. Aber ehrlich … so wie wir zuletzt miteinander gearbeitet haben, Sarah und ich …« Ich musste nicht weitersprechen.
»Das war die Hölle, ja!«, erinnerte sich Randy bereits. Sein Blick wirkte abwesend. »Ich hatte ständig das Gefühl, auf hauchdünnem Eis zwischen euch hin- und herzulaufen. Ohne die geringste Ahnung, wie lange es uns noch trägt.« Dann sah er mich über den Rand seiner Brille hinweg eindringlich an. »An diesem einen Morgen, als du Sarah in deine Garderobe geschleppt hast … da hast du uns allen eine Scheißangst eingejagt, Ben! Ich hätte um ein Haar den Sicherheitsdienst gerufen.«
Ich senkte den Kopf in Scham. »Ich habe ihr nicht weh getan. Das könnte ich nie tun«, sagte ich leise.
Randy nickte. »Ja. Dieses Wissen war das Einzige, was mich davon abgehalten hat, es zu tun … und später Sarahs Lustschreie!«, fügte er unter einem breiten Grinsen hinzu. Entsetzt sah ich ihn an, aber er winkte ab und griff nach seinem Bier. »Was? Ihr wusstet, dass wir euch hören!«
Nach einer Weile, in der er schweigend über den Hals der Flasche gestrichen hatte, stellte er sie schulterzuckend auf den Tisch und sah mich erneut fest an. »Ohne dich macht die Serie keinen Sinn, Ben. Ich habe
Ron
für dich geschrieben. Du
bist
er.« Seine Worte verpassten mir einen tiefen Schlag. Schuldgefühle schwappten über mir zusammen wie eine große Welle. »Randy, ich …«
Wieder hob er die Hände. »Nein, Ben, ich bin dir nicht böse. Vielleicht hätte ich sogar damit rechnen müssen. Lea und Ron haben so perfekt miteinander funktioniert, dass es eigentlich vorprogrammiert war.«
Ich verstehe nicht, was er meint, aber mir bleibt auch nicht die Zeit, um nachzuhaken. Randy zuckt mit den Schultern. »Tja, c’est la vie – so ist das Leben. Es läuft nicht immer so, wie ich es plane, aber das ist okay. Es ist eben nicht
›Das Leben in meinem Sinn‹.
Wir werden den anderen
Weitere Kostenlose Bücher