Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
zugeben, dass es mir hier durchaus gefällt.
Barkeeper in schwarzen Anzügen und knalligen Hemden stehen hinter einer enormen Theke, mixen Cocktails und servieren sie mit ausgesprochener Eleganz. Die Räumlichkeiten sind stilvoll eingerichtet und längst nicht so überfüllt wie die, in die Maggie mich schon das eine oder andere Mal geschleift hat. Es gibt eine große Tanzfläche im Siebziger-Jahre-Stil, die von gemütlichen Relax-Oasen begrenzt wird. In einer Ecke des Hauptraums steht eine riesige weinrote Couchgarnitur vor einem flackernden Gas-Kamin.
Kurz nach unserer Ankunft entdeckt Sarah die anderen. John, Maggie, Randy und Marc stehen gemeinsam an der Bar und haben offensichtlich kaum mit unserem Kommen gerechnet. Umso größer sind ihr Erstaunen und ihre Freude. Nur Maggies Miene bleibt kritisch. Mit zusammengekniffenen Augen blickt sie von mir zu Sarah und wieder zurück. Die Kurze kennt mich zu gut, das steht fest. Vermutlich ahnt sie, ähnlich wie ich, dass ich dabei bin, mir große Schwierigkeiten einzuhandeln.
Nach dem ersten gemeinsamen Cocktail legt sich Mags Skepsis. Nun wird sie unruhig, wippt von einem Bein auf das andere und beteiligt sich kaum noch an unseren Gesprächen.
Suchend lässt sie den Blick durch den Raum schweifen. Ich beobachte, wie ein Latino-Typ am anderen Ende der Bar auf sie aufmerksam wird und ihren Blick einfängt. Als sich die beiden zulächeln, verspüre ich den Drang, den weiteren Verlauf von Maggies Abend aufzuschreiben, so vorprogrammiert ist er. Sie ist einfach unverbesserlich, genau wie ich. Seitdem sie Serges Fehltritt so unmittelbar vor der Hochzeit einigermaßen verarbeitet hat, geht Maggie an nahezu jedem Wochenende auf die Jagd nach leichter Beute. Sie ist die Queen der One-Night-Stands, dabei sehnt sie sich im Grunde ihres Herzens so sehr nach einer echten Beziehung, in der die Liebe groß geschrieben wird.
Sie stellt ihr leeres Cocktailglas auf der Theke ab und zerrt an Sarahs Arm. »Tanzen. Jetzt!«, befiehlt sie, ohne den Latino dabei aus den Augen zu lassen.
Sarah schaut zunächst ein wenig verwundert, doch dann stellt auch sie ihr Glas zur Seite. »Ich dachte schon, du fragst nie, Maggie«, erwiderte sie mit einem Lachen.
Gemeinsam tippeln die beiden auf die nahezu menschenleere Tanzfläche und beginnen zu tanzen. Nur wenige Sekunden später sieht keiner der Gäste noch woanders hin. Wie ein Magnet ziehen die Frauen die Blicke sämtlicher Anwesenden auf sich.
Der Latino-Typ schluckt den Köder, den Maggie für ihn ausgeworfen hat. Er gesellt sich zu ihr auf die Tanzfläche, legt – in einer Art, die mir so dreist vorkommt, dass ich mich aus der Ferne für ihn schäme – einen Arm um Maggies Taille, festigt seinen Giff und tanzt sie von hinten an. Bei diesem Anblick weiß ich nicht so recht, ob ich nun loslachen oder doch eher Mitleid für meine beste Freundin empfinden soll. Die Bewegungen des Latinos wirken derart ungelenk und albern, dass er damit die perfekte Illusion des heißblütigen Südländers unwiderruflich zerstört und den ersten Eindruck im Nachhinein noch ins Lächerliche zieht.
Maggie sieht mich hilfesuchend an, doch ich greife nur – wie in Zeitlupe – nach meinem Cocktailglas und lehne mich betont gelassen an die Theke. Grinsend proste ich ihr zu.
Mit dem Strohhalm zwischen den Lippen lasse ich meinen Blick zurück zu Sarah wandern. Ihr umwerfender Anblick verwandelt die Leichtigkeit von zuvor binnen eines Herzschlages in … ja, in was? Schlagartig drückt etwas auf meinen Brustkorb, erschwert mir das Atmen und lässt zugleich das Rauschen meines Blutes so laut werden, dass selbst der Bass des Songs nur noch im Hintergrund dröhnt. Kein gutes Zeichen.
Ich will nicht auf diese Weise an sie denken, verdammt!
…
Aber Gott! Wie sie aussieht!
Mit angehobenen Armen und geschlossenen Augen wiegt sie sich im Rhythmus der Musik und sieht dabei so hinreißend aus. Und wirklich, so verdammt heiß! Ihr Anblick ist dermaßen fesselnd, dass ich nicht einmal von Maggies geglücktem Fluchtversuch Notiz nehme. Erst als sie plötzlich vor mir steht, mir einen schmerzhaften Hieb in die Rippen versetzt und sich dann lautstark einen
›Sex on the beach‹
bestellt, schrecke ich aus meiner Versunkenheit auf. »Vielen Dank auch, du Penner!«, raunt sie mir zu. Den Blick wieder auf den Latino gerichtet, mault sie: »Mein Gott, hoffentlich ist der Typ im Bett besser als auf der Tanzfläche.«
Ich folge ihrem Blick, bleibe aber erneut an Sarah hängen.
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