Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
Gürtel verlief, und wanderte unwillkürlich erst zu Listrus und dann zu seinen Waffen.
Die Hände, die den Verband verknoteten, zitterten, die Umgebung verschwamm, und Schwäche kroch von den Beinen an aufwärts. Müdigkeit sackte gleichzeitig von den Augen nach unten und lastete auf seinen Schultern. Das Bett lockte, verhieß neben Schlaf aber auch Tod. Er klammerte sich an einen der Pfosten, die den Baldachin getragen hatten, versteifte sich und atmete tief und langsam durch. Viel Zeit blieb ihm nicht, denn jeden Augenblick konnten weitere Hordenkrieger ins Zimmer stürzen, und noch einen Kampf würde er kaum überstehen.
Seine Knie zitterten, seine Schultern sackten nach unten. Gleich würden sich Müdigkeit und Schwäche treffen. Bestickte Zierkissen drängten sich in sein Blickfeld ... einladend und bequem. Er atmete dagegen an: Tief einatmen, langsam ausatmen!
Viel mehr als zehnmal hatte er wohl nicht geatmet, aber es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis er die geschnitzten Blattranken am Bettpfosten erkennen konnte und seine Beine wieder bereit waren, ihren Dienst zu tun. Unter Ächzen und leisem Fluchen stopfte er seinen Kittel in den Gürtel, um den schon durchgebluteten Verband zu verdecken. Dann riss er weitere Streifen aus dem Laken, legte dem immer noch bewusstlosen Hauptmann Fesseln an, atmete ein letztes Mal tief durch und schlug ihm hart ins Gesicht.
Listrus stöhnte, regte sich und schlug die Augen auf. Sein Blick wanderte vom Spielmann durch das verwüstete Zimmer, verweilte auf den Körpern seiner Männer, wurde immer ungläubiger und glitt zurück zu seinem ehemaligen Gefangenen. »Ihr seid kein Spielmann. Wer seid Ihr?«, krächzte er.
Dereas fein geschwungene Brauen hoben sich. »Erkennt Ihr meine Waffen wirklich nicht, Rai Listrus?«
Der sah auf die mit alten Schriftzeichen reich verzierten, kurzen Klingen, die jetzt an Dereas Seiten hingen, und schluckte schwer.
»Bei den Gebeinen der Schutzheiligen: die Zwillingsschwerter!« Erneut warf er einen Blick auf die Toten und starrte dann seinen Bezwinger fassungslos an. »Ihr seid Derea Far’Lass, Sohn Königin Morwenas und Heerführer der Flammenreiter? Das glaube ich nicht.« Seine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen.
»Glaubt es besser! Und soll ich Euch noch etwas sagen, was Ihr sofort glauben solltet? Meine Reiter haben den Hof umstellt. Ihr habt keine Möglichkeit zu entkommen.«
Er machte eine Pause und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, bevor er entgegen eigener Wünsche herauspresste: »Ich sage dir etwas, du widerlicher Bastard, und hör gut zu, denn ich sage es nur einmal: Du kannst deine jämmerliche Haut und die deiner Männer retten, wenn du tust, was ich sage, oder ihr sterbt alle – noch bevor die Sonne sich zur Ruhe legt!«
Unverwandt starrte der Hordenhauptmann in die ebenmäßigen Züge seines Gegenübers. »Ihr wollt uns ... mich ... am Leben lassen? Das glaube ich nicht.«
»Bringt mich nicht in Versuchung! Ihr geht auf dünnem Eis. Wie soll es sein?«
»Greift an, und meine Männer werden das Gebetshaus in Brand stecken«, gab Listrus zu bedenken. »Männer, Frauen und Kinder, sogar Säuglinge sind dort.«
Derea zuckte die Schultern. »Und wenn schon! Sollen sie meinetwegen brennen! Dieser Hof gehört nicht zu El’Maran. Nicht mein Reich, nicht unter meinem Schutz! Ich war mit der Vernichtung deinesgleichen schwer beschäftigt. Daher fehlte mir nun ein Geburtstagsgeschenk für die Königin. Da fand mein Späher euch. Welch glückliche Fügung! Meint Ihr nicht auch? Die Höfler, selbst Säuglinge, kümmern mich nicht. Ich führe mein Heer gegen die Horden, ich bin kein Retter von Witwen und Waisen.«
»Warum habt Ihr den Hof dann nicht einfach gestürmt?«
Das hätte ich gern getan, du blöder Hund, ging es ihm durch den Kopf, aber äußerlich gelassen erwiderte er: »Was glaubt Ihr, wie das ausgegangen wäre? Tote Hordenkrieger hätte ich schon am Blauen Fluss reichlich einsammeln können, aber Leichen geben nun wirklich ein geschmackloses Geschenk für eine Dame ab. Listrus, meine Reiter werden nicht ewig warten. Entscheidet Euch!«
»Was müssten wir tun?«
»Meine Leute sind gereizt und in seltsamer Stimmung, weil sie geradewegs vom Schlachtfeld kommen, Kameraden verloren haben und nun auf dem Weg zu einem feuchtfröhlichen Fest sind. Kennt Ihr diese gefährliche Stimmungslage? Der kleinste Anlass zum Argwohn könnte tödlich enden, denn ihnen ist es gleichgültig, wenn ich wieder ohne Geschenk
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